Alte Männer vermissen ihre alte Welt

Ich hab’s ja gestern schon öffentlich zugegeben: Ich alter Mann vermisse die gute alte Blogosphäre aus den 2000ern. Aber ich bin auch selbst schuld, gell? Zu lange auf Twitter herumgehockt, in ruheloser Frequenz sinnlose Einzeiler gepostet und das Bloggen vernachlässigt. Aber hätte es etwas geändert, wenn ich fleißig durchgebloggt hätte? Natürlich nicht. Niemand kann derartig mächtige gesellschaftliche Entwicklungen im Alleingang aufhalten. Die Welt und die Menschen in ihr verändern sich; man kann sich dem Wandel entgegenstemmen und daran zerbrechen oder man lernt, sich anzupassen. Das nennt man Evolution und ist das jahrmillionenalte Erfolgsrezept fürs Überleben auf unserem gesamten Planeten.

Und so ich kann ich es ein Stück weit verstehen, wenn heute zwei ältere Männer ihrer guten alten Welt nachjammern. Da hätten wir einerseits Jürgen Kaube aus der FAZ, der sich anlässlich der Streichung des „Faust“ aus dem bayerischen Abitur bitterlich über den heutigen Literaturunterricht beschwert. Quintessenz: Man lese lächerlich wenig an deutschen Schulen, fünf Ganzschriften seien zu wenig, denn einzelne Werke müssten den gesamten Kanon repräsentieren. In den Kommentaren tobt der Mob, man könnte fast glauben, in Bayern wäre eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen eingeführt worden.

Milchmädchen

Kein Faust mehr! Der Autor bedauert: „So war „Faust“ seit 2016 Pflichtstoff an bayerischen Gymnasien, war bis 2019 in Nordrhein-Westfalen obligatorisch, ist es noch in Hessen und Schleswig-Holstein.“ Richtig. Seit 2021 gibt es in NRW keinen Faust mehr. Obligatorisch war der „Faust“ aber auch davor in NRW nicht immer. In den ersten Jahren des Zentralabiturs gab es in NRW keinen „Faust“ – stattdessen: Schillers „Don Karlos“ oder Büchners „Dantons Tod“. Warum auch nicht?

Ich fände es auch recht unterhaltsam, den Autor dabei zu beobachten, wie es ihm gelingt, mehr als fünf Lektüren im Unterricht erschöpfend (denn das dürfte ja sein Anspruch sein) zu behandeln. In seinem Text rechnet er sich aus, wie wenig deutsche Schüler zu lesen angehalten seien (nur 27 Seiten beim Faust! Nur fünf Ganzschriften in zwei Jahren!), denn beim bloßen Durchlesen wird es ja nicht bleiben können. Vergessen wird auch, dass das letzte Halbjahr zum einen der Wiederholung des zuvor Erarbeiteten, aber eben auch der ganz praktischen Abiturdurchführung gilt. Dabei ist es zumindest in NRW immer so, dass das erste Halbjahr für die Abiturienten direkt vor Weihnachten endet, womit der Zeitrahmen enger bemessen ist als bei Schülern der Sekundarstufe I. Denn neben dem reinem Lesen von epischen und dramatischen Ganzschriften sollen Schüler gewiss auch die Lyrik ausgiebig analysieren sowie sprachliche und methodische Kompetenzen vertiefen, die eigene Schreibkompetenz stärken und verbessern, die Medienkompetenz ausbauen (siehe unten) und ferner Sprachgeschichte und Sprachwandel (wahlweise auch die Sapir-Whorf-Hypothese, Sprachskepsis oder Sprachentstehungstheorien) verstehen lernen, nebst Filmanalyse und Bühneninszenierung. Dabei haben unsere Oberstufenschüler oft Tage, die sich von morgens früh bis abends spät um 17.00 Uhr erstrecken, dazu noch der Heimweg, Hausaufgaben, Lernaufgaben, Pause? Von den anderen Fächern haben wir dann noch gar nicht gesprochen, auch die verlangen übrigens das Lesen von Ganzschriften (deren Seitenzahlen darf der mathematisch gewiefte Herr Kaube gerne aufs Lesepensum hinzuaddieren) und in sachkundlichen Fächern lesen wir zwar keine Ganzschriften, aber ein Geschichtsbuch hat schon ziemlich viele lang(weilig)e Texte, die gelesen werden müssen. Eine Milchmädchenrechnung eines Mannes, der nebst seinen Claqueuren einer Zeit hinterhertrauert, die es in ihrer reinen Romantik vermutlich nie gegeben hat.

