Prüfungsvorbereitungsfarce

Angesichts des ultrakurzen Schuljahres verkommt selbst die interessanteste und abwechslungsreichste Reihe zur lächerlichen Prüfungsvorbereitungsfarce. Bildungswert aus Zeitmangel im Minusbereich. Ich hasse es. Streicht doch Themen, Prüfungen oder Noten, aber nein – das einzige, was man uns nimmt ist die wertvolle Zeit!

Der neue Stundenplan ist da

Und er sieht ganz gut aus. Wo er wirklich hakt, das wird sich sowieso erst im Laufe des Schuljahres herausstellen. Ich habe eine gute Mischung aus allen drei Fächern, die ich unterrichten darf, erwischt: Von allem ist etwas dabei und es verteilt sich ausgeglichen über Unter-, Mittel-, und Oberstufe. So mag ich es am liebsten. Ich hatte einmal ein Jahr, in dem ich fast ausschließlich Unterstufe hatte – danach war ich erst einmal bedient. 😉

Unschön finde ich die (bei uns neue) Entwicklung hin zu mehr Einzelstunden. Das nimmt einer Ganztagsschule doch sehr den Rhythmus und sorgt bei allen für Mehraufwand. Das ungewohnte Gehetze zwischen zwei Einzelstunden kenne ich fast nur aus dem Referendariat – in den 3 knappen Minuten noch auf Schüler eingehen, Flurgespräche führen, tragbare Beamer zurückbringen bzw. ausleihen und aufbauen… bietet die Apple Watch dafür schon eine eigene Sporteinheit an?

Kein Schwein!

Diskussion unter Schülern während des Unterrichts. Ein junger Mann regt in einer Kleingruppe (selbst)bewusst provokant eine Diskussion darüber an, ob man nun Pferdefleisch essen solle (er ist klar dafür) oder ob das äußerst eklig sei (Gegenrede der entsetzten Damenfraktion).

„Ob man nun ein Schwein isst oder ein Pferd!“

Empörte Antwort der muslimischen Mitschülerin: „Wer isst denn schon Schwein!“

😄

Informatik

Kurze Statusmeldung vor dem Jahresende, nicht dass jemand denkt, ich hätte das Blog nun völlig vergessen. Das erste Halbjahr ohne eigene direkte Klassenleitung („nur“ als Co-Klassenleitung). Was für eine Arbeitsersparnis! Und wie gleich der Stresspegel sinkt, weil eine ganze Kaskade an Elternkommunikation entfällt. Ich kenne Kolleg*innen, die bis vor Kurzem nie eine Klassenleitung hatten; Gott sei dank ist diese Ungerechtigkeit nun hoffentlich an unserer Schule Geschichte.

Bin seit Beginn des Halbjahres Teilnehmer eines Zusatzkurses (Z-Kurs) für das Fach Informatik in Klasse 5 und 6, wo es nun in NRW mit insgesamt 2 Wochenstunden verankert ist. Wie diese Wochenstunden verteilt werden, obliegt den Schulen: Man könnte also eine Stunde in Klasse 5 und eine Stunde in Klasse 6 geben oder beide Stunden jeweils in Klasse 5 oder 6. Wir haben uns für Letzteres entschieden und unterrichten Informatik nun zwei Stunden pro Woche in Klasse 6.

Wir hatten schon vorher ein Konzept für Informatik in Klasse 6, jedoch beinhaltete dieses noch viel Anwendungsbezug wie Textverarbeitung oder Präsentationen mit Powerpoint. Algorithmen und Grundlagen der Programmierung spielten natürlich auch eine Rolle und dennoch: Die Inhalte des Lehrplans in einem Z-Kurs von zwei echten Informatikern vermittelt zu bekommen, anstatt selbst herumzubasteln, ist noch einmal etwas ganz anderes. Da geht es schon los mit basalen Unterscheidungen zwischen „Codierung“ und „Verschlüsselung“ (was ich bislang doch mehr oder weniger deckungsgleich verwendet habe), dem Dekonstruieren von (dafür gut geeigneten) Dateitypen oder der Erkenntnis, dass man für das Meiste nicht einmal einen Computer bräuchte. Von kleinen Klorollen-Männlein in papierenen Labyrinthen (Algorithmen), die uns dann zur Blockly-Programmierung brachten; von Cäsar-Verschlüsselung bis zu Enigma. Aktuell sind wir bei Python angekommen, um damit richtige Textprogrammierung zu üben. Mir war bis dato gar nicht klar, dass man das mittlerweile alles im Netz machen kann – und es macht richtig Spaß, zu knobeln und die ganzen kleinen Probleme (z.B. Schaltjahr bestimmen) zu lösen. Zum ersten Mal habe ich begriffen, warum der Modulo-Operator nützlich ist, und auch die Erkenntnis, dass man, hätte man nur acht Finger, auch mit diesen irgendwann bei „10“ landen würde, war „mindblowing“. Darüber hatte ich mir noch nie Gedanken gemacht. Zuletzt habe ich meine eigene, sehr einfache Viginere-Verschlüsselung fertigprogrammiert – da verfliegt die Zeit im Flug.

