Zum ersten Mal: Inklusion

Fürs Protokoll: Zum ersten Mal inklusiv unterrichtet. Ich nenne es mal eher: An inklusiven Unterricht herangetastet, denn ich muss ja erst einmal sehen, welche Kinder welcher Unterstützung bedürfen. Da divergieren besonders stark die Aufmerksamkeitsspannen (eine mittelkurze Passage aus Harry Potter vorlesen ist für die einen entspannend, für die anderen zu anstrengend) und die schriftlichen Fähigkeiten. Ein Kind hat offensichtlich in meiner Stunde zum allerersten Mal gar nicht gestört. Hoffen wir, dass das so bleibt. 😀

Erstaunlich wenig gewöhnungsbedürftig war die Arbeit mit einer Sozialpädagogin an meiner Seite. Ich glaube, das wird sehr gut funktionieren, und auch die Anwesenheit der drei Inklusionshelfer hat nicht gestört, sondern war sehr entlastend, weil wir auch zu zweit kaum Kapazitäten gehabt hätten, um allen Kindern gerecht zu werden. Muss es mir jetzt zur Regel machen, meine Vorbereitung mitzuteilen, sodass sie diese für die Inklusionskinder anpassen kann, wenn nötig. Praktisch ist die Möglichkeit, Kinder in zwei Räume aufzuteilen. Heute gab es einen Raum der Stille (der mit der Couch) und einen Raum, wo man sich mit einem Partner leise austauschen durfte. Das gefällt mir. Die Ergebnisse aus dem Raum der Stille waren auch gleich inhaltlich besser und umfangreicher.

Heute war es aber auch sehr offen und eher kreativ als kognitiv. Ein wenig Bauchschmerzen bereiten mir darum Grammatikreihen, wenn es um die durchaus trockene Untersuchung von sprachlichen Phänomenen gehen wird.

Vernebelte Sonnenfinsternis und debattierende Jugend

Sitze, während ich dies schreibe, in der Bahn nach Bielefeld und steckt, wie auf eigentlich jeder Fahrt mit der Bahn irgendwo auf der Strecke fest. Um mich herum ist es in solchen Situationen entweder stockdunkel oder, wie jetzt, ganz fies neblig und der Bahnfahrer entschuldigt alle zehn Minuten die Verspätung, um gleich eine neue anzukündigen.

Eine Netzverbindung gibt es hier im Niemandsland auf den Gleisen im Ruhrgebiet natürlich nicht, sodass ich diesen Beitrag wie in den guten alten Zeiten offline tippen muss. Ein WLAN gibt es in der Regionalbahn nämlich auch nicht. Erstaunlich auch, dass alle Störungen prompt behoben sind, wenn ein ICE an uns vorbeigerauscht ist.

Jugend debattiert

Dabei komme ich gerade von der Landesqualifikation „Jugend debattiert“, an der ich zum ersten Mal als Juror teilnehmen durfte, was mir viel Freude gemacht hat. Das Thema der Hinrunde („Soll an nordrhein-westfälischen Grundschulen das Fach Demokratie mit dem Schwerpunkt Kinderrechte eingeführt werden?“) fand ich zwar nicht so glücklich gewählt, umso besser gefiel mir aber das Thema der Rückrunde: Soll in Deutschland die Vorratsdatenspeicherung wieder eingeführt werden.

Auch das Verhalten der anderen Gruppen zu beobachten, war äußerst spannend. Ein Gruppe, die gleichzeitig mit uns in der Bahn fuhr, wurde vom begleitenden Kollegen und einem Vorjahresveteranen noch in der Bahn regelrecht gebrieft, worauf sie während der Debatten noch zu achten hätten. (Die haben dann auch den ersten Platz gemacht 😉 ).

Die Debatten waren dann wirklich gut, aber bundesfinalreife Kandidaten habe ich leider nicht zu sehen bekommen. Oft wurde Kant zitiert, oft die moralische Ebene bemüht, aber am Ende zählen eben handfeste Argumente und nicht die Anzahl der Kant-Zitate. Erstaunlich aber auch die Beurteilung mancher Jury-Mitglieder, die bemängelten, dass Schüler ihre Eröffnungsreden einstudiert hätten. Joa mei! Da bereiten sich Schüler gut vor und dann wird es ihnen gleich angekreidet… aber wir waren ja immer zu dritt. 😉

Großen Dank verdient das Orga-Team, das für ein tolles Catering und eine entspannte Atmosphäre gesorgt hat, weil wirklich jederzeit sonnenklar war, wo man wann an welchem Ort was zu tun hatte. Austragungsort war übrigens das Studienseminar in Oberhausen, architektonisch mindestens drei Stufen über dem muffigen Bau in Bielefeld, mit viel Licht und hellen Glasfronten. Schade nur, dass den ganzen Tag eine fiese Nebelglocke über NRW lag, sodass wir keinen einzigen Sonnenstrahl zu Gesicht bekamen. Von Anweisungen, wie man sich bei einfallendem Sonnenlicht zu verhalten hatte, wurden wir verschont – eigentlich erstaunlich – immerhin hatten wir ja auch leibhaftige Schüler dabei.

