Dass es beim Unterrichten mit ein wenig am Pult herumstehen und einen auf Gottschalk machen nicht wirklich getan ist, sollte ja gestern schon klar geworden sein. Heute wurde es auch für uns noch eine Spur konkreter, denn es wurde der Aufbau einer 45-minütigen Schulstunde thematisiert.
Zunächst jedoch kam ein im Seminar mit spürbarer Erleichterung aufgenommener Hinweis darauf, dass wir keine Angst vor Wissenslücken haben bräuchten. Es wäre anfangs ganz normal unter Umständen nur wenige Stunden Vorsprung vor den eigenen Schülern zu haben – leider helfe einem das angehäufte Uni-Wissen über die historische Entwicklung der lateinamerikanischen Kaninchenzucht unter Umständen nur wenig. Aber jetzt Butter bei die Fische!
Unterrichtsphasen
Fünf Phasen kennzeichnen aktuell gelungenen Unterricht: Ein motivierender Einstieg, eine darauf folgende Problematisierung, die Erarbeitung durch die Schüler, Sicherung der Ergebnisse und – wichtig – eine Phase, in der den Schülern Gelegenheit gegeben wird, einen Transfer des Erarbeiteten vorzunehmen.
(Schaubild als PDF)
Wenn ich das auf meine Stunde übertrage, so lag der Einstieg bei meiner Karikatur, diese wurde anhand einer Karte problematisiert, worauf die Erarbeitungsphase mit dem Text folgte. Die Sicherung war eher spärlich und die Transferphase nicht vorhanden.
Letztere ist jedoch besonders wichtig. Zum einen, weil sie den Unterrichtsstoff besonders im Geschichtsunterricht aus einer abstrakten, fernen Welt in die unmittelbare Realität holt und bspw. die historischen Wurzeln bestimmter Denkweisen, Konflikte und Traditionen, die heute noch Bestand haben, offenlegt. Und zum anderen ganz einfach, weil alleine eine vollzogene Transferleistung den Lehrer berechtigt, seinen Schülern ein „sehr gut“ oder „gut“ zu erteilen. Wenn diese Phase aus Planungsgründen wegfällt, ist ein Lehrer faktisch nicht in der Lage, Einsen oder Zweien zu erteilen: Ein Ärgernis für alle Beteiligten. 😉
Einstiege
Ein paar Ideen für gelungene Einstiege haben wir noch gesammelt. Da ich auf diese als Denkstütze eventuell noch zurückgreifen möchte notiere ich sie mir hier (obwohl ich noch auf der Suche nach einer geeigneten Software für Wissensmanagement bin. Jochen hat ja heute einen Ansatz im Angebot, IdeaNotes könnte ein zweiter sein…).
Mögliche Einstiege kann man realisieren über:
- Karikaturen
- Bilder / Fotos
- Brain-Storming
- Filme
- Zitate (wenn möglich kontroverse)
- Tondokumente
- Sachquellen (hihi… freue mich schon auf Steinzeit – ich habe da noch ein paar Steinäxte im Keller…)
> geeigneten Software für Wissensmanagement bin. Jochen hat ja heute einen Ansatz im Angebot …
„Wissensmanagement“ ist für meine bescheidene Ideensammlung viel zu hochgegriffen, da klingt „Ideanotes“ viel besser. Als tagging-Fan gefällt mir natürlich besonders: „Dabei können jedem Eintrag beliebig viele Schlagwörter zugeordnet werden.“ Das kann AM-Notebook (zumindest die kostenlose Version) nicht. Auch die Möglichkeit per Plugins neue Funktionen zu integrieren klingt sehr interessant. Danke für den guten Tipp, werde ich gleich mal ausprobieren.
Das Doofe ist, dass IdeaNotes einen Server braucht – da ich sowieso auf meinem Computer das Rundumglücklichpaket "Xampp" der Apachefriends installiert habe, kann ich jederzeit recht unkompliziert den MySQL-Server dazuschalten.
Das Gute an IdeaNotes soll sein (ich konnte es bisher noch nicht ausführlich testen), dass es die Ideen automatisch vernetzt. Ich könnte mir vorstellen, dass das unter Umständen nützlich sein kann.
Btw: Kann man jetzt die Kommentare abonnieren? (Unter der Text-Box sollte jetzt ein Häkchen zu finden sein!?)
Zum Thema Wissensmanagement: Schon mal an einen eigenen Wiki gedacht? Ideal, um allein oder besser gemeinsam mit anderen interessante Dinge zu sammeln. Refs sind doch schließlich Jäger und Sammler.
Ein ausgezeichnetes Werkzeug ist i.d.Z. pmwiki – einfach und komplex zugleich. Benötigt keine Datenbank, bietet interessante Features und ist leicht zu administrieren. Mehr dazu in bälde unter http://www.wikidaktik.de
Auch wenn es noch ein bischen hin ist – auch ein schöner Gegenstand für die Staatsarbeit 😉
Ich finde, dass Wikis eine tolle Sache sind, wenn man sie als enzyklopädische Werke benutzt, aber zum Management von Wissen oder Ideenschnipseln sind mir Wikis nicht geheuer. Vielleicht bin ich aber auch zu sehr auf MediaWiki fixiert.
Insbesondere für die Ideen brauche ich dringend irgend etwas, das es mir ermöglicht, Schlagworte zu vergeben und Ideen bei Bedarf danach zu kategorisieren. Vermutlich habe ich da soeben eine brauchbare Freeware gefunden und werde bei Gelegenheit einen Artikel dazu verfassen.
Die Idee, ein Referendar-Wiki aufzusetzen, ist keine schlechte Idee. Mal hören, was die anderen dazu sagen!
Hallo.
wenn du an der Hauptschule bist, kannst du das Wort Transferleistung vergessen. Must zufrieden sein, wenn sie sich die Schuhe 98 Mal auf- und zubinden können (stures Regelanwennden).
Ist leider so.
Jürgen
Hallo Jürgen!
Das kann ich mir gut vorstellen. Ich hätte vielleicht dazuschreiben sollen, dass wir für Gymnasium und Gesamtschule ausgebildet werden, wobei der Schwerpunkt zusätzlich auf SII liegt. In diesem Kontext muss man das obige Schema sehen.
Ich finde, dass die Transferleistung auch in zünftigeren Schulformen außerordentlich wichtig ist, gerade im GU. Du kannst von HauptschülerInnen nicht erwarten, dass sie raffen, wie sich die amerikanische Mentalität im Manifest Destiny zeigt und dass sie diese Erkenntnis versuchen auf das heutige US-Amerika zu transferieren. Aber du kannst (und solltest) erwarten, dass sie bei der Behandlung NS-Themen raffen, was Grundrechte sind und wo sie damals mit den Füßen getreten wurden – und dass sie diese Problematik auf die heutige Zeit transferieren. Und das ist dein Job als GeschichtslehrerIn: Den Unterrichtsinhalt so aufzubereiten, dass das funktioniert.