Wir dreschen uns zu Tode

Der andere Herr, es ist Klaus Zierer, meldet sich im Spiegel Online zu Wort und beweist seine Schlagzeilenkompetenz: „Wir wischen uns zu Tode“ lautet der dramatische Titel seines Meinungsartikels. Zierer nutzt so in Titel und Text den tragischen Tod eines achtjährigen Mädchens aufgrund einer TikTok-Challenge als Aufhänger, um seine dann recht unspektakuläre medienskeptische Sicht zu verbreiten.

So richtig mag ihm das allerdings nicht gelingen, stattdessen drischt er ein totes Pferd. Kritik wie gehabt: Alle seien viel zu naiv im Umgang mit digitalen Medien. Es benennt reichlich bekannte Probleme (z. B. Cybermobbing, Ablenkungspotenzial) und verweist auf Probleme beim Lernen und Lesen, verlinkt dazu dann aber einen Artikel, der zeigt, dass diese coronabedingt sind. Nun ja, jeder belegt so gut er kann.

Um Allgemeinplätze ist er nicht verlegen. Man stelle sich im Folgenden einen Lehrer-Lämpel-Zeigefinger vor: „Schlechter Unterricht wird durch digitale Medien nicht besser, nur guter Unterricht kann davon profitieren.“ Medienerziehung ist nun sein Stichwort! Und nun stirbt das tote Pferd mit jedem Absatz ein wenig mehr. Man mag es kaum zitieren, aber: „Wer aber aus Bequemlichkeit Elternabende nur noch digital veranstaltet, mit der Freundin ein paar Häuser weiter stundenlang chattet, anstatt sie zu besuchen, und sich über Politik ausschließlich in den sozialen Medien informiert und keine Zeitung mehr liest, der tappt in eine Digitalisierungsfalle.“ Himmel hilf! Das mag ich nicht einmal mehr kommentieren.

Um dieser Misere (z.B. den zahllosen digitalen Elternabenden) zu entgehen „ist Medienkompetenz vonnöten, die nicht nur den Umgang mit digitalen Medien umfasst, sondern vor allem ausgeprägte Kritikfähigkeit beinhaltet“. Und wieder ein Schlag aufs tote Tier. „Was also muss passieren? Vor allem Schulen brauchen Konzepte einer fundierten Medienerziehung (…)“ Klatsch. Dann zählt Zierer zur Lösung drei Grundprinzipien auf, jedes ein Striemen auf dem Rücken des geschundenen Tiers. Das ist doch längst alles Konsens und nein, niemand möchte alles Analoge abschaffen. Auch nicht die gute alte Zeit(ung).

Und übrigens: Falls Lehrkräfte während der Schulstunde digitale Nachrichten schreiben, dann ist für nicht medienkompetente Menschen eine sogenannte „Bankrotterklärung“; für alle anderen ist es die Kontaktaufnahme mit einer Schülergruppe, die gerade in einem anderen Teil des Schulgebäudes arbeitet oder der schnelle Austausch mit Kolleginnen über freie Räume, Unterstützung oder Kontakt zum IT-Manager. Und da wären wir wieder beim Anfang: Anpassung ist das Stichwort. Die Welt ist im Wandel, ob uns das gefällt oder nicht. Man kann sich anpassen und die Evolution mitmachen oder es bleiben lassen und verbittern. Aber das entscheide jeder für sich selbst.

Durchdacht

Ich dachte schon, gestern wäre der Hammer gewesen, aber Corona macht’s möglich: Ein Brüller jagt den nächsten. „Unterricht im Freien oder die weitere Reduzierung der Lerngruppengrößen sind zu durchdenken“ – wird der familienpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag von Spiegel Online zitiert. „Durchdenken“ soll danach klingen, dass man in der Bundestagsfraktion der Union richtig schwer über die Zukunft der Schulen in der Pandemie nachdenkt, bedeutet aber in Wirklichkeit nichts anderes als: Wir wollen uns nicht ernsthaft Gedanken machen und erst recht nicht investieren.

