Die einfachen Dinge nicht unterschätzen

Ein Rätselspiel für die ganze Familie sollte es sein und wir waren gespannt, was sich hinter dem „Kinderspiel des Jahres 2008“ verbergen würde. Generell bin ich ja skeptisch, sobald Gesellschaftsspiele mit Elektonik versehen sind, da diese oft für nervtötenden Krach oder langweilige, vorhersehbare Spielverläufe sorgt. Nicht so bei „Wer war’s?“. Kurz und knapp erklärt, geht es bei diesem Märchenspiel darum innerhalb eines festen Zeitfensters nach einem Ausschlussverfahren den Dieb eines Schlüssels zu finden. Dabei muss man sich merken, welches der sprechenden Tiere welches Nahrungsmittel bekommt, damit es wichtige Informationen preisgibt. Alles in allem kein besonders anspruchsvolles Spielprinzip, aber durchaus kurzweilig.

Und obwohl dieses Spiel  – eben für Kinder gedacht – für Erwachsene recht einfach zu lösen ist, saßen meine Frau und ich eines Nachmittags mit rauchendem Kopf vor den leichten Rätseln und kamen nicht voran. Wollte der Esel jetzt den Apfel oder die Nüsse? Wollte das Pferd die Karotte oder die Pilze? Wie Schafsköpfe saßen wir vor den Kinderrätseln, die wir eine Stunde zuvor noch mit Leichtigkeit gelöst hatten. Wie konnte das sein?

Dieses Rätsel zu lösen fiel uns leicht, als wie bemerkten, dass wir seit dem Frühstück keine Mahlzeit mehr zu uns genommen hatten. Wir konnten uns schlichtweg nicht mehr konzentrieren, weil wir seit einer halben Ewigkeit nichts gegessen hatten. Dieses Vernachlässigen unseres Grundbedürfnisses nach Nahrung hatte schlichtweg unser Hirn temporär ausgeschaltet. Auch das spannendste Spielkonzept konnte uns in diesem Moment nicht fesseln, weil einfach ein grundlegenderes Bedürfnis unsere Konzentration auf andere Dinge lenkte.

Wieviele Schüler sitzen wohl täglich mit Hunger im Unterricht? (Und ich sehe schon, dass das Layout bei Umlauten in der Überschrift in die Knie geht… hrm…)

Kurzes Schuljahresresümee

Endlich! Das herausfordernste Schuljahr bisher liegt hinter mir mit einer Klassenleitung, dem ersten Abiturdurchgang und auch eigenen Projekten. Die Bilanz fällt mit kleinen Abstrichen positiv aus und was bleibt ist ein Arbeitszimmer, vollgepackt mit Zettelstapeln, Bücherstapeln und Materialansammlungen, das erst einmal aufgeräumt werden muss.

Gerade bin ich dabei, meine Unterrichtseinheiten zu sortieren, Materialien zuzuordnen und Doppeltes und Unnötiges wegzuwerfen. Dabei fällt mir auf, dass die Unterrichtseinheiten, die ich noch zu Beginn des Halbjahres entwickelt habe, alle schön chronologisch sortiert, abgeheftet und ausführlich dargestellt sind. Das völlige Gegenteil dazu sind die Dokumentationen der Unterrichtseinheiten, die ich zum Ende des Schuljahres durchgeführt habe: Zettelsammlungen, teilweise handgekritzelt, unvollständig, lieblos. Das Kräfte- und Motivationspotential sinkt offensichtlich gegen Ende des Schuljahres.

Für das nächste Schuljahr habe ich mir fest vorgenommen, die Oberstufenkurse so konkret wie möglich vorzuplanen und alle bekannten Termine schon in den Ferien „wegzuplanen“. Das war ein Manko meines letzten Durchgangs. Verwenden werde ich dabei die Halbjahresplanung Claudia Boergers, die Jochen Englisch vor einiger Zeit in seinem Blog vorgestellt hat. Danke dafür von dieser Stelle – für organisatorische Tipps bin ich immer zu haben!

