Dieser Beitrag sollte eigentlich am 6.2. verfasst werden, konnte aber aus Zeitmangel erst heute online gestellt werden. 😉
Ein 40ha großes Gelände, weitläufige Grünflächen, durch welche breite Asphaltwege den Weg um die Schule weisen. Kein Papierschnipsel bekümmert den Boden, der Rasen ist kurz und sauber, die dicken Schulmauern scheinen Graffiti nicht zu fürchten. Ich bin an meiner Schule angekommen.
Die nächsten zwei Jahre werde ich hier verbringen, an einer Bielefelder Schule der besonderen Art, wie mir schnell klar wird. Den frontal gelegenen Lehrereingang hütet eine Pförtnerin, sie weist mir den Weg um die Schule herum zum Schülereingang, über dem ein Turm thront.
Ich treffe auf meinen Referendarskollegen und zu zweit machen wir uns auf den Weg zum Rektor, der uns herzlich begrüßt und uns nach ein wenig Smalltalk einen Blick aus seinem Bürofenster gönnt. Unter uns rennen ein paar Jungs mit einem Ball auf die Grünfläche, weiter hinten liegen ein Sportplatz und eine Zweifach-Sporthalle. Nach einem nachdrücklichen Hinweis auf die besondere Wertschätzung der konfessionellen Ausrichtung seiner Schule durch die Eltern, werden wir unserer Ausbildungskoordinatorin vorgestellt.
Diese ist sehr freundlich und macht uns im kleinen Lehrerzimmer in gelassener Atmosphäre bei einem Tee mit den Gepflogenheiten der Schule vertraut. Gebetet wird täglich vor der ersten Stunde, daran sind auch Moslems und Konfessionslose gehalten. Mir soll es recht sein, ohne Konfession zu sein heißt nicht, kein Christ zu sein. Im Zweiwochentakt findet an zwei Wochentagen ein Gottesdienst statt, den es unter Umständen vorzubereiten gilt.
Wir hospitieren im Lateinunterricht der AKO, in einer sechsten Klasse mit zauberhaft liebenswerten Schülern. Der Raum ist in angenehmen Farben gehalten, keine Shakiras weit und breit, jedes Kind hat ein eigenes Bücherfach, die Tische sind ohne Eddingmakel. Die ganze Außenwand besteht bis zum Boden aus Fenstern und ermöglicht jedezeit einen erholsamen Blick ins Grüne.
Das große Lehrerzimmer dagegen gleicht einem hektischen Taubenschlag, es flattert immer wieder rein und raus, Gesichter fliegen vorbei, Vorstellung der Referendare, Namen hier, Fächer dort, rein, raus, rein, raus. Zettel markieren Klausuren, Vertretung, Bereitschaft, Informationen zur Kenntnisnahme, Stundenpläne, Termine. Die Tür schwingt pausenlos, Hände schütteln sich, man tauscht Mienen und Augenaufschläge. Zurück zur Pause in das kleine Lehrerzimmer.
Ein netter älterer Geschichtskollege macht mich dort auf die Unsäglichkeiten des in NRW anstehenden Zentralabiturs und die Einführung des G8s aufmerksam. Weil bei einem zentral abgenommenen Abitur alle Schüler nach denselben Kriterien geprüft würden, verkümmere der Anteil des Unterrichts, in dem Schüler eigene Meinungen und kritisches Denken einbringen dürfen. Dieses sei schließlich nicht objektivierbar, aber der Unterricht richte sich nach den objektivierbaren Fakten fürs Abi. Ergo: Fakten pauken. Ich schiebe geistig meine Umweltgeschichte weit von mir und folge der AKO auf eine Gebäudeführung.
Der Bau ist riesig. Nicht einfach nur verwinkelt, das auch, aber auch geräumig. Niemand muss sich durch Flure quetschen, die Decken sind bestimmt vier Meter hoch. Es gibt drei Medienräume, die Bildschirme verstecken sich hinter einer Glasoberfläche, so dass die Schüler sowohl mit Papier als auch mit dem Computer arbeiten können, ohne dass Monitor und Tastatur stören. "Nehmen Sie's nicht übel, wenn die Schüler in den Pausen mit Ihnen Verstecken spielen", meint die AKO und ich stelle mir vor, welchen Spaß Schüler in diesem Bau haben müssen.