Unterricht im Freien! Endlich! Ich sehe es förmlich vor mir: Ein Schulhof voller Pubertiere, kohortenweise brav auf 1,5m Abstand sitzend, während Lehrer mit Megaphonen versuchen, den Straßenlärm und sich gegenseitig zu übertönen. Der Schulträger liefert dazu lastwagenweise Straßenmalkreide vom Discounter, damit der gute alte analoge Frontalunterricht auch nicht zu sehr verkommt. Nun gut, das zarte Pflänzchen WLAN, das seine jungen Blüten gerade erst durch viele Teile des Gebäudes wachsen lässt, wäre dann vollständig unnütz, aber das gute alte Edge, stabiler Standard in fast ganz Deutschland, wird uns schon aus der Misere pauken! Okay, die vom Schulträger gelieferten iPads funktionieren nur mit WLAN, aber da muss man eben mal Verzicht üben. Und da es bekanntlich kein schlechtes Wetter, sondern nur schlechte Kleidung gibt, müssten die Schülerinnen und Schüler vorausschauend alle typisch deutschen Eventualitäten von Kältetod bis grausame Hitze vor dem Schulbesuch „durchdenken“, um mal im Politikersprech zu bleiben. Macht ja nichts, wenn die Kinder bei 40 Grad Hitze oder bei sommerlichen Regenschauern wahlweise draußen braten und / oder frieren, da muss man eben mal agil sein. Vielleicht spendet die lokale CDU gnädigerweise ein paar Einwegregenschirme und Plastiksonnenbrillen? Besonders freue ich mich auf die Windböen, die hin und wieder stoßweise alle Arbeitsblätter und Zettel quer durch die Landschaft verteilen, das wird alle fröhlich stimmen, wenn die Blätter so überraschend lustig über den Schulhof tanzen. Ob die Schülerinnen dann auf dem blanken Boden, Sitzdecken oder auf richtigen Stühlen an richtigen Tischen sitzen sollten, das überlassen wir der Phantasie unserer Abgeordneten. Vielleicht sind ja auch die verrammelten Eiscafes bereit, ihre Außengarnituren zu vermieten, denn das schwere Schulmobiliar jeden Tag rein- und rauszuschleppen… obwohl… das könnte man doch als Sportunterricht „durchdenken“, oder?

Und die Reduzierung der Lerngruppen! Das klingt richtig schön homöopathisch. Einfach verdünnen, dreimal schütteln und zehnmal draufklopfen, zack, fertig ist die coronasichere Lerngruppe. Wie es einer Lehrkraft dann noch gelingen soll, mit einer Klasse Unterricht so zu gestalten, dass alle auf einem gemeinsamen Stand sind und dass die Schülerinnen soziale Kontakte mit ihren Freundinnen und auch mit denen, die man nicht so gern hat, haben, das „durchdenke“ auch mal jemand. Wenn da nur 6-7 Kinder sitzen (womöglich draußen?) und ich für eine Deutschstunde dann vier Stunden brauche, dann möge auch bitte endlich jemand die Fülle des Stoffes und die Sinnhaftigkeit von Zeugnissen in Coronazeiten „durchdenken“.

Ich fänd’s gut, wenn der Bundestag das erst mal erproben würde: Bis zur Bundestagswahl mal alle Sitzungen draußen vorm Reichstag abhalten und ab und an debattierend durch Berliner Parks flanieren. Eine Reduzierung der Abgeordnetenanzahl ist ja schon längst überfällig. Müsste man mal „durchdenken“.

Utopischer Überschuss.

Hatte ich mir immer vorgestellt, dass der Kapitalismus alle Operationen zwecks Optimierung kleine evaluierbare Häppchen zerhackt und es zwecks Vergleichbarkeit und Druckerzeugung in publizierbare Listen presst, so überdreht der chinesische Kommunismus diesen Albtraum schon jetzt – und seine Opfer sind Grundschulkinder. 

Hochgradig verstörend ist dieser Bericht des Wall Street Journals über einen Versuch an Grundschulkindern in Shanghai. Dort wird die Aufmerksamkeitsspanne der Schulkinder mit Elektroden überwacht und direkt an der Stirn der Kinder farbig angezeigt, sodass die LehrerInnen in Echtzeit sehen können, welche Kinder aufmerksam sind und welche nicht. Gleichzeitig werden die Ergebnisse in eine Chatgruppe der Eltern gesendet, welche dann die Scores ihrer Kinder mit denen der anderen vergleichen können. Die Eltern haben anscheinende keine Idee, was mit den erhobenen Daten im Weiteren geschieht und scheinen sich gegenüber dem WSJ auch nicht daran zu stören, wenn diese im Anschluss weiterverarbeitet werden.