Davon könnte sich Die Bahn gerne eine Scheibe abschneiden. Für die Strecke Oberhausen – Bielefeld (ca. 150 km) haben wir am Ende geschlagene vier Stunden gebraucht.

Neues Schuljahr ante portas

Da wären wir, Mittwoch geht es hier in NRW wieder los. Meine Unterrichtsverteilung sieht ganz gut aus: Nur vier Korrekturgruppen erwarten mich und ich darf mich auf eine neue fünfte Klasse freuen, die ich als Co-Klassenleitung in den nächsten Jahren begleiten darf.

Erster Grundkurs 12 in Geschichte
Besonders spannend wird ein Grundkurs 12, den ich in Geschichte bekomme, denn weil ich bisher sooo wenig Geschichte unterrichtet habe, komme ich mir fast schon wieder wie ein Neuling vor. Andererseits kann ich mir nichts Schlimmeres vorstellen, als dauerhaft dasselbe Fach unterrichten zu müssen – es gibt ja durchaus Kollegen, die auf nur ein Fach „gebucht“ sind, und nach einigen Jahren ist diesen das zweite Fach dann doch so fremd, dass sie es gar nicht mehr gerne unterrichten möchten. Das möchte ich nicht, ich will schon gerne beide Fächer unterrichten und das liegt nicht nur an der Korrekturbelastung, die man über Deutsch ja immer hat. Und da wir eine riesige Fachschaft Geschichte haben, bin ich gar nicht böse über einen GK 12.

Rituale Treffen
Heute waren die ersten Fachgruppentreffen (die Deutschlehrer treffen sich, die Mathelehrer…) und wir haben Inhalte des kommenden Schuljahres grob abgestimmt. Eigentlich bräuchte man dafür keine Treffen, weil alles Nötige in den schulinternen Lerhplänen steht, aber für neue Kollegen ist das eine gute Gelegenheit, vorgestellt zu werden, und ich vermute insgeheim, dass der rituelle Aspekt bei diesen Treffen wichtiger ist als der sachliche. Man kann sich so schon ein wenig auf das kommende Schuljahr einstimmen und die Ferienerlebnisse bequatschen, womit der Quatschbedarf der ersten Schulwoche erheblich entlastet wird und alle sich brav auf ihre Arbeit konzentrieren können… 😉

Wünsche allen NRW-Kollegen einen guten Start ins neue Schuljahr (und auch denen aus anderen Bundesländern…)

Kamishibai

KamishibaiHeute das Kamishibai zum ersten Mal vorgestellt, indem ich den Schülern das Märchen von Hänsel und Gretel vorgetragen habe. Ich war mir vorher nicht wirklich sicher, ob das für 6er noch der „Renner“ sein würde, denn weder sind Hänsel und Gretel besonders überraschend, noch scheinen unbewegte, stumme Bilder bei der Generation Medien-Kids besonders vielversprechend. Aber ich musste mich eines besseren belehren lassen: Die 6er waren begeistert und sind ganz heiß darauf, Sagen mithilfe des Kamishibais nachzuerzählen. Das werden wir erst nach den Ferien angehen, aber ich freue mich jetzt schon drauf!

Comenius-Projekt

Hui! Heute zum ersten Mal einen kompletten Tag auf Englisch „unterrichtet“, was mir doch zunächst ein wenig Sorgen gemacht hat, da ich das letzte Mal so viel Englisch irgendwann anno 1998 in meinem Englisch-GK sprechen musste. Und dann auch noch vor 67 Schülern, deren Begleitlehrern und heimischen Kollegen, die zum großen Teil auch Englischlehrer waren, aber es hat alles gut geklappt und viel Spaß gemacht. Die Schüler haben tolle Ergebnisse zum Themenfeld „Migration“ erarbeitet und dank des guten Wetters wird das Projekt heute beim Grillen einen schönen Abschluss finden. Ich bereite jetzt allerdings meinen LK für morgen vor und falle dann lieber tot ins Bett…

