Von der Mühe des Eichhörnchens

Ein Desaster. Von wegen „kollaborativ“ arbeiten. Gelöschte Ergebnisse, stattdessen ist dummes Zeug dazwischen geschrieben. Um mich herum verzweifelte Schülergesichter und der oder die Täter nicht mehr aufzuspüren, obwohl er oder sie mit Unschuldsmiene nur zwei Meter von mir entfernt sitzen muss. Das war mein erster und letzter Versuch, die SuS Arbeitsergebnisse per Google Docs präsentieren zu lassen. Blamabel. Nicht mit einer Silbe bloggenswürdig. Und alleine die Zeit, die dafür aufgewendet worden war. Ich schweige lieber.

Ein Jahr später. Heute. Ein Teil der besagten Gruppe sitzt in meinem Diff-Kurs und versucht, den Weg zur amerikanischen Unabhängigkeit in einer Sonderausgabe einer fiktiven Zeitung darzustellen. Einige setzen auf rein handschriftliche Ergebnisse, andere brauchen noch Zeit im „Luiz“ (Lern- und – Informationszentrum), um ihre Texte dort am Computer zu schreiben. Und während ich im Laufe der Stunde zwischen zwei Räumen pendelnd an schon in der Vorstufe wunderschönen Plakaten vorbeikomme, sehe ich: Meine Schüler aus dem letzten Jahr, die gemeinsam an einem Dokument arbeiten – per Google Docs! „Damit haben wir schon gestern zu Hause angefangen, geht doch so viel einfacher.“

Verzeichnisdienste und Linius

Verzeichnisdienste

Und wo ich heute schon schrieb, dass ich bei Twitter kürzer treten möchte, da kann ich mein Blog wieder für kürzere Beiträge missbrauchen. Zum Beispiel, um auf einen Beitrag von Maik Riecken hinzuweisen, der zeigt, wie leicht das Leben mit Verzeichnisdiensten wäre. Ich zitiere einmal Maiks Beispielvision:

Die Schulsekretärin gibt einen neuen Schüler in die Schulverwaltung ein, der die Schule gewechselt hat. Gleichzeitig sind damit ein Account auf dem Schulserver, eine E-Mailadresse und ein WLAN-Zugang angelegt und sämtliche Zugänge und Zugriffsberechtigungen auf der alten Schule deaktiviert. Selbstredend ist unser Schüler damit auch gleich den richtigen Gruppen auf der Lernplattform der Schule zugewiesen, in die Schulstatistik eingepflegt und in der Lehrmittelverwaltung mit den korrekten Attributen versehen (z.B. Geschwisterermäßigung bei der Schulbuchausleihe).

Hach, schöne Utopie.

Linius

Herr Rau, der aus dem Lehrerzimmer, twitterte heute zu einem wordpress-basierten Storytelling-Werkzeug namens „Linius“. Die Homepage wirkt etwas sparsam und so gar nicht nach aufregendem Storytelling, aber die Ergebnisse können sich sehen lassen. Einfach schön. Damit ließe sich sowohl in Deutsch als auch in Geschichte was machen.

Angstbürger essen WLAN auf

Ach je, eigentlich braucht man sich nicht mehr zu wundern.

In der digitalen Welt ist schon längst genau das eingetreten, wovor sich die Deutschen doch am meisten fürchten: Sie sind abgehängt. Die Angstbürger siegen.

Während in den USA ein digitales Schwergewicht nach dem anderen erwächst und viele kleine Anbieter die Nischen dominieren, die das Netz noch nicht erreicht hat, klagt man in der alten Welt über Monopolstellungen, Marktmacht und mangelnde Alternativen. Denn es gibt nahezu keine bedeutende Software, die nicht aus den USA kommt. Doch anstatt den Fehdehandschuh aufzugreifen und produktiv darauf zu reagieren, übt man sich auf unserem Flecken der Erdkugel in Verbotsübertrumpfungen.

