Straßburg – back in town

Straßburg 2Flammkuchen in sechs verschiedenen Variationen, traditionell zubereitetes Sauerkraut, Gewürztraminer. Und sage mir noch einmal jemand, Würstchen seien typisch deutsch! Nicht nur kulinarisch durften wir den Elsass im Ansatz ergründen, besonders die Erkundung des deutsch-französischen Verhältnisses und die europäischen Institutionen waren Ziele unserer Reise. Dazu hatte sich unser Reiseveranstalter ein abwechslungsreiches Programm überlegt: Beginnend beim Schloss Hambach, dessen Dauerausstellung wir begleitet von einer kenntnisreichen Führung besuchten und dabei die beeindruckend gut erhaltene schwarz-rot-goldene Flagge des Hambacher Fests von 1832 bestaunen durften, über das europäische Parlament und den Europarat bis hin zum Fort de Mutzig und einer Gedenkstätte zur wechselhaften Geschichte der Elsässer waren sowohl politische als auch historische Themen vertreten.

Straßburg 1Und das schöne Straßburg bietet dafür die perfekte Kulisse. Neben den oben genannten typisch elsässischen Spezialitäten zeigen alleine schon die immer auch deutsch ausgeschriebenen Straßennamen (Rue de la Mesange – Meisegass) und die Namen der umliegenden Orte (Haguenau – Hagenau), dass hier deutsche und französische Kultur aufeinandertrafen und treffen. Muss man sich in anderen Gebieten Frankreichs schon Sorgen machen, ob man überhaupt mit Englisch über die Runden kommt, habe ich in Straßburg nur einen Verkäufer getroffen, der kein Deutsch (und kein Englisch) konnte.

Leider fehlte es ein wenig an Zeit. In der Regel hatten wir pro Programmpunkt anderthalb Stunden Zeit, die jedoch meist nur für eine knappe Führung reichten und kaum Raum für eigenes Erkunden ließen. Insbesondere in dem beeindruckend gestalteten Mémorial de l‘ Alsace-Moselle zur deutsch-französischen Geschichte ab 1870 und auf dem Schloss Hambach hätte ich gerne noch die Gelegenheit genutzt, um ein wenig auf eigene Faust Exponate und Ausstellung zu begutachten. Vormerken muss ich mir, dass wir demnächst einen Seminartag vorschieben, um den SuS ein paar Eckpunkte der deutsch-französischen Geschichte zu vermitteln und einen kurzen Einblick in die Nationalbewegung zu geben. Denn so ganz ohne Vorwissen wird man sonst von der Fülle an neuen Informationen schlicht überflutet.

Wermutstropfen – und das zum ersten Mal in meiner Zeit als Lehrer – war das bei einem kleinen Teil der Schüler (kein generisches Maskulinum) offen zur Schau gestellte Desinteresse und die mangelnde Erziehung sowie Rücksichtnahme. Vielleicht werde ich ja auch nur doch langsam alt, aber da gab es durchaus eine Hand voll Schüler, die offensichtlich nicht im Ansatz weiß, wie man sich bei gemeinsamen Essen und als Gast im Allgemeinen angemessen verhält. Frage mich die ganze Zeit, ob man solche Schüler schon vorher herausfiltern sollte oder ob die gerade diese solche Gelegenheiten nutzen müssen, um wenigstens ab und zu mal in den Genuss gesellschaftlicher Etikette zu kommen?

Handfester Unterricht

LucyDa ich gerade dabei bin, mich vor dem Ertrinken zu retten, hat sich mir heute überraschend eine kleine, feine Insel am Horizont gezeigt, die es mir erlaubt, Geschichtsunterricht einmal anders zu gestalten. Dabei half mir das Glück, dass ein Wahplflicht-AG-Projekt, das wir im Team bestreiten wollten, leider nicht angenommen werden konnte, sodass ich nun in der trotzdem glücklichen Lage bin, ab nächstem Schuljahr eine AG „Experimentelle Archäologie“ durchzuführen!

