Schockierend: Neuntklässler lösen Abituraufgabe

Die Überschrift dieses Beitrags verkauft man uns heute in der FAZ als Schocker. Das kann nicht, das darf nicht sein, dass Neuntklässler Abituraufgaben lösen.

Der Autor des Beitrags, der Präsident der Gesellschaft für Didaktik der Biowissenschaften Hans Peter Klein, beschreibt in seinem Artikel den Werdegang der Lehrpläne und die Entwicklung weg von der Anhäufung von Wissen hin zu einer Kompetenzorientierung. Damit einher gehe eine „Schwächung der Inhalte der Fächer“ und der „Siegeszug des Präsentierens“. Das Methodenlernen sei „weitgehend abgekoppelt von den spezifischen Fachmethoden“ und Präsentationen seien nur dann gut, wenn „wenn multimedial ansprechend Informationen vorgestellt werden, während die Qualität der Information und die Sachkompetenz (…) in den Hintergrund treten“.

Die Mär von der Sachentfremdung
Da blinkt der blanke Elfenbeinturm. Der Herr Professor sollte vielleicht mal wieder Unterricht besuchen, statt darüber zu schreiben. Eine Präsentation ohne Sachkenntnis ist schlichtweg nicht vorstellbar und ich kenne keinen Kollegen (nein, auch nicht die verdorbenen jungen), der nicht bei Präsentationen u.Ä. auf Sachkenntnis sehr hohen Wert legt. Mein erstes „Referat“ habe ich in Jahrgangsstufe 12 halten dürfen („dürfen“, weil es das bei uns einfach nicht gab, dass Schüler vorne präsentierten!). Wenn ich dagegen meine Neuner sehe, dann stehen viele von denen regelrecht  souverän vor ihrer Klasse, gestalten Präsentationen sinnvoll mit Einstieg, Gliederung und Nennung der Quellen (Wissenschaftspropädeutik, Herr Professor) und bieten fundiertes Sachwissen zu einem Sachthema des Deutschunterrichts. Und wer letzteres nicht bieten kann, der wird in der Rückmelderunde regelrecht vorgeführt – nicht vom Lehrer, sondern von seinen Mitschülern, die konstruktiv aber hart jede Lücke aufzeigen, die der Präsentierende zu bieten hat. Das läuft bei uns nicht anders, als in den wissenschaftlichen Kolloquien auch. Und dank der Übung wissen die jungen Leute, worauf sie achten müssen. Mit Verlaub: Dass Powerpoint-Effekte an deutschen Schulen für gute Zensuren ausreichen, kann nur da noch als Mär erzählt werden, wo niemand sich ernsthaft mit Unterricht auseinandersetzt.

Punkteraster
Viel interessanter wird es im zweiten Teil des Artikels: Der Autor verspricht ein Experiment, „das die Reform entzaubern kann“. Er hat dazu Neuntklässlern eines Gymnasiums Leistungskurs-Abituraufgaben vorgelegt und zwar sowohl Aufgaben von der Zeit vor und nach der Einführung des Zentralabiturs. Das Ergebnis überrascht auf den ersten Blick: 23 von 27 Schülern bewältigten die Zentralabituraufgabe, 5 sogar mit „befriedigend“, 3 mit „gut“ und ein Schüler mit „sehr gut“. Die alte Abituraufgabe hingegen überforderte die Schüler „hoffnungslos“.

Leider geht der Autor auf die Aufgaben selber nicht genauer ein und auch die von ihm angeführte Website bringt keine Klarheit. Denn einige Erkenntnisse teile ich durchaus, z.B. den Eindruck, dass die Inhaltswiedergabe zu stark bepunktet wird oder dass, bei Zunahme von Zensuren im Bereich „gut“ und „befriedigend“, es sehr schwer wird, Einsen zu vergeben, weil kaum ein Schüler alle Punkte der Erwartungshorizonte abdecken kann, weshalb ich, soweit möglich, auf scheinobjektive Bewertungsbögen verzichte.

