Hui – gestern war zum ersten Mal in meinem Leben Elternabend. Mit nur wenigen Eltern, lauter Wunderkindern und einem Outing. Und man muss sich tatsächlich auf Stühle für Erstklässler quetschen, aber das ist nichts gegen die Härten, die ein Erstklässler unter Umständen ertragen muss.
Manche Kinder, nämlich die, denen das Lernen nicht so leicht fällt, haben teilweise schon in der ersten Klasse fünf und sogar sechs Stunden. Meine Tochter ist bislang nach vier Stunden schon fertig wie ein Brötchen und die Lehrerin schilderte, dass es in der Regel schon nach der zweiten Stunde spürbar schwerer wird, die Klasse zu unterrichten und die vierte Stunde dann mit viel Bewegung gestaltet werden müsse. Und dann packt man den Schwächsten noch Zusatzstunden obenauf. Mein Gott! Man lässt Menschen nach einem Herzinfarkt doch auch keinen Marathon laufen, damit sie wieder fit werden, oder? Bislang steht meine Tochter auf keiner dieser Förderlisten, Gott sei dank, denn ich weiß nicht, wie ich reagieren würde. Sechs Stunden!
Aber eigentlich haben ja alle Kinder keine Probleme. Denn als es zur Vorstellungsrund kam und wir Eltern kurz uns und die ersten Eindrücke unserer Kinder vorstellen sollten, war ich als Zweiter an der Reihe und erläuterte wahrheitsgemäß, dass meine Tochter nicht allzu begeistert und nachmittags ziemlich schlapp ist, besonders, wenn sie das Nachmittagsangebot mitgemacht hat. Die folgenden Eltern dagegen erzählten von begeisterten kleinen Engeln, die nach noch mehr Hausaufgaben fragten, schneller als der Wind diese erledigten und bis zum späten Abend null Müdigkeit verspürten. Lauter kleine Wunderkinder, wobei beim wunderlichsten Kind (ein frühes Lese- und Rechengenie) jedoch aufgeflogen war, dass die Mutter dessen Bilder ausgemalt hatte… Ich musste an meinen ersten Elternsprechtag denken, als ebenfalls manche Eltern mir suggerieren wollten, wie superduper ihr Kind doch trotz der mäßigen Leistung wäre. Viel Wirkung hatte das nicht.
Methodisch ist Grundschule natürlich ganz anders als das, was ich kenne. Stundenpläne können die kleinen Stöpsel ja noch nicht lesen, also werden die Pausen und Stunden mit Symbolen an die Tafel gemalt. Statt Süßigkeiten sollen die Kinder an Geburtstagen lieber alte Spiele und Bücher für die Klassenbibliothek mitbringen, das sei sinnvoller. Eine gute Idee, die ich mir merken werde. Übrigens dürfen sich Grundschullehrer bei der Einführung einer verbundenen Schrift für eine von dreien entscheiden, was ich auch noch nicht wusste. Schon ab der vierten Klasse sollen die Kleinen dann eine eigene Schrift entwickeln und müssen sich nicht mehr an die Vorgabe halten. Das gefällt mir.
Sport findet meine Tochter bisher doof, was mich zunächst verwunderte, seit gestern dann aber doch nicht mehr. Teilweise bleiben von den Stunden nur zehn Minuten, weil viele Kinder sich nicht an- und ausziehen können, oder von ihren Eltern mit komplexen Gürtelschnallen ausstaffiert werden, sodass ab und an auch mal Socken oder Unterhosen aufgefunden werden. Zehn Minuten Sport mit einer halstündigen Ankleide- und Schuhzubindephase fänd‘ ich auch doof.
Mit der Wahl zur Klassenpflegschaft und der Bekanntgabe des Prozedere durch die Lehrerin kam es dann zum Outing: „Ich kenne die Vorschriften nicht 100%ig, hoffentlich mach ich nichts falsch, aber Sie sind ja auch Lehrer, oder? Da können Sie mich ja unterstützen!“ Toll! Meine Tochter ist und bleibt ein kleines Plappermaul.
Gefällt mir:
Gefällt mir Wird geladen …