Sie zeigt uns die schuleigene Kirche. Die heilige Ursula ist die Patronin der Lehrer, erinnere ich mich an einen Beitrag bei norberto24. Im Vorraum stehen drei Sonnenliegen mit alten, aber gut erhaltenen Stoffbezügen. Auf einem Schrank im selben Raum liegen Arbeitsblätter. "Hier können Sie bei Bedarf Arbeitsmaterial für die Schüler deponieren. Die holen sich das dann schon…" Oho? Diese Schule ist erstaunlich.
Wir wandern weiter durch das Gebäude. Ein barock anmutendes Triptychon hängt in einem Flur, kein Edding, kein Bunt-, nicht mal Bleistift. Jacken hängen vor den Klassenzimmern. Wir begutachten Parkplätze, kleinere Arbeitszimmer, Oberstufenräume, eine kleine Cafeteria, einen angsteinflößenden Klassenarbeitsraum (Foto folgt bei Gelegenheit!) und einen für Naturwissenschaften reservierten "Neubau" aus den 70ern.
Zuletzt verabschieden wir uns ziemlich erschlagen, wünschen uns gegenseitig alles Gute und machen uns auf den Heimweg. Natürlich verlaufen wir uns, finden aber den Weg am Triptychon vorbei zur Pförtnerin, der wir vorgestellt wurden, sie winkt und lächelt – wir sind draußen.
An „dieser Schule“ bist du gelandet? *bg*
Ist doch alles recht übersichtlich, du hast einige Freunde, die dort ihr Abi gemacht haben 😉
…und auch die Lehrer kann man schon fast an deinen Erzählungen erkennen *lol*
Viel Spass und wenn du magst, dann grüß mal von mir. Schulleiter und „alter Geschichtslehrer“ (auch Deutsch?) sollten sich erinnern *hehe*
Ha! Ist nicht wahr, oder?
Schon der Weg erschien mir bekannt, aber der Turm ist eindeutig! Jaja und Computerräume mit unsinnig versenkten Monitoren, Cafete im Keller, eigene Kirche. Wie viele solche Schulen gibt es hier?
Da war unsere ganze „Sippe“… Familie und Freunde. Überleg dir also welche Namen du nennst :-))
Hihihi… Namen nenne ich hier im Blog nicht. Ich versuche das nach Kräften zu vermeiden und, wenn ich überhaupt Personen erwähne, diese so anonym wie möglich zu halten.
Das Gymnasium am Waldhof hat übrigens auch die Cafete (mit leckeren Salamibrötchen) im Keller! Na? Verunsichert? 😉
Kein Stück, entkräftige mal die Kirche 🙂
Ach, wenn du mal Zeit und Langeweile hast:
Im Erdgeschoss hängen Jahrgangsbilder. Du solltest auf 4-5 Bildern Leute kennen und „kennen“!
Ah ja! Daran kann ich mich erinnern. Dann gucke ich mal, wie ihr alle früher so ausgesehen habt… 😀
Dein Bundi-Bild ist eh nicht zu überbieten!
Haha! Hast Du schon Angst, oder wie? War da nicht mal was mit langen Haaren? 😀
Lange Haaren wirst du da nicht mehr finden… 🙂
Ich glaubs nich. 😀
Bin über Spiegel online auf deinen Blog gestoßen, hab vorne angefangen zu lesen und war so begeistert, dass ich seit mindestens 2 Stunden hier auf der Seite hänge. Fand schon den Zufall bemerkenswert, dass ich ausgerechnet einen Bielefelder Referendar „begleiten“ kann. Und was sehe ich auf Seite 16? Du erzählst die ganze Zeit von meiner alten Schule, in die ich auch jetzt, familienbedingt, noch ganz gute Einblicke habe.
Das erklärt dann auch, warum ich einige Situationen so gut nachvollziehen konnte.
Zufälle gibts…bin sprachlos.
Aber wenn ich schon schreibe, dann auch mal schnell noch ein großes Lob an dich, für den tollen Blog!
Grüß mir mal meine alte Lehranstalt. 🙂
Viele Dank für das Lob. 🙂
Ich kann mir die familienbedingten Verbindungen dank der E-Mailadresse wohl ganz gut erschließen. 😉
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