Jedoch zieht Klein die Zentralabituraufgabe unnötig ins Lächerliche, wenn er ihren Erwartungshorizont auseinanderzunehmen versucht, und dabei offensichtlich nur auf den reproduktiven Teil der Aufgabenstellung eingeht und diesen polemisch für das Ganze setzt. Im Gegenzug verzichtet er jedoch darauf, die Aufgabenstellung, Erwartungen oder (wenigstens!) das Thema der Abituraufgabe nach altem Muster zu nennen. So verwehrt er dem Leser die Möglichkeit eines Vergleichs und sein Artikel wirkt darum wenig wissenschaftlich objektiv vergleichend, denn mehr wie eine subjektiv-tendenziöse Aburteilung der aktuellen Schulentwicklung.

Dabei ist das Ergebnis des Experiments wenig überraschend. So mögen abituraufgabenlösende Neuntklässler einen Teil der konservative Leserschaft der FAZ möglicherweise schocken. Lehrer, für die „Neuntklässler“ keine abstrakte Kategorie sind, die wissen, was konkrete, lebendige Neuntklässler auf dem Kasten haben können, freuen sich über solche Schüler. Aber auch Herr Klein sollte sich nicht allzu sehr wundern. Schon gar nicht, wenn man bedenkt, dass Projekte wie „Studieren ab 16“ schon seit einigen Jahren an manchen Universitäten etabliert sind.

Ganztagsplatt

Sorry, Leute, ich habe schon lange nichts mehr geschrieben und schaue neidvoll hinüber ins Lehrerzimmer, wo ein schöner Beitrag sich an den nächsten reiht. Irgendwie ist gerade die Luft raus, eigentlich falle ich nach der Schule auf die Couch, um dann irgendwann gegen Abend wieder loszulegen, um dann direkt ins Bett zu fallen. Folgen der gebundenen Ganztagsschule, die sehr zeit- und kräfteraubend ist.

Und nicht nur die Lehrer, besonders die Schüler lassen Kräfte und büßen an Lebensqualität ein. „Qualitätszeit“ nennt die Supernanny das – die fehlt. Bernhard Bueb beschrieb das Dilemma gestern in der Zeit punktgenau in einer Antwort auf Gabriele Behler:

Denn Bildung sollte immer auch Persönlichkeitsbildung sein, mit dieser Botschaft sind die Reformpädagogen bereits Anfang des 20. Jahrhunderts gegen die Verschulung des Lernens im Kaiserreich angetreten. Diese Verschulung wurde mit dem G8 neu entdeckt und auf den ganzen Tag ausgedehnt, die Ganztagsschule wurde in ihrer schlechtesten Form, nämlich den ganzen Tag Schule, eingeführt. »Die Schule wird dann allumfassend« – dieser Vorwurf von Frau Behler schlägt auf sie selbst zurück. Die Ganztagsschule brauchen wir zwar dringend in Deutschland, aber entschult. Kinder leiden heute unter einem Mangel an gestalteten Gemeinschaften, Lehrer haben in unseren Halbtagsschulen zu wenig Zeit für die »Charakterbildung«, und eine Rolle im Wilhelm Tell zu spielen gilt nicht als ernst zu nehmende intellektuelle Leistung gegenüber der Belehrung über Wilhelm Tell. Darunter leiden vor allem Kinder aus sozial schwachen Schichten. (Zeit)

Recht hat er! Schule bis zum Umfallen mit Lehrplänen, die – dank G8 – vollgestopfter sind denn je. Das kann’s nicht sein. Meine Tochter hat sehr viel mehr „Qualitätszeit“, seit wir sie aus dem Ganztag herausgenommen haben. Und ich werde den Teufel tun und sie irgendwann wieder in eine Ganztagsschule stecken.

Uni-Vorurteile: Lehrer bekommen schlechtere Studien!