Ich freue mich drauf, demnächst „richtig“ Informatik in der 6 unterrichten zu können – und vielleicht suche ich mir noch einen Z-Kurs für den Differenzierungskurs in Klasse 8/9.

Für einen Tag

Fürs Protokoll: In der letzten Woche wurden wir als Schulen darauf eingestimmt, dass ab morgen der Wechselunterricht wieder beginnt und dass im Rahmen einer Testpflicht nun zweimal wöchentlich getestet wird. Das bedeutet für Schulen – und insbesondere für die Leitungsebene – dass neue Elternbriefe geschrieben werden müssen, in denen über alle Regeln und Neuerungen informiert wird; dass neue Einsatzpläne für den Wechselunterricht gestaltet werden müssen, natürlich immer unter Berücksichtigung der neuen Regelungen und ministeriellen Ergänzungen; dass die Notbetreuung so organisiert werden muss, dass alle angemeldeten Kinder ausreichend Betreuung vor Ort haben, während parallel der Wechselunterricht für die anderen vor Ort stattfindet. Gleichzeitig müssen die schärferen Bedingungen (Verteilung auf mehrere Räume) für den Präsenzunterricht der Abiturienten eingehalten werden, denn für die läuft der Präsenzunterricht ja schon seit geraumer Zeit. Nicht zuletzt müssen die zweimal wöchentlich stattfindenden Selbsttests organisiert und vorbereitet werden. Natürlich werden nicht nur die Eltern informiert, sondern auch das Kollegium braucht adäquat aufbereitete Informationen, ggf. je nach Stufe und Klasse unterschiedlich, ebenso wie die anderen schulischen Mitarbeiter. Das ist also schon ein ordentliches Fass, das da aufgemacht wird.

Und dann kommt am Sonntagnachmittag die Meldung: Der ganze Aufriss wurde nun für genau einen Tag gemacht, ab Dienstag geht es dann wieder in den Distanzunterricht, weil absehbar sei, dass Bielefeld die 200er-Marke reißen werde.

Wer hätte das nur letzte Woche schon ahnen können (Inzidenz am 14.4. bei 193,6)!

Selbsttest

Das war schon ein bisschen abenteuerlich, mit den Schülerinnen und Schülern die Selbsttests durchzuführen. Eine wirkliche Möglichkeit zur Vorbereitung gab es nicht. Es wurde auf die Bedienungsanleitung verwiesen und eine Website des Schulministeriums. Wie so ein Test-Kit aussieht musste man sich selbst ergoogeln und hoffen, dass es das richtige ist.

Im Klassenraum dann gespannte Gesichter. Erst einmal Sorgen nehmen; erklären, dass von anderen Schulen hohe Falsch-Positiv-Raten berichtet wurden und dass es nicht so schlimm ist, wenn der Test positiv ausfallen sollte. Klarheit verschafft dann ja erst ein richtiger PCR-Test. Dann einmal die Prozedur theoretisch erklären, währenddessen erst einmal selbst herausfinden, was in welchem Beutelchen ist, und welcher Wattebausch wie lange worin gerührt werden muss. Wenn man es einmal gemacht hat, ist es nicht so kompliziert, aber das Ganze mit 13-15 Personen parallel fehlerfrei zu machen, ohne dass man verwendbares Anschauungsmaterial zur Demonstration hat, das ist schon etwas umständlich. Denn Vorführen durften wir Lehrer den Test nicht, der ist nur für die Schüler:innen und exakt auf die Anzahl der Schüler:innen abgezählt.

Klasse 7 kommt mit dem Test gut zurecht. Weniger erfreulich war die Erkenntnis, dass man für den Test die Maske abnehmen muss (logisch), dann aber viele Schüler:innen sehr heftig mehrmals niesen mussten, nachdem sie sich das Stäbchen in die Nase gesteckt hatten. Irgendwie auch logisch, aber genauso auch not amusing, wenn man nun ein ganzes Jahr lang jedes kleinste Aerosol zu vermeiden gelernt hat. Ein Mangel an Aerosolen herrschte nicht im Klassenraum.

Die Prozedur hat mindestens eine Stunde gedauert, aber nach den Osterferien wird’s dann schon bedeutend schneller gehen, denke ich.

Immer wieder freitags…

Wie immer erfuhren wir es aus den Medien: Ab nächstem Montag dürfen Schüler*innen der Klassen 1-7 in den Präsenzunterricht kommen, müssen aber nicht. Ab Klasse 8 gilt Distanzunterricht.

Als die Info hart bei uns aufschlug, war der Unterricht schon gelaufen. Wie jedes verdammte Mal hat unsere Landesregierung bis zum allerletzten Moment gewartet, um sich dann für die schlechtestmögliche Lösung zu entscheiden. Ich muss sagen, dass ich wirklich wütend über diese Entscheidung und vor allem über den Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung bin!