Yeeeha! Das wird wirklich Lernen mit Kopf, (hoffentlich viel) Herz und (das steht fest!) wahnsinnig viel Hand! Auch die Füße werden nicht zu kurz kommen und Geschichte wird von diesen Schülern einmal nicht als Erstes durch langweilige Texte erlebt. Wir werden ausprobieren wie Geschichte sich anfühlt, riecht, schmeckt, klingt – Mann, das ist so viel mehr, als dieser ganze, oft fernliegende Textkram, wenn auch nicht ganz ohne Aufwand.

Das ist vielleicht ein ganz guter und handfester Ausgleich zu dem virtuellen Leben hier vor dieser Mattscheibe. Statt Geschichte zu ergooglen werden wir sie ausprobieren, statt Sekundärerfahrung zu konsumieren werden wir uns die Finger selber grün und blau hauen, und das gemeinsame Zubereiten und Verzehren eines steinzeitlichen oder mittelalterlichen Gerichts erlaubt uns mindestens so gut direkte Kommunikation, wie hier gefordert.

Comics im Geschichtsunterricht?

Nun ja, ich gebe zu, ich war ein wenig skeptisch, als mir dieses Thema für ein Referat angeboten wurde. Und so richtig grün werde ich dem Thema auch nicht, aber meine Skepsis ist doch einiger Neugier gewichen. Können Comics als Medium einen Platz im quellenbetonten Geschichtsunterricht finden?

Klar, zum Aufpeppen von Arbeitsblättern, hätte ich vor ein paar Wochen noch gesagt. Als Stundeneinstieg natürlich. Aber als Medium zur primären Bearbeitung? Niemals! Bis ich mir das Comic „MausGeschichte eines Überlebenden“ bestellt habe.

„Maus“ stellt anhand der Thematik der Judenverfolgung im Dritten Reich eindrucksvoll dar, wie man Geschichte im Gewandt eines Comics präsentieren kann, ohne dabei zu verniedlichend oder das Niveau zu verfehlen. Puristisch und minimalistisch, in einfach gehaltener Schwarz-Weiss-Färbung erzählt der(! – muss ich mich noch dran gewöhnen) Comic die Geschichte des Comicautors Art Spiegelman, der seinen Vater nach dessen Erlebnissen während des Dritten Reiches befragt. Statt diesen Bericht wie üblich als Tondokument oder Monographie aufzuarbeiten, wählt Spiegelman dazu die Comicform.

Tatsächlich erweist sich diese als vielschichtiger als vermutet. Spiegelman wechselt mehrfach die Perspektive: Mal erzählt er aus der Sicht seines Vaters, was Einblicke in dessen Erinnerungen gibt, mal erzählt er aus seiner Sicht, in der er sein Verhältnis zum Vater reflektiert und auch dessen eigenen Rassismus und Fehler zur Sprache bringt. Manchmal wechselt er in eine Meta-Perspektive, aus welcher er sogar das Comiczeichnen über die Erlebnisse seines Vaters verarbeitet. So erreicht der Comic eine Vielschichtigkeit, die mit Augenzeugenbefragungen oder gar Autorentexten in Schulbüchern nur schwer und mühselig zu erreichen wäre. Im bildbasierten Comic dagegen bleibt der Zeitaufwand, um diese Vielschichtigkeit zu rezipieren, verhältnismäßig gering.

Zwar kann man „Maus“ nicht als Quelle im Geschichtsunterricht verwenden (höchstens als Quelle über den Diskurs über „Maus“, wie Christine Gundermann in „Jenseits von Asterix“ vorschlägt), aber als Alternative zu Autorentexten könnte „Maus“ durchaus Verwendung finden oder in Auszügen den Umgang der Nazis mit den Juden illustrieren.

Wie gesagt, ich bin neugierig geworden. Wie ist es mit Euch? Habt Ihr Erfahrungen mit Comics im Unterricht und speziell im Geschichtsunterricht gemacht?