Ohne magischen Spiegel

[captionpix imgsrc=“http://www.kreidefressen.de/wp-content/uploads/2012/02/iPad-150×150.jpg“ alt=““ width=“150″ height=“150″]Der magische Spiegel. Haptischer Fingerzauber. Oh heilsbringende, unerklärliche Technologie. It’s a kind of magic.

Meine Feststellung im heutigen Unterricht war, dass in besonderen Fällen auch aller Zauber nicht hilft. Wir hatten es heute  eher haptisch: Die Schüler haben aus einzelnen, unverbundenen Worten, die sie als Papierschnipsel vorliegen hatten, einen sinnvollen Satz zusammengestellt und durch die unterschiedlichen Ergebnisse und das eigene Verschieben zusammenhängenden Einheiten das Satzglied und die Umstellprobe kennengelernt. Ist ein bekanntes Verfahren im Deutschunterricht und funktioniert in der Regel gut. Die Schüler legen wirklich mit Eifer ihre Sätze (Was kommt wohl dabei heraus?), vergleichen auf Folie ihre Ergebnisse und kommen zum Ergebnis, dass alle Sätze den gleichen Inhalt transportieren, aber trotzdem unterschiedlich gebaut sind. Offensichtlich gehören gewisse Wörter eines Satzes zusammen und bilden ein – den Begriff kennen manche Schüler schon aus der Grundschule – Satzglied. Und das Verschieben und Erkennen von Satzgliedern üben wir dann. (Sorry vorab, kein inverted classroom, kein LdL und nicht mal Internet irgendwie dabei… ich habe mich sogar beim Sprechen erwischt…)

Während der anschließenden Übung meldete sich dann ein verzweifelt dreinblickender junger Mann. Er hätte das alles nicht verstanden. Ein Blick ins Heft zeigte, dass alles gut aussah. Ich hockte mich dann neben ihn und führte die Übung gemeinsam mit ihm durch. Schritt für Schritt, ihm bei jedem seiner vielen unsicheren und hektischen „Ähhh… nein, doch nicht…“ klarmachend, dass er doch! ja! genauso! weitermachen soll. Keine magische Zauberkiste hätte ihm spiegeln können, dass er von vornherein schon alles verstanden hatte und nur sich selbst unsicher war. Ich werde jetzt vermehrt ein Auge auf ihn haben, um ihm Sicherheit bieten zu können.

Hätte ihm eine automatisierte Rückmeldung (Meldung „Prima!“, Farbe: grün) des magischen Spiegels auch geholfen?

Fachdidaktik Einecke

Sagt mal, kann es sein, dass ich noch nicht ein einziges Mal, seit dieses Blog existiert, auf Fachdidaktik Einecke verwiesen habe? Was für ein sträflicher Fehler! Und er sei hiermit abgegolten. Was soll ich groß sagen, die Seite ist schlichtweg nützlich, ein endloser Steinbruch fachdidaktischer Ideen, Ansätze und Beispiele für das Fach Deutsch.

Leselust?

„Wer liest denn hier historische Romane?“, fragt die Lehrerin den GK Deutsch. Hände habe ich keine gesehen, nur ein verschämtes „Jaaaa… doooch…“ aus der hinteren linken Ecke gehört. Öhm!? Nicht mal Ken Follett? 😯

Aber: Würde ich heute viele Romane lesen, wenn ich mit dem Internet aufgewachsen wäre? Hmm…

Szenisches Interpretieren

Der erste Referendar hat das Handtuch geworfen. Das ist schon ein bisschen komisch, wenn Mitreferendare erzählen, dass sie Klassen oder Kurse wechseln mussten oder gar ganz abbrechen.

Im Deutsch-Seminar haben wir gestern das sechste Bild aus Brechts „Leben des Galilei“ szenisch interpretiert. Szenische Interpretation an sich kannte ich schon als Methode, um Schülern dramatische Texte leichter erschließbar zu machen, aber die Mitreferendarin, die das Ganze leitete, hatte eine (für mich zumindest) Neuerung eingebaut: Die Stopp-Phase. Wie funktioniert das?

Man stelle sich vor, Hokey interpretiert wegen einer Erkältung wütend-gebrechlich den alten Kardinal, stößt eine unverhohlene Todesdrohung gegen Galilei aus und will sich gerade zum finalen Zusammenbruch hinspielen, als es trocken aus der Ecke der Moderatorin „Stopp!“ heißt. Und dann: „Galilei, was denkst Du gerade?“ Und dann musste der verblüffte Galilei, gleichwohl er kein Wort gesprochen hatte, seine Position in diesem Moment überdenken und offenlegen.

Es ist also szenisches Interpretieren mit, wenn man es so nennen möchte, Figureninterviews, in denen der Gefragte mehr über die Figur preisgeben muss, als es der reine Text hergibt. Die Schüler leisten in diesem Moment also eine Interpretation, die ihnen durch die Zuhilfenahme des Spielens, der Mimik, Gestik und der Prosodie um ein Vielfaches erleichtert wird. Das dürfte besonders denen helfen, die Schwierigkeiten damit haben, den puren Text mit Leben zu füllen. Mich hat diese Methode gestern begeistert und ich werde sie bei der nächsten Gelegenheit gleich einmal ausprobieren.

In diesem Zusammenhang haben wir auch zwei Literaturtipps bekommen. Einmal „Szenische Interpretation“ von Ingo Scheller und weiterhin „Produktiver Umgang mit dem Drama“ von Günter Waldmann, das erfahreneren Kollegen bekannt sein solle, wie unser Fachleiter meinte.