Denn vorausschauende Planung ist wirklich (noch) nicht meine Stärke. Weniger gut gelaufen ist auch das Planen der Wandertage, die durchaus angekommen sind und „erfolgreich“ waren, jedoch habe ich da alles „auf den letzten Drücker“ geplant, was entsprechend nervig ist. Fürs nächste Schuljahr habe ich mir dafür jetzt schon meine Ziele überlegt, habe Kollegen im Blick, die ich dafür ansprechen werde und versuche, die Ziele mit pädagogischen Zielen zu verbinden. Wobei ich allerdings finde, dass „einfach mal mit anderen Spaß im Freibad haben“ auch eine sinnvolle Beschäftigung ist.

Fürs Freibad ist es heute leider etwas zu kühl, aber das wird bestimmt noch! Jetzt ist ja endlich wieder Zeit dafür! 🙂

Uff. Wir schwitzen uns den Ferien entgegen

Junge, ist das heiß! Heute einen Wandertag absolviert. Ins Freibad. Großartig. Unterrichtsverteilung ist halbwegs klar. Endlich ein Geschichtskurs in der Oberstufe, daneben eine 12 in Deutsch. Freue mich auf die Vorbereitung. Und wo ich gerade dabei bin: Hat jemand ein paar gute Literaturtipps für die Zeit von 1500 bis 1800? Renaissance, Reformation, Aufklärung etc.?

Bin in Eile. Klebe gleich am Stuhl. Wünsche ein erfrischtes Wochenende!

Smartphone statt Lehrerkalender

Ivo hatte in einem Kommentar danach gefragt, wie ich den klassischen Lehrerkalender durch ein Smartphone ersetze, und da das Ganze mit Bildern und Erläuterungen für einen Antwortkommentar zu lang sein würde, antworte ich in einem neuen Beitrag. Vorab: Vieles, was ich im Folgenden erläutern werde, hat René Scheppler schon auf seiner Lernwolke in dem Beitrag „Die papierfreie Schultasche“ beschrieben. Es dürfte also nicht schaden, einen Blick dort hinüber zu wagen.

Der Klassische
LehrerkalenderDen klassischen Lehrerkalender brauche ich hier wohl kaum zu beschreiben, da ich aber die Hoffnung hege, dass sich ab und an auch lehrerferne Menschen hierhin verirren, trotzdem ein kurzer Überblick. Lehrerkalender gibt es in verschiedensten Ausführungen und auf dem folgenden Foto sieht man letztlich nur zwei Typen: den großen DIN-A4-Kalender und die kleinere DIN-A6-Variante.

Allen ist, unabhängig von ihrer Größe, gemeinsam, dass sie dem Lehrer einen schnellen Jahresüberblick gewähren, Ferientermine anzeigen und den Stundenplan bereithalten. Manche bieten auch andere Extras, wie z.B. juristische Tipps für Referendare oder Hinweise zum deutschen Schulsystem. Abseits davon haben Lehrerkalender aber eigentlich nur zwei Hauptaufgaben: Erstens gewähren sie dem Benutzer einen tagesgenauen Überblick über anstehende Aufgaben, Termine, Deadlines etc. und dienen zweitens als Werkzeug zur Notenübersicht, indem sie fertige Notenspalten bereithalten, in die nach jeder Schulstunde Bemerkungen, Tendenzen, Noten etc. eingetragen werden können. Wer als Schüler einen Lehrer hatte, der sich diese Notizen unmittelbar nach Stundenende eingetragen hat, weiß diese Büchlein zu fürchten…

Möglichst alle dieser Aufgaben sollen nun von einem Smartphone geleistet werden. In meinem Fall ist das ein iPhone, jedoch kann man viele Dinge, die ich im Folgenden beschreibe, auf einem weitaus günstigeren iPod touch genausogut erledigen, oder auch auf andere Smartphones ausweichen, die ähnliche Möglichkeiten bieten. René beispielsweise kombiniert den iPod mit einem Samsung Omnia und kann damit das Beste aus zwei Welten (Apple, Microsoft) vereinen, und ich vermute, dass man notfalls auch „nur“ mit einem alternativen aktuellen Smartphone zurechtkommen kann.