Ich scrolle mich durch Spiegel-Online. Ein reißerischer Titel verlockt: „Grundschullehrer-Vorurteile. Kevins bekommen schlechtere Noten„. Davon habe ich zwar schon einmal irgendwo gelesen, aber eine alte Studie über die Vorurteile von Lehrern bezüglich der Namen ihrer Schüler soll durch eine taufrische neue Studie untermauert werden:

Offenbar haben Grundschullehrer nicht nur Vorurteile gegen bestimmte Vornamen, was eine vorangegangene Studie schon im vergangenen Sommer zeigte. Offenbar haben diese Vorurteile auch Einfluss auf die Notengebung, zumindest bei Jungen. (Spon)

Ah, wunderbar! Erfrischend diese Dramaturgie! Nicht nur, dass die fiesen Grundschullehrer vom vergangenen Sommer bis jetzt nichts dazugelernt haben, nein, noch schlimmer, sie benachteiligen darüber hinaus auch noch die sowieso schon vom Bildungssystem gebeutelten Jungen! Nieder mit den Grundschullehrern… oder? Ähm… vielleicht doch nicht?

Zumindest so richtig dramatisch scheint das Ergebnis der Studie nicht auszufallen, auch wenn man sich alle Mühe gibt, es so darzustellen:

Hängen die Noten auch von den Vornamen ab, wie die betreuende Professorin Astrid Kaiser damals warnte?

Die Nachfolgestudie legt das jetzt zumindest nahe. Allerdings sei der Zusammenhang weniger deutlich als befürchtet, sagt Kaiser. So zeige die neue Untersuchung vor allem, wie subjektiv es bei der Bewertung von Schülerleistungen generell zugehe, unabhängig vom Vornamen. Doch durch den Namen würden die Ergebnisse „noch zusätzlich modifiziert“, so Kaiser. (ebd.)

Huiuiui. „Zusätzlich modifiziert“ – das klingt gefährlich nach: „Das können wir schlecht belegen.“ Besonders dünne wird’s, wenn man sich das Vorgehen der Studie anschaut: Die gescholtenen Lehrer sollten online Schülerarbeiten durchsehen und diese bewerten. Dabei wurden verschiedene als kritisch empfundene Namen unter jeweils dieselben  Arbeiten gesetzt, um zu erfahren, ob die Lehrer Chantals schlechter benoten als Katharinas.

Klick-Klick-Studie
So läuft das halt im Internetzeitalter. Schnell mit Grafstat einen Fragebogen entworfen, schnell mit einem Bildbearbeitungsprogramm Namen unter Arbeiten ausgetauscht, schnell mal Klick-Klick gemacht und schon hat man eine belastbare Studie. Dass der Arbeitsalltag von Lehrern anders aussieht, blenden sowohl die betreuende Professorin und selber ehemalige Grundschullehrerin als auch der Autor des Artikels netterweise aus. Dass ich mit jedem Kevin, jeder Chantal, jeder Katharina und jedem Maximilian ein Gesicht, eine Stimme, eine Person, Erinnerungen, mündliche Beiträge, Hausaufgaben und Begegnungen abseits des Unterrichts verbinden kann, dass ich zu jedem Namen auch Kleidung, Frisur, Heftführung und bisweilen auch Eltern und Geschwister, Konfession und Nationalität kenne, sodass die Anzahl der möglichen Faktoren, die meine subjektive Noten-Entscheidungen beeinflussen können, rapide ansteigt, das fällt flugs mal unter den Tisch bei solchen Studien. Aber macht ja nichts, man kann ja ein Riesen-TamTam darum machen, das bringt Publicity und man kann sich wichtig fühlen.

Es gibt keine Kritik, nur Lehrerschelte
Und natürlich als Opfer, wenn man dann Kritik einstecken muss, denn das wichtigste Fazit des Artikels kommt erst zum Schluss: „Man macht sich unbeliebt. (…) „Eine Habilitandin lehnte das Thema ab, weil sie Angst hatte, dass man ihr Lehrerschelte vorwirft.“ Unbelehrbares Lehrerpack! Und ich bin jetzt wohl auch so einer, so ein Stänkerer, der sich nix sagen lassen will.

