Von der Mühe des Eichhörnchens

Ein Desaster. Von wegen „kollaborativ“ arbeiten. Gelöschte Ergebnisse, stattdessen ist dummes Zeug dazwischen geschrieben. Um mich herum verzweifelte Schülergesichter und der oder die Täter nicht mehr aufzuspüren, obwohl er oder sie mit Unschuldsmiene nur zwei Meter von mir entfernt sitzen muss. Das war mein erster und letzter Versuch, die SuS Arbeitsergebnisse per Google Docs präsentieren zu lassen. Blamabel. Nicht mit einer Silbe bloggenswürdig. Und alleine die Zeit, die dafür aufgewendet worden war. Ich schweige lieber.

Ein Jahr später. Heute. Ein Teil der besagten Gruppe sitzt in meinem Diff-Kurs und versucht, den Weg zur amerikanischen Unabhängigkeit in einer Sonderausgabe einer fiktiven Zeitung darzustellen. Einige setzen auf rein handschriftliche Ergebnisse, andere brauchen noch Zeit im „Luiz“ (Lern- und – Informationszentrum), um ihre Texte dort am Computer zu schreiben. Und während ich im Laufe der Stunde zwischen zwei Räumen pendelnd an schon in der Vorstufe wunderschönen Plakaten vorbeikomme, sehe ich: Meine Schüler aus dem letzten Jahr, die gemeinsam an einem Dokument arbeiten – per Google Docs! „Damit haben wir schon gestern zu Hause angefangen, geht doch so viel einfacher.“

Stärke erkennen

Durcheinander im Klassenraum einer Mittelstufenklasse. Berufsvorbereitung. Zum Glück nur eine kleine Gruppe, knapp zwanzig Schülerinnen und Schüler bewegen sich kreuz und quer durch den Raum, um sich gegenseitig ihre Stärken zu dokumentieren. Die Mädchen stellen den Großteil der Gruppe, kaum eine lässt die Zettel der anderen unbeachtet, überall wird ernsthaft und fleißig notiert. Bei den Jungs sieht das etwas anders aus, einige attestieren sich große Fähigkeiten bei Burger King und Co. – aber da greife ich nicht ein, das ginge am Ziel vorbei. Ich halte mich zurück, denn was die Schüler sich gegenseitig notieren, geht mich genau genommen gar nichts an. Sie sollen möglichst auch Stärken zurückgemeldet bekommen, die mit dem normalen Schulalltag nichts zu tun haben, und dass ein wenig peer-group-bezogenes Schulterklopfen dabei ist: geschenkt.

Und während so fleißig geschrieben wird, beobachte ich, dass auf einem Zettel fast noch gar nichts steht. Im Vergleich mit den anderen stehen dort nur wenige Punkte, und ich bin mir sicher, dass die Schülerin mehr als enttäuscht sein wird, wenn sie zu ihrem Platz zurückkehrt. Dabei ist die Arbeitsphase bald vorbei. Eine Schülerin kommt, betrachtet den Zettel, geht weiter. Eine weitere spaziert mit gezücktem Stift am Tisch vorbei, verdreht lesend den Kopf, geht weiter. Ein Schüler. Nichts.

Ich kündige die letzte Minute an und die kleine Menschenmenge räumt sich. Einige sitzen schon auf ihren Plätzen, andere schreiben noch schnell zu Ende. Und dann kommt F., eine ganz ruhige, erfasst mit einem schnellen Blick das Problem und notiert in Sekundenschnelle drei weitere Stärken auf dem zu leeren Blatt Papier.

Allein in dieser einen Handlung steckten so viele Stärken, dass es mich schier umgehauen hat.

Ein neues Schuljahr

Drei Tage Unterricht in NRW – und schon wundere ich mich wieder, wie all das geschafft werden soll und woher so mancher seine Zeit für all die Camps (OERCamp Köln, EduCamp Hattingen) hernimmt, wenn er nebenbei noch korrigieren, unterrichten, Nebenprojekte betreuen, sich offiziell fortbilden und zwischendurch noch seine Familie (Freunde?) sehen will. Ich bin immer schwer beeindruckt von dem Einsatz, den manche an den Tag legen. Ich schaffe das nicht, der normale Alltag hat mich jetzt schon wieder voll im Griff.

Sechs Korrekturgruppen erwarten mich im neuen Schuljahr, das ist mein persönlicher Rekord, gleichwohl ich einzelne Kollegen kenne, die schon sieben Korrekturen hatten. Natürlich kommt es auch noch darauf an, wieviel die jeweiligen Gruppen durchschnittlich schreiben, wie groß die Gruppen sind und wieviele schriftliche Arbeiten pro Halbjahr geschrieben werden, dann relativiert sich die Zahl der Korrekturen rasch. Mein Differenzierungs-Kurs schreibt zum Beispiel nur eine Klassenarbeit pro Halbjahr und besteht nur aus 18 Personen, das ist natürlich nicht vergleichbar mit einem Deutsch-LK, der nicht selten auch mal 30 Personen fasst. Klappt schon.

Dieses Jahr liegt mein unterrichtlicher Schwerpunkt deutlich in Geschichte. Ein Diff-Kurs, eine AG, zwei EF- und ein Q1-Kurs sollen versorgt werden. Die Änderung der Lehrpläne für die Einführungsphase (früher Klasse 11) verlangt nun einen diachronen Durchgang durch die Geschichte, was mich persönlich sehr freut. Als erstes Thema steht „Erfahrung mit Fremdsein“ auf dem Plan und wir schauen dann von der Antike bis in die jünste Geschichte, wie sich die Auseinandersetzung mit Fremden und eigener Fremdheit ausgewirkt und entwickelt hat. Themenfelder Römer / Germanen; Asien / Europa; Arbeitsmigration im Ruhrgebiet. Endlich einmal nicht chronologisch arbeiten zu müssen, das finde ich klasse!