Während Frau Gebauer die ganze Woche lang eine harte Linie gegen die Empfehlung der Leopoldina fuhr und ein Aussetzen der Schulpflicht ausschloss, fand dann heute eine 180-Grad-Wende bei semantischem Winkelzug statt: Während der Unterricht noch lief, verkündete man im Bildungsministerium ein Aussetzen der Präsenzpflicht mit den oben genannten Regelungen. „Präsenzpflicht„ ist ja nicht gleich „Schulpflicht“. Toll, da ist man ja mal wirklich hart bei seiner Linie geblieben! De facto ändert sich dadurch wenig.

Aber wunderbar! Dann komme ich am Montag in die Schule und habe dort vermutlich maximal drei Kinder pro Klasse sitzen, die ich präsent unterrichten soll – und nebenher warten die 23 restlichen Kinder zuhause darauf, dass ich mich per Videokonferenz melde, ihnen Distanzaufgaben schicke und mich ihren Ergebnissen widme. Das bedeutet doppelte Arbeit, doppelten Zeitaufwand und Fahrtzeiten, die man sich mit einem vollständigen Schließen der Schulen hätte sparen können.

Und warum in Gottes Namen wurden und werden all diese Entscheidungen immer! erst! freitags! kommuniziert? Geht es nicht auch am Donnerstag? Dann hätten Schulen im Großen und Kleinen wenigstens 24 Stunden Zeit, um noch einmal alles vorzubereiten! Denn – ja! – es werden wieder Kinder ihre Bücher in der Schule „vergessen“ und vergessen haben! Lehrer hätten Kinder ein letztes Mal face to face auf langfristige Aufgabenstellungen vorbereiten können, hätten noch einmal checken können, ob alle auf die Lernplattform kommen, hätten Probleme mit digitalen Endgeräten lösen können, hätten abfragen können, wer ab Montag nicht mehr kommen wird usw. usft.

Pustekuchen. Pünktlich freitags um 11.00 Uhr wird so etwas gottgleich in die Medien geblasen. Ich bin wirklich sauer!

Nachtrag

In den Kitas wälzt die Regierung ebenfalls die Verantwortung auf die Eltern ab. Das ist einfach unglaublich.

Schnattern.

Ich bin wirklich keine Frierhippe, aber seit die Temperaturen doch deutlich dezemberliche Tiefpunkte erreichen, stehe ich schnatternd in einigen Klassenräumen und erwäge ernsthaft, mit Mantel in den Unterricht zu gehen. In einigen Klassen haben Eltern Decken organisiert, in allen Klassen sitzen Schüler*innen mit Mützen, Schals und dicken Jacken. Die Schüler*innen, die an den Fenstern sitzen, trifft wirklich ein hartes Los und ich stehe etwas ratlos vor der Frage, was wir wohl machen sollen, wenn es mal richtige Minusgrade gibt?

Schon im Sommer war das Lüften bei offener Klassentür eine zwiespältige Angelegenheit: Zum einen wegen des Krachs vom Flur her, zum anderen wegen des Krachs von der Straßenseite her, wo ein nicht unbeträchtlicher Straßenlärm herrscht, aber auch Bauarbeiten oder Rasenmäher ihre Dienste geräuschvoll kundtun. Wenn dann Schüler*innen durch Masken hindurchnuscheln, dann entsteht schnell Frust, wenn man oft wiederholen soll.

Hoffen wir, dass die Impfungen uns die Lösungen bringen werden, die wir uns von ihnen versprechen.

Keine Ausbreitung von Corona

An allen Bielefelder Schulen, wo es direkt nach Ferienende zu frühen Corona-Fällen kam, konnte sich Corona nicht weiter ausbreiten. Das spricht für die aktuell durchgeführten Hygienekonzepte, so nervig das Masketragen auch ist. Zum Glück wird es nun kühler.

Start 2020

Anstrengend. Vielfältige Herausforderungen. Viele Aufgaben. Corona wirkt digital nach. Das wird ein sehr intensives Schuljahr, das ist gewiss.

Die Schülerinnen tun mir sehr leid, denn bei diesen Temperaturen den ganzen Tag eine Maske tragen zu müssen, ist wirklich schwer zu ertragen. Als Lehrer darf ich sie am Pult abnehmen. Und wieviel Ton durch so ein kleines Stück Stoff verloren geht! Für eher leise Schülerinnen werden das unangenehme Zeiten, weil viel nachgefragt werden muss. Dazu sollen die Fenster offen sein, was wunderbaren Bau- und Straßenlärm in den Klassenraum trägt. Poltert dann noch jemand bei offener Klassentür über den Flur oder trägt lautes Schuhwerk, dann hat man einen wunderbaren Lärmteppich, auf dem jede Schüleräußerung schnell verloren geht.

In meiner Klasse haben heute aber alle super durchgehalten! Hoffen wir, dass es so weitergeht.