Das erste Mal: Externe Zweitkorrekturen zurück

Soeben das erste Mal externe Zweitkorrekturen zurückerhalten. Alles im Lot, der Zweitkorrektor hat schlimmstenfalls drei Punkte Abweichung in der Gesamtpunktzahl (von 100), womit mir – wieder einmal – ein paar Karren Mühlsteine vom Herzen purzeln, denn nichts wäre mir jetzt blöder gewesen als eine Drittkorrektur…

Das erste Mal mündliches Abi

Das erste Mal – zumindest auf der „dunklen Seite der Macht“, wie es ein Referendar ausdrückte. Sieben Schüler musste ich heute prüfen, die Schulleiterin als Prüfungsvorsitzende immer dabei – immerhin hatte sie die anderen Grundkurse unterrichtet. Ungünstig war, dass wir den Tag zuvor noch eine „etwas“ längere Lehrerkonferenz hatten, wo ich mich doch gerne gedanklich auf die Prüfungen vorbereitet hätte. Vielleicht war das aber auch gar nicht so schlecht, denn sonst hätte ich womöglich haufenweise Fragen vorformuliert und hätte starr an meinem Bogen geklebt; so war ich heute etwas freier.

Die Nacht zuvor habe ich vermutlich genauso wenig geschlafen wie die Schüler und war (zumindest anfangs) genauso nervös wie die Prüflinge. Mit einer Ausnahme ist alles mehr oder weniger wie erwartet gelaufen und ich bin jetzt fertig wie ein Brötchen. Bloggen, duschen, Bett. Fertig.

Mama, bin ich jetzt endlich ein großer Lehrer? Nein, mein Junge! Dafür musst du erst einen LK gehabt haben…

Geschenke

Haben heute zum ersten Mal gewichtelt. Das schönste Geschenk waren allerdings zwei Preise bei einem Schreibwettbewerb, die meine Klasse eingeheimst hat, und die unserer kargen Klassenkasse ein fröhliches Lächeln auf die Lippen zaubern. So langsam sehe ich trotz des Schnees wieder Sonne und freue mich auf entspanntes Korrigieren, Ausschlafen und Gitarre malträtieren können. Ach – und Kommentare kommentieren, das schaffe ich jetzt bald auch wieder…

(Und der einzige Depp, der sich beim Wichteln  an das 3-Euro-Limit gehalten hat, war natürlich ich…)

Vortanzen am ToT

„Vortanzen“ nannte es der Kollege letzte Woche, als ich allgemein nach dem Ablauf am ToT fragte. Er hätte das noch nie gemusst, aber eine andere Kollegin konnte informativ einspringen und erläuterte mir, dass ich am ToT nur eine Vorführstunde vorbereiten müsse und nicht, wie zunächst befürchtet, zwei. Ach, „ToT“ ist übrigens keine verklausulierte Lehrerwendung, die übermäßige Ferienreife ausdrücken soll, sondern bedeutet schlicht „Tag der offenen Tür“. An diesem einzigen Samstag mit Unterricht besuchen Eltern und Schüler der vierten Klassen die weiterführenden Schulen, was sich in leeren, unbelebten Schulgebäuden natürlich äußerst schlecht macht. Darum kommen einige Klassen an diesem Samstag in die Schule und demonstrieren den anwesenden Eltern und Kindern, wie Unterricht dort ablaufen könnte.

Dabei ist „könnte“ gar nicht so weit von der Realität entfernt, denn ich werde eine Stunde halten, die ich letztes Halbjahr schon einmal in realiter mit einer Klasse durchgeführt habe. Trotzdem bin ich jetzt schon gespannt, ob alles so klappt und funktioniert, wie vorgestellt, und vor allem, ob ich die angehenden Fünftklässler auch schon mit einbinden kann. Ich hoffe, dass genug Extrovertierte dort sitzen werden, die vor einem unbekannten Lehrer keine Scheu haben und mit dem Thema „Syntax“ etwas anfangen können. Und wenn sie’s bis dahin nicht gelernt haben, dann spätestens am ToT…

Es wird das erste Mal sein, dass Eltern meinen Unterricht begutachten, wie mir gerade auffällt. Sonderbar, oder?