Vielleicht sollten wir demnächst eine Studie in Auftrag geben, die untersucht, mit welchen Vorurteilen Berufsgruppen kämpfen müssen, wenn sie universitär durchleuchtet werden. Dann könnte der nächste Spiegel-Titel lauten: Uni-Vorurteile. Lehrer bekommen schlechtere Studien.

Niemand hat gestern etwas gewonnen

So, die Hamburger Schulreform ist „abgeschmettert“, titelt man drastisch bei den etablierten Medien, die Reformgegner hätten „gewonnen“. Gewonnen hat leider niemand etwas, denn es verändert sich ja nun nichts, die Verhältnisse bleiben einfach bestehen. Es herrscht Stillstand, niemand rührt sich, also gewinnt auch keiner. Die größte Motivation der Eltern der Elterninitiative schien ja auch eher die Angst zu sein, etwas zu verlieren.

Bis auf wenige Beiträge im Fernsehen und im Radio habe ich die Hamburger Primarstufenreform an mir vorbeiziehen lassen und auch der Ausgang ist mir herzlichst egal, gleichwohl ich mich über die arroganten Schnösel geärgert habe, die ihre abschätzigen Kommentare im Öffentlich-Rechtlichen abgesondert haben. Doch letztlich ist dieses Konzept einer verlängerten Primarstufe doch nichts weiter als ein bildungspolitisches Feigenblatt, das an der Situation kaum etwas verändert: Die Kinder aus den feinen Stadtvierteln gehen länger gemeinsam mit Kindern aus den feinen Stadtvierteln auf eine Schule, die Kinder aus den weniger feinen entsprechend länger mit Kindern aus weniger feinen. Prima(r)!

Ähnlich unglücklich verlief es hier in NRW mit den Gesamtschulen: Die Motive dahinter sind toll, in der Umsetzung ist in ihrere Konsequenz besser als jede verlängerte Primarstufe, doch leider hat man sie als Resteschule neben das dreigliedrige Schulsystem gestellt, sodass – je nach Gegend – der Ruf der Gesamtschule sehr gut oder absolut mies ist. Die Gesamtschule in meiner ehemaligen (rheinischen) Wohngegend war ein 2000 Schüler fassendes Sammelbecken für Neonazis und andere Schlägertypen, die ich nicht einmal gegen Bezahlung besucht hätte. Anders in Bielefelder Vororten: Gesamtschulen hier genießen durchaus auch einen guten Ruf. Wie auch bei der Primarstufe kommt es hier auf das Einzugsgebiet an, aus dem sich die Schülerschaft speist.

Deslhalb ist das viel Entscheidendere der Hamurger Schulreform, dass dort nun die Stadtteilschule als Pendant zur NRW-Gesamtschule eingeführt wird. Und diesmal nicht so halbherzig wie in NRW als Resteschule, denn die Stadtteilschule wird die einzige Schule neben dem Gymnasium bleiben. (Was nun auf keinen Fall passieren darf, ist, dass die Stadtteilschulen sich einen ähnlich desaströsen Ruf erwerben wie die Hauptschulen, denn dann kann Hamburg dicht machen.)

Die Klassengröße hat keinen Einfluss…

Ein Kollege wies mich darauf hin: Ich solle doch mal auf der Homepage des NRW-Schulministeriums schauen, da würde man mit einer „tollen“ Studie zum Thema Einfluss der Klassengröße beeindrucken. Gesagt, getan. Und schon im ersten Absatz zieht’s mir die Schuhe aus:

„Die Klassengröße spielt keine wesentliche Rolle bei der Leistung der Schülerinnen und Schüler.“ Damit räumt Wilfried Bos, deutscher Koordinator der internationalen Grundschullesestudie Iglu, mit der gängigen Annahme auf, dass die Anzahl der Schülerinnen und Schüler in einer Klasse ausschlaggebend für den Lernerfolg seien. „Ob in einer Klasse etwa 24 oder 26 Kinder oder Jugendliche lernen, hat kaum Auswirkungen auf die Lernleistungen„, sagte der Professor auf einer Vortragsveranstaltung des NRW-Schulministeriums in der Düsseldorfer Luisenschule. (Schulministerium NRW, Hervorhebungen von mir)

Für eine solche Frechheit möchte ich eigentlich jetzt gerade in diesem Augenblick fleißig Backpfeifen verteilen. Alleine für 26 Kinder wäre ich froh… und diese Studie ist mal wieder in den Medien hoch und runter zitiert worden. Zumal die Klassengröße nicht nur Auswirkungen auf „Lernleistungen“ (wie immer man die definiert) hat, sondern auch auf Klassenklima, Raumsituation und Nervenkostüm der Lehrkräfte.