Die einen träumen im Großen von der Zerschlagung Googles (Nico Lumma dazu), und andere wüten im Kleinen erfolgreich gegen ein flächendeckendes WLAN an Schulen. Woanders kauft und verfilmt man die Biografien der Computer-Entrepreneure, hier bejubelt man die Scheuerls und Spitzers dieses Landes. Da möchte man sich an den Kopf packen, doch Vorsicht lieber Michel: Dein Aluhut könnte dabei verrutschen!

Wen wundert’s, dass aus Deutschland bestenfalls liederliche, schnell abgesoffene Copy&Paste-Startups stammen und die höchste Kompetenzstufe in der ICILS 2013 (pdf) kaum erreicht wurde? Die bis dato wichtigste Technologie des 21. Jahrhunderts – sie wird von deutschen Angstbürgern lahmgelegt.

Lernen2.0 ohne Internet

Vor einigen Jahren durfte ich bei einem Besuch in Oettingen das Albrecht-Ernst-Gymnasium und dessen „Triebkraft“ Günther Schmalisch kennenlernen. Damals wurde noch davon gesprochen, dass die Klassenräume weit geöffnet werden müssten, große Lernräume entstehen sollten oder dass Klassenarbeiten nicht zwingend gleichzeitig geschrieben werden müssten.

Das alles scheint Gestalt angenommen zu haben, wie man in dem begeisterten Bericht von Karlheinz Pape lesen kann. Der vielleicht wichtigste Satz in seinem Beitrag lautet:

Für Lernen 2.0 braucht man gar kein Internet.

Für uns Web2.0-Schnösel und Webversteher, die für alles und jedes das Netz benutzen wollen und gutem Unterricht ohne digitale Anbindung jede Berechtigung absprechen.

Lernlab KAS? Zu Hilfe!

Und da fragte die @Barfussprinzess doch glatt, ob ich auch in Köln beim Lernlab dabei sein werde. Öhm. Lernlab? In der KAS? Das war mal wieder an mir vorbeigezogen, obwohl ich bei Kubi doch schon einmal etwas über das Lernlab Berlin gelesen hatte. Und während ich zum Lernlab KAS recherchierte, wurde mir klar, dass ich lehrer2.0mäßig nichts zu bieten habe. Nix 2.0, eher Lehrer 0.0. Doppelnull. Zu Hilfe! Oder?

Lernlabs

Das Lernlab ist eine Veranstaltung, bei der Lehrer, wenn ich es richtig verstanden habe, quasi in bester Piratenmanier für einen Tag eine Schule „kapern“, dort nach Absprache (okay, nur so halb-piratig) den Unterricht übernehmen und dabei neue Konzepte des Lernens2.0 vorstellen. Zum Beispiel die von Kubiwahn erwähnten digitalen Backchannel von @Lammatini im allgemeinen Unterrichtsgespräch. Fünf interessierte Gäste hospitieren dabei zusätzlich.

Und ich so?

Und als ich so nach dem Hashtag des nächsten Lernlab suchte, fand ich diese Auflistung möglicher Aktivitäten für das nächste Lernlab im Oktober in der Kölner Kaiserin-Augusta-Schule. Während ich die Auflistung durchging, stellte sich mir die Frage, ob ich mich auch auf dieser Liste wiederfinden könnte und welchen Beitrag ich liefern könnte, das kleine Rädchen der digitalen Bildung in NRW ein klein wenig weiter zu drehen.

Zu allem Übel hatte ich dabei noch einen kritischen @ciffi und eine anspruchsvolle @lisarosa auf dem Screen. Der eine mokierte sich über die mangelnde digitale Praxis der Lehrerschaft, die andere betonte das andere, nicht allein auf neoliberal orientiertes Bulimielernen orientierte Lernen, ohne das alle 2.0-Bestrebungen sinnlos sein, was die eigene Einschätzung nicht leichter machte.

