Beleidigte Eltern

Ja. Stimmt. Ich geb’s ja zu. Es war keine gute Idee, das Schwoiser-Bild „Heinrich vor Canossa“ in meiner Ausbildungs-Sieben (bei der ich eine grauenhafte Kurzreihe zum Thema Herrschaft im Mittelalter gemacht habe…) nur schwarz-weiß auf Folie zu ziehen, da mir der gestrige Trick noch nicht in den Sinn gekommen war. Ich hab’s aber trotzdem eingesetzt.

Tags drauf liegt eine perfekte Farbfolie nebst zweier dicker Canossa-Schinken von der letztjährigen Ausstellung auf dem Lehrerpult. Dahinter J., dessen Eltern offensichtlich historisch interessiert sind. Also flugs einen OHP organisiert, die diesmal farbige Folie aufgelegt und das Bild unter Berücksichtigung der Farbgebung analysiert. Am Ende der Stunde ein Dankeschön an J., der die Folie auf keinen Fall wiederhaben möchte. Dafür bekommt er fünfzig Cent – so eine Folie kostet, das weiß der Referendar, der schon einschlägige Erfahrungen im lokalen Einzelhandel gemacht hat.

Eine Woche später, der Ausbildungsunterricht in der Sieben ist vorbei. Die Ausbildungslehrerin drückt mir in der großen Pause fünfzig Cent in die Hand. J.s Mutter sei, laut J., zutiefst empört gewesen und würde auf keinen Fall die fünfzig Cent zurückhaben wollen! Gut, denke ich mir, immer noch besser, als der Ausbeuterei bezichtigt zu werden.

Man merkt: J. ist sehr gut erzogen. Meinereins hätte die fünfzig Cent im gleichen Alter womöglich am Büdchen vor der Schule verjubelt… (für Lakritzbrezel… mhmm…)

Schlag die Stilübung

Eine nette Idee: Die Süddeutsche hat anstelle einer üblichen Fernsehkritik zur gestrigen „Schlag den Raab“-Sendung ihre Kritik in Form einer Stilübung verpackt. So werden die einzelnen Spiele mit unterschiedlichen Formen literarischen Ausdrucks kommentiert.

3. Disziplin
„Schlag den Raab“: Autoball
sueddeutsche.de: Limerick

Es war mal eine Beamtin aus Detmold
Spielte Autoball gegen Pro Siebens Unhold
Doch ihre Schaltung
War lahmste Verwaltung
Weshalb der Ball stets in ihr Tor rollt‘

(Süddeutsche)

Die Redaktion hatte beim langwierigen Pro7-Spiel wohl Langeweile. Gut für Deutschreferendare: Wegspeichern und für den Unterricht vormerken. Gegenwartsbezug vorhanden.

Der Fuß in der Tür

Montags ist Seminartag und da sich dadurch einiges an sinnloser Freizeit auftut, nutze ich meine Freistunden, um in der nahe gelegenen Uni in der Bibliothek zu stöbern. So auch letzten Montag als ich im Semesterapparat meines Ex-Psycho-Profs auf ein Buch mit dem verlockenden Titel „Die Psychologie des Überzeugens“ von Robert B. Cialdini stieß. Schmökernd verzog ich mich in eine bequeme Leseecke…

Auf unserem Referendarstisch landet jeden Tag allerlei Zeug: Schüsseln mit Bonbons von Geburtstagskindern, Ablagesysteme für Kurshefte, leere Wasserflaschen, Elternbriefe und Papier, Papier, Papier. Das meiste davon ist Werbung, ergo Müll und landet auch in der Regel sofort in der runden Ablage, aber ab und an wirft man doch mal einen Blick in die Prospekte.

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Steinzeit-Ausstellung

Ich hatte im letzten Beitrag schon auf das Steinzeit-Experiment hingewiesen. Im Kontext dieses Experiments wandert eine Ausstellung durch Deutschland, die sich – wie ich zufällig gestern übers Fernsehen erfahren konnte – heute im Lippischen Landesmuseum in Detmold befindet. Also hin!