Auch sonst stellen sich neue Herausforderungen, aber dazu vielleicht später einmal. Das Jahr startet jedenfalls gut, die Gruppen machen einen rundum motivierten Eindruck und ich bin gespannt, wohin das neue Schuljahr führen wird.

Jungenprobleme

Und da dreht er sich schnell weg, fast zur Wand. Nur weit weg vom werbenden Lehrer, der Talente für einen Schreibwettbewerb zusammensucht. Nee, man habe keine Lust, sagte er, seinen Klassenkameraden fast schon mit Genugtuung angrienend. Dabei will er nur nicht noch mehr Streber sein, zu viele gute Noten haben schon ihr schädliches Werk verrichtet. Seinen Ruf will er sich nicht noch mehr versauen. Er könnt’s allerdings genauso gut wie die junge Dame neben ihm, die mir dann voller Vorfreude folgt.

Schwierigkeit

Und dann war da noch der Kollege, der seinen Schülern im GK empfahl, lieber Mathe statt Geschichte zu wählen. Geschichte sei viel schwerer.

Korrekturerlebnis

Manchmal möchte man beim Korrigieren von Klassenarbeiten den Kopf platt auf den Tisch hauen. Da zählt ein SuS wesentliche Merkmale einer bestimmten Textsorte auf, und begründet dann explizit, dass der vorliegende Text trotz des Vorliegens aller Merkmale eine andere Textsorte sei. Naarg…

Mit schlechten Schülerergebnissen arbeiten

Du hast eine Aufgabe mit nach Hause genommen und willst an den Schülerergebnissen typische Fehler thematisieren ohne dabei jemanden bloßzustellen?

Nimm dir die beste Arbeit, baue dort verschiedene Fehler der schlechteren Arbeiten ein und weise nach der Besprechung darauf hin, dass die eigentliche Vorlage sogar die beste war. Einer wird mächtig stolz auf sich sein, während der Rest auch gesehen hat, wie wenige Fehler eine gute Arbeit in eine schlechte verändern können. Und niemand fühlt sich vorgeführt.

Laubsäge, Sperrholz und Schablone

Und dann hüpfte der elfjährige Junge vor Freude juchzend über den Rasen des kleinen Fußballplatzes. Sein in mehrstündiger Arbeit erstellter Bumerang hatte gerade eine vollständige Schleife vollzogen und war unbeschädigt auf dem feuchten Rasen gelandet. Ein strahlendes Gesicht, voller Freude über das gelungene Werk.

Das wiederholt sich. Meine Steinzeit-AG beginnt, bevor es an die Projekte geht, eher informativ. Zwar spielerisch, aber eben doch informativ mit Texten und kleinen Wettbewerben. Das reicht aber nicht, einige Jungs zeigen dann deutlich, dass sie keine Lust auf so etwas haben, und oft brauche ich nicht einmal bei den Kollegen nachzufragen, um zu erfahren, dass das im vormittäglichen Unterricht ganz ähnlich aussieht.

Und dann kommt die Projektphase. Laubsäge, Sperrholz und eine Schablone genügen, um aus unruhestiftenden Querulanten konzentrierte Fleißarbeiter werden zu lassen. Da sitzen dann die, deren Namen schon jeder kennt, und achten darauf, peinlichst genau auszusägen, abzuschleifen und auszugestalten. Da werden plötzlich die zu Helfern, die sonst alle von sich stoßen. Da sind auf einmal die die Schnellsten, die sonst aus Lustlosigkeit nie mit ihrer Arbeit anfangen.

Ob er den Bumerang noch ein wenig ausprobieren dürfe? Die Sonne scheint, die Schulgarten-AG ist nur fünf Meter entfernt. Kein Problem. Später in der Klasse wird dann ganz schön aufgetrumpft. Hat er sich verdient.

Endlich einmal England

Paul McCartney gibt am 18.10.2013 ein “impromptu concert (…) during the lunchtime rush” (BBC) im Londoner Stadtteil Covent Garden. Hätte er seinen Gig einen Tag vorher angesetzt, hätten wir sehr gute Chancen gehabt, ihn dort zu erleben – freitags jedoch befanden wir uns schon auf der Heimreise von einer eindrucksreichen Kursfahrt.

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Die Steinzeit-AG

Steinzeit, Steinzeit und kein Ende. Nun aber zurück in die Schule: Wie kann Steinzeit im Unterricht lebendig werden, wie kann man den gängigen Vorurteilen begegnen?

Steinzeit im Unterricht

Eine Möglichkeit im Kontext magerer Geschichtsstunden bietet eine Steinzeit-AG, die sich ausschließlich dem Thema Steinzeit widmet und dort verschiedene Zugänge zu selbiger ermöglicht. Im Rahmen einer AG bietet sich besonders ein handlungsorientiert-experimenteller Zugang zur Steinzeit an. Wer dazu Tipps und Vorschläge braucht, der sollte sich unbedingt das Heft „Komm mit in die Steinzeit“ aus dem Hase-und-Igel-Verlag anschaffen, wo sich auch viele der im Folgenden genannten Vorschläge wiederfinden. Auch das noch nicht allzu alte Heft „Ur- und Frühgeschichte“ bietet viele schöne Ideen!

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