Wichtigste Aufgabe: Der Kalender
Schon die ersten „Hundeknochen“ unter den Handys beherrschten diese Funktion, wenn auch nicht so schön und intuitiv: Die Kalenderfunktion. Was mich am herkömmlichen (Papier-)Kalender stört, ist, dass ich nie reinschaue, wenn ich soll. Sprich: Zig Termine sind eingetragen und doch wieder einer verbaselt, weil ich nicht rechtzeitig hineingeschaut habe. Das ist mir mit dem digitalen Kalender noch nicht passiert, da ich sowieso das Gerät oft benutze, schaue ich auch öfter in meinen Kalender, der analogerweise einfach in der Schultasche verstauben würde.Und das Schöne am Smartphone-Kalender ist: Er erinnert mich! Darüber hinaus kann ich farbig zwischen verschiedenen Terminarten unterscheiden. Ob ein Termin privater oder beruflicher Natur ist erkenne ich ebenso am Farbcode, wie, ob es sich bei dem Termin um einen Geburtstag oder einen Feiertag handelt. Apropos Feiertag: Da teure Sekretärinnen für Lehrer immer noch nicht steuerlich absetzbar sind, ist die über das Internet mögliche Ergänzung des Kalenders um z.B. deutsche Feiertage (oder andere abonnierbare Kalender) eine große Erleichterung, auch muss man nicht jedes Jahr aufs Neue die Geburtstage seiner Schüler von Hand eintragen – ein digitaler Kalender übernimmt diese einfach auch für Folgejahre.

Übersichtlich bleibt das Ganze trotz des kleinen Displays und wem die Monatsübersicht zu gedrängt ist, der kann auf eine Tagesansicht oder eine reine Terminliste umschalten.

Aufgaben im Blick behalten
Auch die Aufgabenverwaltung ist bei mir mit dem Kalender gekoppelt, damit ich Deadlines nicht aus dem Auge verliere. Ich setze dazu auf Things, das sich auf Wunsch mit iCal (der Mac-Kalender-Software) synchronisiert. Warten im Lehrerbuch, im Postfach oder sonstwo neue Aufgaben auf mich, trage ich sie sofort per Things ein, dieses schickt diese an meinen Kalender, und ich weiß, welche Aufgaben noch erledigt werden müssen. Dazu können Deadlines eingetragen und Aufgaben, für die noch etwas Zeit ist, aus dem aktuellen Aufgabenpool herausgehalten werden, sodass diese erst auf dem Display erscheinen, wenn es wirklich wichtig ist. Dabei ergänzen sich Kalender und Things: Wenn ich im einen eine Aufgabe eintrage, wird sie automatisch auch dem anderen Programm mitgeteilt. Die Bedienung erfolgt intuitiv: Erledigtes wird abgehakt und verschwindet im Archiv. Als Unterstützung dient mir hier ergänzend die Kamera, mit der ich umfangreichere Texte aus dem Lehrerbuch bspw. einfach abfotografiere, damit ich auch in zwei Wochen noch weiß, was ich genau wann wie und warum erledigt haben sollte.