Nichts

Die beschämende Antwort war: Nichts. Da hatte ich nichts zu bieten. Wikis haben sich in meinem Unterricht nicht etablieren lassen, Moodle auch nur schleppend und mit Nachhaken. Klar, einzelne Tools lassen sich mal vermitteln (z. B. Prezi als PP-Ersatz), aber ein dauerhafter Einsatz, der Mehrwert oder sinnvollen Ersatz bestehender Methoden oder Werkzeuge versprach… da sah’s doch eher mau aus. Geocaching im Geschichtsunterricht? Noch nie. Der Einsatz toller Handy-Lernapps im Unterricht? Never.
Nun, ich scheue bewusst Dienste, die Anmeldungen verlangen, weil ich meine Schüler denen nicht aussetzen mag. Facebook ist für mich mittlerweile besonders persönlich ein No-Go, da will ich selbst nicht mehr hin. Seit meine Mobilnummer über die Telefonliste auch an die SuS „durchgesickert“ ist, versuchen manche Schüler, mich über WhatsApp zu erreichen, was in Einzelfällen hilfreich sein kann, aber im Großen und Ganzen von mir boykottiert wird (furchtbarer Lehrer, der ich bin, ich weiß schon…), weil eben das Gros der Schüler von der Kommunikation ausgeschlossen ist. Und von Lernen will ich gar nicht reden. Die mediale Ausstattung an meiner Schule ist, als dürre Entschuldigung eingeschoben, bescheiden. Beamer hängen in Fachräumen, die ich in der Regel selten betrete, und ein ganzes Exemplar für ca. 110 Kollegen kann man sich ausleihen. Aber anderen kann es ja nicht besser gehen. Und dennoch: Nichts, nichts, nichts, wohin ich auch blickte.

Dünn, mau, geradezu beschämend sah es also aus mit der Lehrer2.0fähigkeit meiner Wenigkeit. Obwohl…

Der letzter Rettungsanker: Weblogs

… Blogs, mit denen hatte ich schon mehrere 2.0-Versuche gestartet. Aber ob deren Ergebnisse wohl für eine Präsentation vor anderen Lehrern bestehen würden und ob der Einsatz wirklich den erhofften „Mehrwert“ gebracht hat? Davon mehr im nächsten Beitrag.

Schüler abholen

Man stelle sich vor: Eine Lehrerin begibt sich jeden Nachmittag zu den Stammtreffpunkten ihrer Schüler, z.B. zu dem abgelegenen Spielplatz, der Skaterbahn, dem Bolzplatz oder der schönen Liegewiese im Park, um dort ein wenig Smalltalk zu halten und mögliche Probleme bei den Hausaufgaben zu besprechen. Dann pinnt sie für die Schüler, die es in der Schule nicht mitbekommen haben, die aktuellen Hausaufgaben an den nächstgelegenen Baum, den Torpfosten oder an die Skaterramp, verabschiedet sich freundlich und fährt wieder nach Hause, um den Unterricht für den nächsten Tag vorzubereiten.
Die meisten Menschen würden sie sicherlich für übermotiviert und urlaubsreif halten, und niemand würde sich wundern, wenn die junge Frau nach einigen Wochen ihre Schüler nicht mehr an den gewohnten Plätzen finden würde, weil diese genervt den Treffpunkt geändert hätten.

So ungefähr ergeht es gerade Facebook, folgt man Daniel Miller, Professor am University College London und Leiter der Global Social Media Impact Study:

This month my focus has been on the sixth formers, that is 16-18 year olds at schools in The Glades, our UK fieldsite. For this group Facebook is not just falling, it is basically dead, finished, kaput, over. It is about the least cool thing you could be associated with on the planet. It has been replaced by a combination of four media, Twitter, Instagram, Snapchat and WhatsApp. (Quelle)

Miller sieht die Gründe darin, wie folgt:

Pretty much everyone remembers the shock of that moment when ‘my mother just asked to friend me on Facebook‘, and that is probably the single major reason that it lost status. You just can’t be young and free while all the time Mum is watching you.

Und es dürften nicht nur die Mütter sein, die ihren Teenagern Facebook vermiesen. Das Gleiche dürfte für Lehrer gelten.