SteinzeitwerkzeugZunächst musste ich ein wenig mit der Enttäuschung ringen, den wirklich viel war zunächst nicht zu sehen. Ein zum rustikalen Museumsraum umgebauter Stall schien zunächst nur Fressalienstände zu beherbergen und die Steinzeit schien lediglich auf einem kleinen Rasenstück im Freien hinter dem Stall stattzufinden. Ein paar Steinzeitspeere standen aufgepflanzt vor einem Zelt, in welchem verschiedenste Werkzeuge der Jungsteinzeit ausgestellt waren, daneben hatte jemand einen Bastelstand für Kinder aufgebaut und weiter hinten konnte man einen Steinzeitofen sehen. Nix Großartiges los, die einzige Attraktion schien der hünenhafte Steinzeitmann zu sein, der sich an einem steinzeitlichen Räucherofen zu schaffen machte, neben dem einige Fische lagen.

AnglerbedarfEin Hecht und zwei Karpfen, um genau zu sein. Die beiden nicht gerade mittelmäßigen Karpfen zuckten noch, wie waren die da hingekommen? Der Prototyp eines Steinzeitmannes klärte uns auf: Mit dem Einbaum fahre er die Netze des kleinen Flusses vor dem Museum ab, die er dort ausgelegt habe. Dass er da solche Brocken fange würde, damit hätte er auch nicht gerechnet. Mit dem Einbaum? Hier? Und mit dieser Frage ließ uns der vielbeschäftigte Steinzeitmann stehen, um nach dem Rechten zu sehen. Währenddessen begann beim Werkzeug eine kleine Vorführung in Sachen Bogensehnenherstellung und der Basteltisch entpuppte sich als kindgerechte Demonstration für Steinbohrer. Die Sache wurde immer interessanter und Tochter hat jetzt eine tolle selbstbohrte Steinkette.

Ein kurzer Workshop in Sachen Feuermachen macht Appetit auf mehr und verdeutlichte, wie mühselig das Feuermachen vor nur etwa 150 Jahren noch gewesen sein muss – und wieviel mehr in der Steinzeit! Die Kinder allerdings waren mit Feuereifer dabei und schnell brannte das Stroh. Die Kohlegruben weiter hinten wurden allerdings auf moderne Art und Weise mit Holzkohle und Anzünder befeuert, dienten sie doch nur der Demonstration eines steinzeitlichen „Kochtopfes“. Das Wort „irdenes Gefäß“ bekommt eine ganz neue Bedeutung, wenn man sich vor Augen hält, dass man damals Fleisch wortwörtlich in der Erde gegart hat.

Lebensnah wurde es dann, als der Steinzeitmann wiederkam. Der warf einen Fisch in eine Holzschale, schlitzte diesem den Unterleib mit einem verdammt scharfen Steinmesser auf und zog die Innereien heraus. Meine mitleidserfüllte Tochter: „Warum kauft der den denn nicht im Supermarkt?!“. Nun ja, die Kinder damals waren wohl näher dran…

Nadel und AngelhakenAuch die Imbissstände entpuppten sich als nahezu steinzeitgerecht. Ein kleiner Imbiss, bestehend aus Supermarkt- Hähnchenschenkeln, Bulgur, gedörrten Pflaumen und Honig, rundete den Besuch im Landesmuseum ab und während Tochter auf keinen Fall schon nach Hause wollte, konnte ich die Gelegenheit nutzen, um im Museumsshop ein wenig Anschauungsmaterial für meine Sechser zu besorgen. Sind zwar nur Repliken, aber ich denke, sie erfüllen ihren Zweck ebenso gut wie Originale. Jetzt fehlt nur noch eine Steinzeitfeuerzeug-Ausrüstung und ich bin halbwegs komplett. 😉 (Mal abgesehen davon, dass ich hunderte an Euro alleine für Bücher hätte dalassen können…) Die Ausstellung läuft übrigens noch einige Zeit und wandert durch die ganze Republik. Wer interessiert ist, kann sich auf der entsprechenden Homepage Informationen besorgen.

Simplicissimus online

Simplicissimus So lange kann sie noch gar nicht online sein, die Online-Edition der bekannten Satirezeitschrift Simplicissimus. Dort finden sich alle 49 Jahrgänge der beliebten Satirezeitschrift, die besonders für Deutsch- und Geschichtslehrer eine Fundgrube an Karikaturen darstellt. In Farbe, als PDF und ein thematisches Register – komfortabler geht es kaum!

Die Folienplage

Folien sind eine prima Sache, so man denn einen OHP in greifbarer Nähe hat und sich nicht zu schade ist, das Dingen ein paar Meter durch die Schule zu rollen (immerhin!). Texte können, zwecks öffentlicher Musterbearbeitung, auf Folie gebannt werden, Karikaturen und Karten finden dank Folie bunterweise ihren Weg in den Unterricht und Schüler können Ergebnisse von Gruppenarbeiten per Folienstift einfach und unkompliziert präsentieren, ohne dass meterweise Plakate geklebt und geheftet werden müssen.