Notenverwaltung

Kursübersicht TT

Okay, dass man mit einem ordentlichen Kalender auf einem Smartphone den klassischen Kalender ersetzen kann, das kann sich wohl jeder vorstellen, aber wie verhält es sich mit der Notenverwaltung? Für diese Aufgabe gibt es auf dem iPhone / iPod das TeacherTool. Wie auf den Screenshots zu erkennen, lassen sich damit mehrere Klassenlisten anlegen, verwalten, mit Fotos versehen und Noten zu unterschiedlichsten Zwecken (Notenstufen und -punkte; Klassenarbeiten, sonstige Mitarbeit, Referate,…) mit unterschiedlicher Gewichtung eintragen. Ich möchte hier (aus Faulheit und weil ich das Tool selber noch nicht zu 100% ausnutze) nicht auf alle Möglichkeiten des TeacherTool eingehen, aber es lassen sich entschuldigte und unentschuldigte Fehlzeiten von Schülern ebenso damit verwalten wie Inhalte einzelner Stunden. Letzteres ist mir am Smartphone dann aber doch zu umständlich – eine entsprechende Desktop-Software soll aber in der Planung sein, was das Eingeben erleichtern würde. Natürlich wird jetzt der Kritikpunkt kommen, dass eine Liste auf einem Smartphone nicht besonders übersichtlich ist. Wer die Ergebnisse jedoch auf seinen Computer exportiert und ausdruckt, der bekommt binnen weniger Sekunden eine Liste, die handgeschriebenen in nichts nachsteht.

Checklist Wrangler
Wer darüber hinaus die Listen seines Lehrerkalenders dazu nutzt, den Überblick über eingesammelte Schnipsel, Blätter, Geld o.Ä. zu behalten, der kann auf ChecklistWrangler zurückgreifen (mein ausdrücklicher Dank für den Hinweis auf dieses Tool geht an René!), der es ermöglicht, dass man schnell und unkompliziert Schülerlisten anlegen kann, die sich, als Vorlage gespeichert, immer wieder verwenden lassen, sodass man binnen Sekunden eine neue angelegt hat. Das Abhaken funktioniert dann genauso wie bei Things: Schülernamen antippen, das Häkchen ist gesetzt und ich weiß, dass der wichtige Rücklauf bei mir angekommen ist. Praktisch ist, dass ChecklistWrangler anzeigt, welche Liste schon zu wieviel Prozent abgehakt ist, sodass man mit einem Blick erfassen kann, was noch eingesammelt werden muss. In der Handhabe folge ich René und schicke den Einsammeldienst mit dem Smartphone durch die Klasse. Der Dienst hat dadurch schwer an Beliebtheit gewonnen…

Da es hier nur um den Ersatz des Lehrerkalenders ging, lasse ich andere Möglichkeiten, wie den Zugriff auf Mails und Dateien, außen vor. Abschließend bleibt mir nur zu sagen, dass ich, je mehr ich die ersten Berührungsängste, das iPhone im Unterricht aus der Tasche zu ziehen, abgelegt habe, den Lehrerkalender nicht mehr brauche. Das große gelbe Monster aus dem ersten Bild liegt nahezu jungfräulich in meinem Regal und belastet meine sowieso zu volle Schultasche nicht zusätzlich. Ich bin überzeugt, dass Smartphones in Zukunft auf beiden Seiten des Lehrerpultes im Unterricht zum Einsatz kommen werden – wieso sich also nicht jetzt schon daran gewöhnen?

Was lange währt…

…wird endlich gut. Schon im Mai letzten Jahres hatte ich nach dem ultimativen Lehrerrucksack gefragt, viele Antworten bekommen, mich aber letztlich dann doch wieder für eine Tasche entschieden und heute ist sie angekommen:

Die neue Tasche

Eine Greenburry Buffalo in naturbraun. Ausschlaggebend waren zwei Punkte: Optik und die Tiefe von 22 cm, obwohl sie zunächst harte Konkurrenz in Form einer TimeTex „Maxima Classic“ hatte, jedoch konnte diese optisch nicht punkten, trotz der 30 cm Tiefe. Glücklicherweise konnte ich da bei einer Musikkollegin vortasten – und so viel Zeug schleppe ich dann doch nicht mit mir herum, dass ich 30cm Tiefe füllen könnte.