Schüler da abholen, wo sie sind

Aber bitte, mögen eifrige Netzdidaktiker entgegenhalten, man muss die Schüler doch abholenwo sie sind. Wenn die Schüler sich auf Facebook aufhalten, dann muss der up-to-date Lehrer auch auf Facebook sein. Facebookgruppen sind der letzte Schrei, völlig ungeachtet dessen, dass man nur Teile seiner Lerngruppe erreichen kann und uneingedenk der wider- und allgegenwärtigen Datenschutzproblematik.

Schüler abholen, wo sie sind. Gemeint ist damit, dass Schüler im Unterricht inhaltlich nicht über- oder unterfordert werden und dass Themen so aufbereitet werden, dass sie einen möglichst nahen Lebensweltbezug zu den Schülern aufweisen, dass Schülerinteressen beachtet werden. In den didaktisch-digitalen Netzdebatten jedoch hat man diese Wendung oft missverstanden und sich daraus das Recht gestrickt, als Lehrer möglichst in die digitalen Räume der Schüler einzudringen und diese in die Gestaltung des Unterrichts einzubeziehen. Dass das, wie die Studie nun andeutet, auf Dauer keine Werbung für gewisse soziale Netzwerke sein dürfte, war abzusehen. Schon 2011 hatte ich prophezeit:

Seht euch also vor, ihr sozialen Netzwerke. Wir haben [den Schülern] das Bücherlesen vermiest, wir werden ihnen auch soziale Netzwerke vermiesen können… (Lehrer2.0: Mediale Heuschrecken)

Verlässliche Orte schaffen

In der schnellen Web2.0-Welt kann aus dem „Abholen“ schnell ein rastloses Hinter-den-Schülern-her werden, gestern die siechende FB-Gruppe, heute WhatsApp und morgen Snapchat, übermorgen mit Sicherheit schon der nächste Dienst. Sinnvoller, auch im Sinne eines selbstständigen Lernens ist es, die Schüler nicht „abzuholen“ (bzw. ihnen hinterherzulaufen), sondern den Schülern einen verlässlichen und zuverlässigen Ort zu bieten, an dem sie Hilfe, Aufgaben etc. finden können. Der fehlt uns häufig noch. Wir sollten lieber daran arbeiten, als unsere Energie für das Hinterherhecheln hinter kurzlebigen Webmoden zu vertändeln.

The Future of Storytelling

The Future of Storytelling“ – So lautet der Titel eines interdisziplinären Moocs (Massive open online course) bei iversity.org. Gestaltet wird er auf Englisch von einem deutschen Team der Fachhochschule Potsdam und mir gefällt er wirklich gut. Vor allem, weil er recht kurzweilig ist, das Thema Storytelling zunächst einmal historisch aufrollt und besonders, weil die Kommentare und Beiträge der anderen Teilnehmer zum Weiterdenken anregen. Größere Texte und lange Videos sind ausgelagert, sodass man sich alles anschauen oder anhören kann, wenn man Zeit hat. (Sollte man allen Kolleginnen und Kollegen, Deutschbuchautorinnen und -autoren ans Herz legen, damit die endlich schnallen, dass spannende Geschichten nicht durch treffende Verben und Adjektive gestaltet werden. Versucht mal, Fünftklässlern zu erklären, dass die heilige Grundschullehrerin unrecht hat…). Kostet nichts, tut nicht weh und man lernt etwas dabei! 🙂

Darauf gestoßen bin ich über den Mathe-Mooc von Christian Spannagel, aber ehrlich gesagt finde ich Storytelling persönlich spannender. 😉

Vom „digital naive“ zum neuen Bürger?

Evgeny Morozov stellt im Interview mit der FAZ dar, warum er eine Historisierung der Entwicklung des Internets für wichtig hält, warum er lieber von „Digitalität“ statt vom „Internet“ spricht und was das alles mit einer möglichen Zukunft zu tun hat (via @schb).