Weiß jemand, ob man die komplette Studie irgendwo bekommen/herunterladen kann?

Mangelndes rationales Potential

Heute schon wieder einen halbangefangenen Blogbeitrag und einen dreiviertel-fertigen Kommentar gelöscht, weil mir immer noch modrige Pilze im Mund zerfallen. Oder eher im Hirn, das nicht in der Lage ist, der Komplexität all der Fragestellungen Herr zu werden. Bei all diesen kognitiven Mangelerscheinungen musste ich an Herrn Larbigs letzten Boo denken, der den Kritikern des aktuellen Schulsystems vorwirft, nur mit mangelndem rationalen Potential ausgerüstet zu sein, eben weil sie ja dieses Schulsystem durchlaufen haben. Eine furchtbar komplizierte Kiste, wenn man versucht, darüber nachzudenken.

Die Kritiker sollen also nicht fähig sein… weil sie ja selber das Schulsystem, das sie kritisieren, durchlaufen haben… dadurch wird aber die Kritik hinfällig, wenn man ihr folgt, wegen des mangelnden rationalen Potentials der Kritiker… ergo wäre das Schulsystem also gar nicht so schlecht, weil die Kritiker ja Unrecht hätten… dann wiederum wären die Kritiker doch nicht so doof, wie man dächte… usw. usf.

Komplexe Kiste und nur schwer zu diskutieren, weil Herr Larbig sich entschieden hat, seine These als Audio-Boo zu veröffentlichen, was das Diskutieren mühsam macht und dazu führt, dass ich dreiviertelfertige Kommentare in den Orkus banne. Aber interessant ist es allemale und ich warte schon seit Tagen auf die ersten Entgegnungen! Jetzt macht mal endlich!

Oh Mann… Sarrazin mal wieder…

„Zweimal Hausaufgaben nicht gemacht, Kindergeld um 50 Prozent gekürzt“, sagte Sarrazin. „Was meinen sie, was auf einmal die Hausaufgaben gemacht werden.“ (Spon)

…wie gut, dass manche Leute weit weg in Berlin sitzen. Aber mal ganz ehrlich, Herr Sarrazin: Wenn irgendjemand tatsächlich eine Kindergeld-Halbierung für zweimal vergessene Hausaufgaben durchsetzen würde, wäre ich der Erste, der ganz feierlich seine Hausaufgabenliste verbrennen würde. Oder keine mehr aufgeben würde. Oder es nicht mehr Hausaufgabe nennen würde. Oder… oder… oder… Wie auch immer: An meinen Schülern würde sich keine marode Finanzpolitik gesundstoßen. Aber einen Alternativvorschlag hätte ich da noch:

„Zweimal die Haushaltsgrenze gerissen, Politikerpension um 50% gekürzt.“, sagte Hokey. „Was meinen Sie, was auf einmal ordentlich kalkuliert werden wird.“

Kurzer Einwurf zur „Jungen vs. Mädchen“-Debatte

Mein alter Herr, der in den sechzigern die Schule besuchte, als noch Rohrstöcke geschwungen wurden unter einer großteils männlichen Lehrerschaft, prägte mein Männer- und Frauenbild nachhaltig, indem er mir im Grundschulalter immer wieder erzählte, dass die Mädchen zu seiner Zeit in der Schule tendenziell strebsamer und fleißiger gewesen seien als Jungen.

Machen wir uns da vielleicht heute nur wieder selber die Pferde scheu?