Für meine Zwecke ist die neue Tasche absolut ausreichend. Mein größtes Problem bislang war, dass ich keine Butterbrotdose hineinbekommen habe, was jetzt trotz dreier dicker Cornelsen-Bände (2xTTS + 1 Deutschbuch) funktionieren dürfte:

Alltagskrempel + drei Cornelsen-Bücher: passt!

Die Tasche lässt sich trotz der drei Bände problemlos schließen. Und auch meinen zweiten Wunsch erfüllt die Tasche. Nichts finde ich doofer, als mit einer Schultasche plus Extratäschchen bepackt in die Schule gehen zu müssen, weil ich eine Klassenarbeit (oder eine Buttebrotdose) mitnehmen oder zurückgeben möchte. Die neue Tasche bietet genügend Platz für einen Satz Klassenarbeiten, ohne dabei aus allen Nähten zu platzen. Natürlich muss man dann ökonmisch mit den Büchern planen, aber ich bin da zuversichtlich.

Ein dreißig Hefte zählender Klassensatz im vorderen Fach.

Ein Laptop soll auch reinpassen, das habe ich aber noch nicht ausprobiert, das Netbook passte ja schon in die alte Tasche. Was man nicht sieht, ist, dass im vom Reißverschluss verschlossenen mittleren Bereich noch Stauraum für Kreidekästchen, Magnetkästchen und Gruppenkarten ist. Die Plakatstifte sieht man in der Vordertasche ja recht gut und zu welchem Zweck ich die andere Vordertasche nutze, weiß ich noch nicht. Smartphone?

Der Alltagstest steht noch aus und eines fehlt mir noch zum wunschlosen Glück: Eine Butterbrotdose!

Das papiergefüllte Büro…

…hat manchmal eben doch Vorteile und ist zumindest bis zur flächendeckenden Einführung von Laptopipadsalleskönnergeräten umweltschonender als das papierlose. Einfach in einen Ordner greifen und die schon verwendete Kopiervorlage herausziehen geht einfach schneller und spart neben Strom auch Tinte und Zeit. Ich drucke mir in letzter Zeit auch häufig E-Mails aus. Muss beim Tippen gerade an den aktuellen Artikel bei Lernen heute über „digital natives“ und „digital immigrants“ denken, gibt es eigentlich auch „digital emigrants“ und „digital exiled persons“?

Emigration. Ist leider keine Alternative. Beobachte zur Zeit die das Aggressive sanguinisch verpackenden Horden im manchen Netzwerken und sympathisiere immer mehr mit Schirrmacher, dessen Thesen durchaus nicht so dumm und von Ahnungslosigkeit gebeutelt sind, wie von manchen behauptet wird. Ich fühle mich nicht gut in gewisser Gesellschaft, der Bauch entscheidet: bald endgültiger Rückzug aus der Enge des Netzes. Auch aus der Dauerkontrolle, dem Ewigaufpassenmüssen, der impliziten Ersatzzensur. Ausbruch aus dem dauernden Eingekesseltsein von „Freunden“. Die Nase ist voll vom Pflegen eines digitalen Vorgartens, dessen Rasen immer kurz geschnitten, gebürstet und nach neuester Mode mit massentauglicher Föhnfrisur ausgestattet sein muss; dem Nachkriechen in neue Netzwerke,  dem Hinterherhecheln nach digitalen Trends.

Hier im Blog werde ich bleiben, wer mich sucht, wird mich hier finden. Ansonsten werde ich jetzt partiell digitalen Selbstmord begehen und mich aus den Bildungsnetzwerken weitgehend zurückziehen.

Erst beschwert, dann doch erleichtert?