Juggern in der Schule

Bevor ich irgendetwas schreibe, möchte ich hier per Youtube eine Sportart präsentieren, die ich mir gut an vielen Schulen vorstellen kann (ab 1:00 geht’s richtig los):

Jugger nennt sich dieser Sport, eine Mischung aus Rugby, Gladiatorenkampf und Quidditch ohne Schnatz, basierend jedoch auf dem Film „Blood of Heroes“. Ziel dieses Mannschaftssports ist es, dafür zu sorgen, dass der unbewaffnete Läufer den „Hundeschädel“ in das Mal stecken kann, denn dann gibt es einen Punkt für das Team. Gekämpft wird mit unterschiedlichen Waffen: Q-Tip, Langpompfe, Kurzpompfe (und Schild), Stab und Kette.

Bei weitem weniger martialisch geschmückt, aber dennoch mit einem mulmigen Gefühl stand ich dann heute auf dem Sportfeld, denn zwei meiner Kollegen hatten zur Fortbildung im Bereich Jungsförderung geladen. Die Waffen lagen bereit, vor allem Q-Tips und Stäben, aber auch Kurzpompfen, ein Schild und zwei Ketten. Einige anwesende Schüler hatten auch selbstegbaute Q-Tips mitgebracht und schon beim ersten Spaßgefecht mit dem Sportkollegen wurde mir klar, dass man körperlich schnell an seine Grenzen kommt, wenn man nur versucht, den anderen mit seiner Waffe zu erwischen – was das dann geben sollte, wenn die Rugby-Elemente dazukommen sollten, war mir schleierhaft.

Was jedoch im obigen Video wie eine wilde Keilerei aussieht, ist ausreichend reglementiert, damit niemand zu Schaden kommt. Auch die martialisch-archaisch anmutenden Waffen sind harmloser als so manche durch Schulflure gekickte Wasserflasche oder hinterhältig geworfene Schneebälle. Auch härtere Gefechte übersteht man schmerzfrei und Kopf- und Genitalbereich sind als Trefferzonen ausgenommen.

Beide Mannschaften postieren sich an entgegengesetzten Spielfeldrändern, der Hundekopf liegt in der Mitte und auf Kommando gilt es, laut schreiend dafür zu sorgen, dass der eigene Läufer den Kopf zum gegnerischen Mal bringen kann. Die Kämpfer müssen ferngehalten und der gegenerische Läufer möglichst gepinnt werden. Trifft man einen Gegner, muss dieser fünf Sekunden kniend laut abzählen und darf dann wieder eingreifen, es sei denn, er wird gepinnt. Pinnen bedeutet, dass man seine Waffe an den Gegner hält und dieser solange hocken bleiben muss. Fairness ist hier unbedingt nötig: Man muss auf die Knie, wenn man getroffen wird, und auch langsam zählen. Bei Meinungsverschiedenheiten gibt es ein Stopp-Signal, auf das hin sich alle in der Mitte treffen und eine Lösung für das Problem suchen.

Und spätestens hier wird Jugger pädagogisch: Ein hartes, martialisch anmutendes Spiel mit einfachen Regeln trifft auf die Möglichkeit, Konflikte eben nicht auf handfeste Weise zu lösen, sondern zu besprechen und Kompromisse zu finden. Reizvoll ist dabei die vermeintliche Härte des Spiels (mangelnde Kondition ist hier viel schlimmer als mangelnde Körperkraft…), mit der man wilde Jungs begeistern kann, gleichzeitig aber auch das Einüben von Fairness, Taktik und gewaltfreier Konfliktlösung. Nicht umsonst ist die AG nur für bestimmte Jungs geöffnet und auch die Kollegen aus anderen Schulen beschäftigen sich mit Jungsförderung. Doch nebenbei bemerkt: Auch Mädels können hier gut mitmischen, da die Waffen hier für Chancengleichheit sorgen. Es geht ja eben nicht darum, den Gegener aus den Socken zu hauen, sondern ihn lediglich zu berühren. Die zwei anwesenden Kolleginnen haben dann auch gleich ordentlich mitgemischt.

Ganz nebenbei ist mir die Idee gekommen, dieses Konzept doch irgendwann einmal auf eine neue Geschichts-AG zu übertragen: Die Gladiator-AG. Dabei könnte man die Waffen (relativ günstig) selber bauen und um neue Waffentypen erweitern, die denen römischer Gladiatoren entsprechen. Man könnte so Kampfweisen experimentell erproben, sich die Ernährungsweise anschauen und einmal nachempfinden, wie anstrengend nur wenige Minuten im direkten Kampf Mann gegen Mann sind. Auch historische  Schlachten bekommen so einen anderen Beigeschmack – es ist mir nach dem heutigen Tag unerklärlich, wie man da heil herausgekommen sein will. Eine Verschnaufspause muss einem Todesurteil gleichgekommen sein…