Der kurze Bericht des WSJ weist auch auf die Probleme der Kopfbänder hin. Die Messung ist nicht genau, vermutlich wird nicht einmal das gemessen, was man messen möchte. Der soziale Druck kommt trotzdem ganz real bei den Kindern und den Eltern an. Und auch wenn die Technik noch nicht vollständig funktioniert, ist schon das Ziel dieses Versuchs verwerflich. Zweitens finde ich neben dem Vermessen das soziale Unter-Druck-Setzen, das durch die Scores und die Eltern-Chatgruppe erzielt wird, empörend. Aber das durch die permanente Überwachung intendierte Selbstbild scheint ja bei den arglosen (oder nur öffentlich zurückhaltenden?) Eltern schon zu greifen.

Wird so etwas bei uns kommen? Wer weiß. Dankbare Empfänger einer solchen Überwachungstechnik (Deckmantel „selbstgesteuertes“ oder „algorithmisches Lernen“) wird es auch bei uns geben. Persönlich bin ich ganz bei @schb:

https://twitter.com/schb/status/1180836729487581185

Praxissemester.

Ich weiß noch, wie es als Referendar war, wenn KollegInnen meiner Ausbildungsschule kopfschüttelnd an unserem Referendarstisch vorbeigingen und sich gegenseitig bestätigten, dass es ja nahezu unmöglich sei, sich all die neuen Namen und Gesichter zu merken.

Mittlerweile geht es mir ganz ähnlich. Nun gut, meine Schule ist doppelt so groß wie meine Ausbildungsschule und die Bedingungen haben sich mittlerweile stark verändert. Referendare sind nur noch anderthalb Jahre in der Ausbildung und wir haben stattdessen gefühlt zwanzig verschiedene Sorten Praktikanten zusätzlich an unserer Schule. Manche kommen nur für wenige Wochen und absolvieren so eine Art Schnupperpraktikum, andere hingegen machen ein Praxissemester und absolvieren teilweise Unterricht oder beobachten, ausgerüstet mit allerlei Fragebögen, den Unterricht. Ich schätze mal, dass es übers ganze Schuljahr über zwanzig Menschen sind, die mal zwischendurch bei uns durchs Lehrerzimmer huschen, und die Unterscheidung von Referendaren, Praxissemestern und Praktikanten, die nur kurz da sind, wird immer schwieriger. Mittlerweile ignoriere ich Neuankömmlinge auch, solange sie mich nicht betreffen, und merke mir keine Namen zu den vielen Gesichtern.

Heute aber hat mir ein Artikel in einem FAZ-Blog doch einen schönen Einblick in das Leben eines Praxissemesters verschafft. Finde ich sehr lesenswert.

Das eigene Tempo

Der Unterricht der Zukunft“ lautet der Titel eines aktuellen FAZ-Artikels, in welchem die Autorin die potentiellen Segnungen des digitalen Unterrichts beschreibt. Im Kern wiederholt sie die alte Leier vom Lehrer, der als „Kurator“ seinen Schülerinnen beisteht. In Deutschland lerne man ja noch „im Akkord“ und „gleichgeschaltet“. Ich spare mir jetzt böse Anmerkungen zu den in Anführungszeichen markierten Begriffen und bleibe beim Thema „eigenes Tempo“.

Habe gerade eine Reihe hinter mir, in der ich als „Kurator“ für Wortarten tätig war und die Schülerinnen überwiegend im eigenen Tempo habe lernen und üben lassen. Mit Checklisten, Selbstüberprüfung und abgestuften Aufgabentypen und eigenem Tempo, aber auch mit instruktiven Phasen. Zugute kommt diese Arbeitsweise jedoch eher den Schülerinnen, die sowieso schon in der Lage sind, eigenständig zu arbeiten, schulischen Ehrgeiz zeigen, darüber hinaus den Mut haben, Fragen zu stellen und die zügig arbeiten können. Allen anderen fällt das „eigene Tempo“ eher auf die Füße als dass es hilft, solange wir alle bis zu einem Zeitpunkt X alle Klassenarbeiten geschrieben haben müssen. Denn bei der Zeugniskonferenz akzeptiert niemand, wenn ich sage, dass leider die Noten von zehn Schülerinnen noch fehlen, weil sie noch in Ruhe die Zeitformen des Verbs erarbeiten wollen oder weil eine Schülerin extrem getrödelt hat. Mit Deadlines zur Leistungsüberprüfung bleibt „Lernen im eigenen Tempo“ eine Farce.