Ein Fortbildung im Fachbereich Deutsch, das bedeutet: Viel Neues und Wichtiges mitnehmen, aber auch Redundanzen aushalten zu lernen. Alles sollte sich um die Münsteraner Rechtschreibanalyse drehen, eine absolut wertvolle Einrichtung der Uni Münster, die überforderten Lehrern dabei hilft, eine professionelle Rechtschreibanalyse der Schüler vorzunehmen, aber das war leider nicht immer der Fall. Da saßen wir nun, gespannt auf neue Informationen, den Austausch von Konzepten und tollen Ideen. Und eine volle Stunde lang gelang das auch, doch dann schweifte die Diskussion manchmal ein wenig ab…

So übte man konstruktive Kritik am umfangreichen Material der Rechtschreibanalyse: Man möge doch bitte das Adjektiv „leer“ aus dem Material herausnehmen, da eine Steigerung sinnlos sei. Nach diesem Dammbruch (und natürlich ist es literarisch durchaus sinnvoll, zu wissen, dass man „leer“ steigern darf) preschten Weitere vor und forderten die Streichung der Worte „Säule“ und „Lot“. Sie hätten Schüler, die selbige nicht kennen. Ich forderte innerlich die Abschaffung von Lehrern, die das Wörterlernen abschaffen wollen.

Nach einem kurzen Austausch dazu, ob fertige Lösungsbeispiele besser in Druckschrift oder Schreibschrift abgedruckt werden sollten, erging man sich in Tiraden über die ach so unsägliche vereinfachte Ausgangsschrift. Eine Kollegin schlug vor, das Fördermaterial für die Sekundarstufe I mit drei Hilfslinien zu versehen, damit die lieben Kleinen wüssten, wo sie Ober- und Unterlängen hinschreiben müssen. Ich blinzelte heimlich auf die Einladung und suche das Wort „Primarstufe“, konnte es aber nicht finden.

Zu guter Letzt bekamen auch noch die Schulbücher ihr Fett weg, die bei all dem eigentlich gar keine Rolle spielten. Dass doofe Aufgabenstellungen uns das Leben versauern, habe ich nun gelernt. Und, dass man sich durch das ganze Beschweren insgeheim doch zu erleichtern scheint? Was physikalisch paradox erscheint, ist im Lehrerberuf nur folgerichtig…

Titel unnötig

Entschuldigt, aber zur Zeit bin ich ziemlich „durch“ und ich versuche, meine Kreativität auf meine Unterrichtsgestaltung zu richten, anstatt sie im Blog zu verbraten, sofern man das mit Kreativität überhaupt machen kann. Wobei mir gerade auffällt, dass ich mir noch nie wirklich Gedanken über Kreativitätskonzepte gemacht habe: Was ist Kreativität, wo kommt sie her, kann man sie zielgerichtet nutzen, ist sie aufbrauchbar etc.? Spannend. Aber aktuell habe ich gut zu tun und versuche, in meiner Freizeit aufzutanken, statt zu schreiben. Aber heute ist ein beweglicher Ferientag und keine Klassenarbeiten in Sicht, da nehme ich mir die Zeit einfach mal wieder.

Eine Reihe zu Brechts „Mutter Courage“ steht in einer mir unbekannten zehnten Klasse an und ich freue mich schon drauf, obwohl ich weder Mutter Courage schon einmal unterrichtet hätte, noch die Klasse kenne, aber ich denke, dass das spannend wird. Mittlerweile denke ich Unterricht auch viel vernetzter als früher. So weiß ich jetzt, worauf ich bei der neuen Klasse achten werde, damit sie im nächsten Jahr alle nötigen Grundfertigkeiten haben, die ich aktuell in meinen Oberstufenkursen vermisse. Dabei werde ich die Gnade des letztens Jahrgangs Mittelstufe nutzen: Frei von Abi-Obligatorik unterrichten zu können und dabei doch ein ordentliches Niveau und ein gewisses Maß an Reflektion erreichen zu können.

Das Zentralabitur hingegen macht Schüler zu Mastgänsen, denen man das Wissen mit einem Stock reinstopfen muss und Lehrer zu bestialischen Mästern – mir macht das keine Freude und ich habe jetzt schon den Horror vor den Prüfungen. Ob ich wohl die richtigen Schwerpunkte gesetzt habe? Oder ob ich noch mehr in die Breite hätte gehen sollen? Oder doch kompetenzorientierter? Oder sachorientierter? Noch instruktiver? Oder freier, kreativer? Ich mache eine Buddel Champagner auf, wenn sie diesen Psycho-Irrsinn hoffentlich irgendwann einmal wieder abgeschafft haben.