Das Pendel schwingt hin und her

Zunächst einmal wünsche ich allen Lesern ein frohes und lehrreiches neues Jahr 2010!

Aktuell scheint das Pendel zurückzuschwingen: Während mir persönlich das ganze Internetgedöns über den Kopf wächst, diskutiert man, angeregt durch das Online-Magazin Edge.org, auch verstärkt gesellschaftlich, nein, sogar inter-gesellschaftlich die Frage, wie das Internet das Denken verändert. Einer der dort befragten Wissenschaftler erfüllt sich gerade einen Vorsatz, den ich mit Neid beäuge:

Taleb wird übrigens von der Veröffentlichung seines Textes nicht viel mitbekommen haben. Taleb ist bis zum Sommer 2010 bewusst offline. Und siehe da: „Ich fühle, wie ich wieder wachse“, schreibt er. (SZ)

Er wachse, sagt er und ich fühle förmlich, wie der digitale Druck von ihm abfällt. Und dieses Phänomen einer Belastung durch Fortschritt scheint nicht neu zu sein. Gehen wir doch mal ein paar Jahrtausende zurück. Ich habe gestern eine Sendung über die Entwicklung des Menschen zur Zeit der neolithischen Revolution gesehen. Dort hat man den Fortschritt der Revolution umgedeutet: Man hat nicht den Vorteil des Ackerbaus fokussiert, sondern die neuen Probleme, die dadurch entstanden sein müssen. Sorgen um Missernten, eine beschwerliche tägliche Arbeit, schlechtere Nahrung, das Entstehen von Eigentum und ersten kriegerischen Auseinandersetzungen um Land. Das Bild der vorigen Gesellschaftsform der Jäger und Sammler hatte man übertrieben romantisch überzeichnet und überflüssigerweise auch noch eine positive, weibliche und eine negative,  männliche Komponente in die beiden Gesellschaftsformen gedichtet, aber letztlich fand ich das Fazit gar nicht so sehr daneben: Die neolithische Revolution hat den Menschen zunächst mehr Probleme bereitet, mehr Stress verursacht und mutmaßlich die Lebensqualität und Lebensdauer der Menschen gemindert. Auf lange Sicht betrachtet war dieser Schritt notwendig, denn niemals würden fast sieben Milliarden Jäger und Sammler auf dieser Welt bestehen können, doch für einige Zeit hat er die Situation verschlechtert. Ähnliches ließe sich auch für die industrielle Revolution sagen, wobei es sich hier besonders lohnte, das Stichwort „Entfremdung“ einmal auf die neue digitale Welt zu übertragen und  zu untersuchen.

Die Versuchung ist groß, das Ganze analog auf unsere digitale Revolution zu übertragen, dieser den Rücken zu kehren, deren Stress und Qualitätsminderung hinter sich zu lassen, den Konkurrenzkampf Konkurrenzkampf sein zu lassen, wieder zurück in die Vergangenheit zu reisen, nur kurz, so wie Taleb, und all das Gerummel und Getöse um E-Mails, Facebook, Twitter, StepMaps, Google und Co. zu ignorieren. Vielleicht müssen wir da aber auch gerade einmal „durch“, um für klare Verhältnisse zu sorgen.

Panikraum Schule

Sorry, habe vergessen, den Tag zu nennen! Das Hörspiel wird erst morgen gesendet!

Kampfplatz Schule – am 8.12. um 20:05 bis ca. 21:00 Uhr wird auf WDR 5 das Hörspiel „Panikraum“ ausgestrahlt und steht danach befristet zum kostenlosen Download zur Verfügung.

Die harte Schule des Lehrerlebens ist nur mit kurzen Auszeiten im geschützten Refugium zu ertragen: dem Panikraum, einem ausgedienten Kartenraum, weit ab vom Lärm des Schulalltags. Vier Lehrer haben sich diesen geheimen Platz geschaffen, um nach hartem Fronteinsatz hier ihre Wunden zu lecken. (wdr5.de)

Die Vorschau klang schon mal ziemlich gruselig – Futter für den MP3-Player!