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Unterrichtsphasen und Einstieg

Dass es beim Unterrichten mit ein wenig am Pult herumstehen und einen auf Gottschalk machen nicht wirklich getan ist, sollte ja gestern schon klar geworden sein. Heute wurde es auch für uns noch eine Spur konkreter, denn es wurde der Aufbau einer 45-minütigen Schulstunde thematisiert.

Zunächst jedoch kam ein im Seminar mit spürbarer Erleichterung aufgenommener Hinweis darauf, dass wir keine Angst vor Wissenslücken haben bräuchten. Es wäre anfangs ganz normal unter Umständen nur wenige Stunden Vorsprung vor den eigenen Schülern zu haben – leider helfe einem das angehäufte Uni-Wissen über die historische Entwicklung der lateinamerikanischen Kaninchenzucht unter Umständen nur wenig. Aber jetzt Butter bei die Fische!

Unterrichtsphasen

Fünf Phasen kennzeichnen aktuell gelungenen Unterricht: Ein motivierender Einstieg, eine darauf folgende Problematisierung, die Erarbeitung durch die Schüler, Sicherung der Ergebnisse und – wichtig – eine Phase, in der den Schülern Gelegenheit gegeben wird, einen Transfer des Erarbeiteten vorzunehmen.

Unterrichtsphasen

(Schaubild als PDF)

Wenn ich das auf meine Stunde übertrage, so lag der Einstieg bei meiner Karikatur, diese wurde anhand einer Karte problematisiert, worauf die Erarbeitungsphase mit dem Text folgte. Die Sicherung war eher spärlich und die Transferphase nicht vorhanden.

Letztere ist jedoch besonders wichtig. Zum einen, weil sie den Unterrichtsstoff besonders im Geschichtsunterricht aus einer abstrakten, fernen Welt in die unmittelbare Realität holt und bspw. die historischen Wurzeln bestimmter Denkweisen, Konflikte und Traditionen, die heute noch Bestand haben, offenlegt.  Und zum anderen ganz einfach, weil alleine eine vollzogene Transferleistung den Lehrer berechtigt, seinen Schülern ein „sehr gut“ oder „gut“ zu erteilen. Wenn diese Phase aus Planungsgründen wegfällt, ist ein Lehrer faktisch nicht in der Lage, Einsen oder Zweien zu erteilen: Ein Ärgernis für alle Beteiligten. 😉

Einstiege

Ein paar Ideen für gelungene Einstiege haben wir noch gesammelt. Da ich auf diese als Denkstütze eventuell noch zurückgreifen möchte notiere ich sie mir hier (obwohl ich noch auf der Suche nach einer geeigneten Software für Wissensmanagement bin. Jochen hat ja heute einen Ansatz im Angebot, IdeaNotes könnte ein zweiter sein…).

Mögliche Einstiege kann man realisieren über:

  • Karikaturen
  • Bilder / Fotos
  • Brain-Storming
  • Filme
  • Zitate (wenn möglich kontroverse)
  • Tondokumente
  • Sachquellen (hihi… freue mich schon auf Steinzeit – ich habe da noch ein paar Steinäxte im Keller…)

Fotoarchiv Buchenwald

Buchenwald-ArchivDie Gedenkstätte Buchenwald hat etwa 600 Fotos aus ihrem Fotoarchiv im Internet veröffentlicht und diese wissenschaftlich nachbereiten lassen, um dem Vorwurf der Geschichtsklitterung zu entgehen.

Neben bekannten und unbekannten Aufnahmen von Häftlingen sind auch Bilder der Räumlichkeiten des Lagers und der Wärter zu sehen. Die Fotos decken einen Zeitraum von 1937 bis 1961 ab und stammen von unterschiedlichen Urhebern. Zu den Fotos gibt es, je nach Quellenlage, ausführliche Informationen zum Motiv, dem Urheber, dem Erstellungsdatum und erklärende Kommentare, was sie besonders für den Geschichtsunterricht interessant macht.

Aktuell scheint der Ansturm auf den Server so groß zu sein, dass das Archiv zeitweilig vom Netz ist bzw. der Bildaufbau sehr langsam vor sich geht. Also: Dran bleiben, auch wenn es so scheint, als würde das Bild nicht geladen!

Mehr Informationen gibt es bei Spiegel-Online