Oder wie löst ihr das?

Protest am Gymnasium Brake

Aus aktuellem Anlass (und weil es nicht als flüchtiger Twitter-Link verkommen soll): Ein Link zu Edition Flints Beitrag zu einem Vorfall in Niedersachsen, bei dem sich das niedersächsische Kultusministerium nicht mit Ruhm bekleckert. Es geht um einen Besuch der Kultusministerin in einer Gesamtschule in Brake, den die Schüler des benachbarten Gymnasiums nutzten, um ihren Protest gegen die das Gymnasium abwertende Politik des Kultusministeriums kundzutun.

Statt „Hallo, liebe Frau Ministerin“, schreien Frauke Heiligenstadt (SPD) 1000 Gymnasiasten ihren Nachnamen entgegen, gefolgt von „wir haben’s satt“. Reimt sich schön, hört sich für die Ministerinnenohren aber offenbar nicht so schön an. (NWZ)

Das Braker Gymnasium stellte im Weiteren den im Kontext des Protests entstandenen Zeitungsartikel, wie es an der Schule üblich zu sein scheint, online und bekam prompt einen Maulkorb nebst eines „Disziplinar-Gespräches“ für die Schulleitung verpasst, wie man im Folgeartikel der NWZ lesen kann.

Was bleibt: Streisand

Hätte sich niemand um den auf der Schulhomepage online gestellten Zeitungsartikel gekümmert, würde ich heute nicht darüber schreiben, doch mittlerweile haben sowohl diverse Blogger als auch niedersächsische Medien das Thema aufgegriffen (Flint fasst zusammen) und man sieht sich in der Verantwortung, Klarstellungen zu veröffentlichen. Streisand eben.

Und bei allem Ärger über die unsensibel handelnde Landesschulbehörde: Ist doch irgendwie schön, dass die Schüler mit ihrem Protest etwas bewegt haben und dass ein paar übereifrige Beamte nun gehörig ins Schwitzen geraten.

Verschulung, Äpfel und informatische Bildung

Mehr Schule wagen

Auf der Website der Zeit findet sich heute ein Kommentar unter dem Titel „Verschulung? Ja bitte!“, in welchem der Autor Volker Meyer-Guckel dafür plädiert, den Begriff „Schule“ nicht negativ zu besetzen, sondern seine positiven Aspekte für die Universität stark zu machen. Folgt man ihm, so müsste die Universität eine komplette Wende zur Schule hinlegen, denn Meyer-Guckel plädiert für:

  • die Einführung fester Curricula
  • eine Fokussierung auf die Lernziele der Studenten
  • die Anpassung der (Hochschul)-Didaktik
  • eine stärkere Berücksichtigung heterogener Lerngruppen

Weiterhin stellt er fest, dass sich „seit einigen Jahren […] Schule und Schulforschung verstärkt darum [bemühen], herauszufinden, was Schüler wirklich gelernt haben, nicht nur durch punktuelles Prüfen in Klassenarbeiten, sondern nach besseren, objektivierbaren Maßstäben, die sich durch Vergleichsarbeiten oder Lernfortschrittserhebungen ermitteln lassen“.

Oha. Das klingt verdächtig, als wünschte sich jemand Vergleichsarbeiten für Studenten. Mehr Verschulung an den Unis? Blödsinn! Mein Gegenvorschlag: Verlängert die Oberstufe um drei Jahre und zahlt mir ein Professorengehalt. Ich wäre dabei… und die Profs dürften brav forschen. 😀

Apfeluhr

Und während die ersten Apfeluhren ausgeliefert werden, warte ich gespannt auf den Moment, in welchem der Erste auf Twitter verkündet, seine Schulhomepage apfeluhrtauglich gemacht zu haben. Die großen Onlineauftritte von Spiegel&Co. sind ja schon vorgeprescht, da kann es nun nicht mehr lange dauern, bis die ersten Webmaster ihre Seiten uhrenfest machen oder bis Google uhrenuntaugliche Seiten herabrankt, wie es das gerade mit nicht „mobile-friendly“ Seiten macht.