Wenn ich die Debatte historisiere, kann ich Wege entdecken, wie das Internet ganz anders hätte aufgebaut werden können. Es ging nicht um Demokratie und Zugang. Unternehmen haben für uns definiert, wie die Infrastruktur intellektuell und technologisch aussehen sollte. Die Öffentlichkeit hat das akzeptiert und muss nun die Konsequenzen tragen. (FAZ)

Die Vermessung des Menschen

Sehr lesenswert, vielleicht auch, weil es ein wenig deutlich macht, wie wichtig es ist, sich Gedanken um diese digitale Welt um uns herum zu machen. Die Kolleginnen schauten mich letztens wie einen Marsmenschen an, als ich zum Ausdruck brachte, dass ich mir sehr wünschen würde, dass eine Partei wie die Piraten im Parlament derartige Themen auf den Tisch bringen würde. Naja, so denkt der langhaarige Nerd eben, will ’ne Computerspielepartei im Parlament, ein Internetfreak halt, dabei gibt es doch Seriöseres, mögen sie sich gedacht haben. Dabei hat uns die Digitalität schon längst im Griff.

„Präemptives Regieren“, wie so plastisch im Film „Minority Report“ dargestellt, gibt es schon und findet Ausdruck in grausamen Morden durch amerikanische Drohnen. Doch nicht nur Regierungen (und ich spare mir jetzt Ausflüge zu Prism, Tempora und NSA sowie GHCQ) nutzen die neuen Möglichkeiten von Big Data: Eine hemmungslose digitale Vermessung ist in den Bereichen Gesundheit und Finanzen schon lange im Gange. Und es geht weiter: Mit der neuen Xbox stellen sich die Käufer ein Gerät in ihre Kinderstuben und Wohnzimmer, das ganz unverhohlen einräumt, seine Benutzer abzufilmen und die Ergebnisse auszuwerten. Auch das Fernsehverhalten wird komplett überwacht, die Televisoren Orwells sind nicht mehr weit entfernt. Ranga Yogeshwars Befürchtung, dass Kameras anhand der Reaktion der Pupille erkennen können, welche Stelle im E-Book ihn anspricht, ist technisch keine Utopie mehr, wie viele beim Lesen des Erfahrungsberichts gedacht haben mögen.
Dass Facebook die – vermutlich aus gutem Grund – privat geschalteten Profile seiner Nutzer vor wenigen Wochen leichtfertig alle öffentlich geschaltet hat, zeigt einmal mehr, wie wenig Bedeutung der einzelne Nutzer im Rahmen von Big Data hat. Und wohin entwickelt sich dieses Datenungetüm, wenn immer mehr „smarte“ Gegenstände, von Handys über Navigationsgeräte und Uhren bis hin zu Kühlschränken, unsere Lebenswelt bestimmen?

Digitale Bürger

Morozov wünscht sich „Konsumenten […], die sich jedes Mal in Bürger verwandeln, wenn sie Daten preisgeben müssen“. In einem anderen Artikel „Ideologie des Datenkonsums: Der Preis der Heuchelei“ fordert er:

„Digitale Themen müssen Sache der Mainstreampolitik werden, wir dürfen sie nicht allein den Piratenparteien oder ihren Nachfolgern überlassen. Wir können das Internet nicht mehr in der Art eines Ressorts wie etwa „Wirtschaft“ oder „Umwelt“ behandeln und hoffen, dass sich dort Sachkompetenz herausbildet. Konkrete Themen wie „Privatsphäre“ oder „Subjektivität“ müssen diskutiert werden. Ein so hehres Ziel wie „Internetfreiheit“ können wir vergessen – es ist eine Illusion, der hinterherzulaufen sich nicht lohnt. Wir müssen vielmehr Umgebungen schaffen, in denen die reale Freiheit weiterhin gehegt und gepflegt wird.“

Darin stimme ich Morozov von ganzem Herzen zu.

Aufklärung für „digital naives“

Und wir stehen als Lehrer mittendrin in dieser Entwicklung. Doch was ist uns wichtig? Sollten wir uns wirklich so laut aufregen über den lächerlichen Versuch von behördlichen Facebook-Regulierungen, und sollen wir in unserem schulischen Medienmangelbewusstsein die digitalen Medien weiterhin so heillos überhöhen – oder sollten wir unseren Schülern nicht vermitteln, wie heikel und riskant diese bunte, hübsch bewegte digitale Wirklichkeit auch sein kann? Wollen wir die als „digital natives“ überhöhten „digital naives“ sehenden Auges ins offene Messer laufen lassen und sie in der Illusion belassen, eine andere digitale Welt abseits von Facebook und Google sei nicht möglich? Oder sollten wir vielleicht langsam anfangen, Digitalität und Demokratie zum Thema zu machen? Und ein anderes Internet zu denken versuchen?