Und wo wir so in etwa beim Thema Kreativität sind: Gibt’s eigentlich schon erste didaktische Überlegungen zum iPad?

Geschenke

Haben heute zum ersten Mal gewichtelt. Das schönste Geschenk waren allerdings zwei Preise bei einem Schreibwettbewerb, die meine Klasse eingeheimst hat, und die unserer kargen Klassenkasse ein fröhliches Lächeln auf die Lippen zaubern. So langsam sehe ich trotz des Schnees wieder Sonne und freue mich auf entspanntes Korrigieren, Ausschlafen und Gitarre malträtieren können. Ach – und Kommentare kommentieren, das schaffe ich jetzt bald auch wieder…

(Und der einzige Depp, der sich beim Wichteln  an das 3-Euro-Limit gehalten hat, war natürlich ich…)

Von Komplexität erschlagen

Da hatte ich unlängst in Hinblick auf das Web2.0 den „Ruf eines Ertrinkenden“ ausgestoßen, so dehnt sich dieses Gefühl des Überfülltseins, des Informations-Overkills langsam aber sich auf alle weiteren Bereiche aus. Mit einer unangenehmen Nebenwirkung: Ich bin mir meiner eigenen Urteilskraft nicht mehr sicher. Ich weiß auch nicht, wohin mit mir. Scheint wohl gerade eine wenig schöne Phase zu sein, die hoffentlich bald vorbeigeht.

Angestoßen wurde der obige Gedankengang von Christians Aufruf an die Bildungsreporter. Warum nicht, denke ich mir, lege mir kurz ein Statement zurecht, öffne das Programm für die Webcam und plötzlich kommen Zweifel: Hat das überhaupt einen Sinn, in diese Cam zu quatschen? Kannst du überhaupt qualifiziert zum Thema beitragen? Was willst’n du eigentlich beitragen, mal ehrlich betrachtet und auf lange Sicht? Willste etwa neue Folien vorstellen oder Tafelbilder präsentieren? Sind Unterricht und Bildung nicht viel zu komplex, um darüber auch nur irgendetwas mit dem Verstand möglichst objektiv Beurteiltes sagen oder berichten zu können? Wie sollst du kleine Leuchte mehr dazu beitragen können als pure, nackte und unqualifizierte Meinungsäußerungen, wenn es um die zahlreichen hochkomplexen Wechselwirkungen geht, die beim Lernen alle gleichzeitig eine Rolle spielen? Ich habe die Webcam daraufhin wieder ausgeschaltet.

Das Thema könnte ich jetzt beliebig ausdehnen: Auf Politik („Ja mein Gott, was weiß ich denn, wer jetzt gerade die richtigen Rezepte hat? Wirtschaft, Parteien, soziale Frage – wie und woher soll ich da als Laie ein begründetes Urteil bilden können, ohne zwangsläufig im Ungefähren zu versacken?“), auf unendlich viele gelöschte Blogartikelentwürfe („Hör doch endlich auf, so viel Nonsens zu schreiben, versenk dein Blog und lass andere den Job erledigen“) oder Klimawandel („meinnameisthaseundichhabenullahnung – aber Ideologien“) oder wirtschaftliche Fragen („Kurzarbeitergeld – joa mei. Vielleicht ist’s gut, vielleicht ist’s schlecht!? Bankenrettung – joa, pfffui, mag richtig, mag aber auch falsch sein!? Inflation? Deflation? Währungsreform? Joa, vielleicht, vielleicht auch nicht!?“)

Mal ehrlich: Ich habe doch keine Ahnung. Bildungsreporter? Ja oder nein? Was weiß ich denn schon?