Informatische Bildung

Und bei den Stichworten „mobile friendly“, Google oder AppleWatch ist man doch auch gleich beim Thema „Medienkompetenz“ oder „Informatik“ – zumindest auf Twitter streiten die Parteien ja gerne lautstark (und mit nervtötender Penetranz) darum, ob man ein Pflichtfach Informatik einrichten sollte. Der aktuelle SWR Wissen-Podcast mit dem Titel „Schulfach Programmieren“ dreht sich genau darum. Warum wir in den Schulen mehr informatische Bildung über die Wisch-Kompetenz hinaus benötigen, kann man sich da anhören. Ob man dafür ein „Pflichtfach Informatik“ braucht, das sei dahingestellt (aber meine Skepsis mag nicht zuletzt an der nervtötenden Repetition einiger Nervensägen auf Twitter liegen).

Heute, 21.45 Uhr, Günther Jauch

Werde heute seit Ewigkeiten mal wieder „Günther Jauch“ zum Thema „Mit Down-Syndrom aufs Gymnasium – freie Schulwahl für behinderte Kinder“ einschalten. „Halbtagsblogger“ Jan-Martin Klinge wird dort seine Sichtweise zum Thema Inklusion darbieten und ich freue mich darauf, ihn mal „in echt“ zu sehen. (Auch wenn ich bei dem Thema vermutlich wie ein HB-Männchen vor dem Fernseher auf- und niederspringen werde…)

Edel-Rechner

Wie Heise berichtet, gibt es wohl gerade „Streit um Edel-Rechner für NRW-Mathe-Unterricht“. Meine erste Vermutung, dass alle Schüler sich ab dem neuen Halbjahr den neuen Mac Pro auf den Rücken schnallen müssen, bestätigte sich leider nicht, stattdessen beschweren sich einige Eltern über einen 80€ teuren Taschenrechner. Warum nicht für 20€ mehr ein Tablet genommen hätte. Also, ich bin mir sicher, es findet sich mittlerweile auch ein Tablet für unter 80€.

Habe letztens das seltene Vergnügen einer Mathe-Klausuraufsicht gehabt. Die Schüler an meiner Schule haben auch grafikfähige „Edel-Rechner“. Das Erste, was der Kollege vor dem Austeilen der Arbeitsblätter sagte, war etwas wie:„Und jetzt resettet den Speicher eurer [Edel-Rechner]!“, gefolgt von einem allgemeinen Seufzen. Offensichtlich hätte man mit dem Inhalt des Speichers wundervoll schummeln können.

Wie schön das wäre, hätte man ein Billig-Tablet, das man nicht resetten kann, wo man evtl. sogar chatten kann oder sich durch Mathe-Foren wühlen kann. Aber was, wenn der Technikschrott dann abstürzt, der Akku arg nachlässt und die Geschwindigkeit… sollte man dann nicht gleich ein „Edel-Tablet“ kaufen?

Und wer einmal sehen will, wie das aussieht, wenn Schulen medienwirksam „Edel-Tablets“ in Prüfungssituationen einsetzen, dann sollte man sich unbedingt den Vortrag von Jöran Muuß-Merholz auf dem letzten CCC-Kongress anschauen. Sehr amüsant, was man da alles mit den Edel-Tablets macht!

(Nebenbei: Ich hatte nie einen grafikfähigen „Edel-Rechner“ und der Gebrauch einer Formelsammlung während Klausuren war gewiss unter Todesstrafe gestellt.)

Zur Bezahlung von Lehrern und falsche Lehrer in Kollegien

Heute zwei sehr lesenswerte Links:

Bezahlung von Lehrern

Als Erstes zu einem Artikel in der Süddeutschen Zeitung mit dem Titel Bezahlung von Lehrern – Lohn der Leistung, in welchem der Lehrer Arne Ulbricht erklärt, warum er für eine leistungsbezogene Bezahlung von Lehrern ist. Besonders lesenswert ist der Kommentar, weil Ulbricht erklärt, wie er sich eine leistungsbezogene Bezahlung vorstellt und warum er dann eher weniger verdienen würde. Zum Thema auch mal bei Herrn Rau vorbeischauen und die 134 Kommentare lesen…

Lehrer loswerden

Der zweite Link führt zu einem Interview der Berliner Zeitung (via Lisa Rosa) mit einem Berliner Schulleiter, der deutlich fordert, ungeeignete Lehrkräfte ziemlich schnell loszuwerden:

 Aber es kann auch am Unterricht des Lehrers liegen, der nicht funktioniert. Gerade vergangenes Schuljahr wollte ich deshalb mehrere Kollegen loswerden. Aber das geht nicht so einfach.