Einfach Deutsch als App

Wer sich nun wundert, dass ich hier trotz Klassenfahrt einige Beiträge veröffentliche, die „Planen“-Funktion in WordPress macht’s möglich! 😉

Wollte aber auch nur kurz darauf hinweisen, dass es für das bekannte „Einfach Deutsch“ von Schöningh mittlerweile auch eine App gibt. Angeblich gar nicht mal so schlecht, sagt Frl. Rot.

Der Biohack-Cyborg-Lehrer

Immer öfter liest man von Menschen, die ihre jämmerliche menschliche Daseinsform mittels Biohacking um kleine technische Extras erweitern. Seien es implantierte Chips, die den Zugang zu einem Club ermöglichen, oder implantierte Kopfhörer. Da stellt sich doch zwangsläufig die Frage: Welche technisch aufgerüsteten Eigenschaften müsste ein biogehackter Cyborg-Lehrer haben?

  1. Erster Wunsch: Kamera am Hinterkopf. Logisch. Brauche ich nicht erklären, oder? Für die Sadisten und Jünger der Schwarzen Pädagogik unter uns vielleicht noch ein kleines Lasergerät, das blitzschnell und vollautomatisch illegale Handlungen hinter dem Rücken des Lehrers unterbindet.
  2. Ein eingebauter Zufallsgenerator, der augenblicklich sinnvolle Gruppen bildet und berücksichtigt, wer schon einmal mit wem zusammengearbeitet, bestimmte pädagogische Belohnungen bekommen oder besonders viel Mist gebaut hat. Auch Konstellationen, bei denen das Konfliktpotenzial besonders hoch ist, sollte der Chip berücksichtigen. Nebensächlichkeiten wie das Bestimmen von neuen Klassendiensten erledigt der Chip vollautomatisch und überträgt das Ergebnis zu Wochenbeginn gleich an die entsprechende digitale Seitentafel.
  3. Diverse Implantat-Chips: Zum Beispiel ein Duden-Implantat mit Auto-Update-Funktion wäre oft hilfreich. Die Auswahl des jeweiligen Duden-Angebots (Rechtschreibung, Grammatik, Fremdwortduden, … ) müsste jeder Lehrer selbst treffen; auch Fremdwörterbücher in diversen Sprachen wären verständlicherweise sinnvoll. Für NRW-Lehrer wäre eine direkte Verbindung zum Ritterbach-Verlag zwecks regelmäßiger BASS-Updates unerlässlich. Würde wahrscheinlich sowieso vom Ministerium vorgeschrieben. Ein permanenter Wikipedia-Anschluss für alle möglichen Zwecke wäre ebenfalls sinnvoll.
  4. Jeder Lehrer bräuchte eine nicht mehr verklüngelbare Schnittstelle für das direkte Aufnehmen von Schülerpräsentationen und Daten aller Art. Vielleicht zunächst als implantiertes USB-Laufwerk.
  5. Eine Plagiate-Scan-Einrichtung in wenigstens einem der beiden Augäpfel. Für eine schleunige Erkennung von Plagiaten aller Art, gerne direkt gekoppelt mit dem Wikipedia-Chip, sollte aber darüber hinaus noch mehr leisten können (z.B. Stilanalyse).

Reicht erstmal. Man sollte als Biohack-Lehrer gerade während der Abi-Phase sehr aufpassen, von findigen Schülern und ehrgeizigen Eltern nicht ferngehackt zu werden, das versteht sich von selbst. Ansonsten bin ich sehr gespannt, was euch am Biohack-Lehrer noch fehlt? (“Biohack” – das klingt irgendwie eher nach Fleischtheke, oder?)