Das Ende der Blogosphäre, wie ich sie kannte

Habe gestern einmal meine Lehrer-Bloglinks hier durchgeklickt und festgestellt, dass die meisten Blogs mittlerweile entweder nicht mehr bestehen, nicht mehr weitergeführt werden oder in einen privaten Modus versetzt wurden. Tote Links zuhauf. Vermutlich sind alle letztlich bei Twitter gelandet oder auch bei Instagram. Ist Tikotok etwas für Lehrer? Podcasts? Liegt es am Aufwand des Schreibens? Ist es vielleicht gar eine Alterssache (bei mir nimmt die Schreibfrequenz auch immer rapider ab)? Oder die Sorge vor Vorgesetzten oder Haftbarkeit? Dass gefühlt schon alles dreimal gesagt wurde?

Das ist sehr schade. Ich fand den Umgang unter Bloggern immer sehr bereichernd und sehr viel wertschätzender, als ich es in anderen sozialen Netzwerken erlebt habe. Diskussionen konnten sachlich und über lange Kommentare geführt werden, die Organisation von Hass-Mobs erweist sich in Blogs als weitaus schwieriger. Der Suizid der österreichischen Ärztin scheint leider einmal mehr Negativwerbung für offene Netzwerke wie Twitter zu sein. Hoffnung auf Besserung besteht leider nicht.

Aber klar: Keine schnellen Likes, keine hundertfachen Retweets, weniger potentielle Leserschaft, nicht schnell zu konsumieren und man muss auch noch viel Text schreiben. Das spricht nicht für Blogs.

Schulfach: Nix tun

„Hokey, schreib mal wieder“, schrieb Herr Rau in einem seiner letzten Beiträge, und wenn Herr Rau das so schreibt, dann muss ich wohl mal wieder ran. In seinem Beitrag berichtet er vom letzten Twitterlehrerzimmer-Treffen in Kassel und dort hat er sich mit meinen drei All-Time-Twitter-Favourites getroffen (plus Herrn Rau natürlich. Der war einer meiner ersten Favourites überhaupt). Ein bisschen neidisch bin ich da schon.

Habe davon natürlich gar nichts mitbekommen, denn ich bin ja mittlerweile social-media-mäßig nahezu völlig abgenabelt. Habe es übergangsweise mal mit Mastodon versucht, aber das hat sich nicht gehalten. Um die Phantomschmerzen zu bekämpfen, schaue ich hin und wieder in die Twitter-Trends. Ansonsten schiebe ich Schule in der Zeit, in der ich nicht korrigieren, planen, vorbereiten, konzeptionieren, Geräte warten, kommunizieren oder tatsächlich zwischendurch unterrichten muss, weit von mir. Danach muss ich eigentlich nicht mehr über Schule bloggen, zu Lehrertreffen fahren oder mich ganztäglich mit Schul-Nachrichtenfeeds berieseln lassen, und ich bewundere all die Menschen, die das mir großer Energie schaffen (und nebenbei noch wahnsinnige private Projekte voranbringen und Bücher schreiben, Häuser bauen usw.).

Worüber könnte ich denn mal wieder schreiben? Immer öfter fällt mir mein Schulweg ein; zumindest den, den ich auf dem Fahrrad zu absolvieren habe. Oder über das Wohl und Wehe der neuen Technik? Immer wieder schwebt mir auch eine neue Dauerrubrik vor á la „Schulfach Wünsch-dir-was“ – da würde z. B. der heutige Artikel von Alan Posener in der ZEIT ein Plätzchen bekommen: „Bundeswehr: Für Wehrkunde im Schulunterricht“. Schule als Lösung für alle Fälle. Kann den Artikel mangels Abo leider nicht lesen und wüsste nur zu gerne, wie Posener sich das vorstellt: Wehrkunde im Sportunterricht (heikles Thema, Wehrsportgruppen sind bei uns noch nie sehr positiv aufgefallen) oder doch wieder in Politik (da ja alles politisch ist, kann man in den SoWi-Unterricht ja alles reinverfrachten)? Oder gar als eigenes Schulfach? Das dürfte zu vermehrtem Speichelfluss bei Björn Höcke führen.

Ich wäre ja mal für das Schulfach „Nix tun“. In NRW wechselt ja gerade wieder die Landesregierung und ich kann nur sagen, dass ich mit Grauen auf die neue Schulpolitik warte. Einfach mal fünf Jahre lang nichts tun, den aktuellen Stand verwalten und so mit Mitteln (Personal, Technik, Geld, Renovierung) aufmöbeln, dass alles einfach mal ohne Arbeitszeitverbrennung laufen kann. Ohne drei Curricula und drölfzig Projekte parallel, mit denen sich Parteien auf Kosten der Schulen, der Steuerzahler und der Bildung profilieren wollen.

Das wird natürlich nicht passieren, aber ich hoffe, dass die beiden vergangenen Koalitionspartner wenigstens mitbekommen haben, welche Wirkung ihre Schulpolitik auf die Wählerschaft hatte.

Kein Schwein!

Diskussion unter Schülern während des Unterrichts. Ein junger Mann regt in einer Kleingruppe (selbst)bewusst provokant eine Diskussion darüber an, ob man nun Pferdefleisch essen solle (er ist klar dafür) oder ob das äußerst eklig sei (Gegenrede der entsetzten Damenfraktion).

„Ob man nun ein Schwein isst oder ein Pferd!“

Empörte Antwort der muslimischen Mitschülerin: „Wer isst denn schon Schwein!“

😄

Informatische Grundbildung in Klasse 6

Status: bestes Fach! Dauermotivierte Schüler. Zeitweise jubelnd und juchzend, wenn für eine Problemstellung eine neue Lösung gefunden wurde. Im Gegensatz zu Deutsch meckert niemand, wenn ich um Überarbeitung von Ergebnissen bitte. Auch wenn während einer Arbeitsphase ein fertiges Ergebnis gezeigt wird und ich darauf verweise, dass es noch eine weitere elegantere oder alternative Lösung gebe (und noch Zeit zur Verfügung steht), sehe ich keine langen Gesichter, sondern oft lächelnde(!) Schüler, die sich sofort an die Arbeit machen und sich diebisch freuen, dass sie auch das noch schaffen werden.

Wenn das in meinen anderen Fächern nur auch so wäre. 🤷🏻‍♂️

Staub

Da nimmt man spontan einen neuen Kollegen aus der Stadtverwaltung zum anderen Standort mit und steht verwundert vor seinem Auto, das aussieht, als hätte es frühmorgens die Rallye Dakar absolviert. Ein verwunderter Blick in den Baum nebenan hilft auch nicht weiter: Die komplette Fahrerseite rötlich beschmiert, als wäre jemand durch eine rotbraun gefärbte Pfütze gefahren. Lieber schnell eingestiegen. Doch auch auf der Frontscheibe sieht man rötliche Schlieren und es scheint, als habe der Scheibenwischer sogar schon Einiges beiseite gewischt. Aber der war doch das letzte Mal heute morgen auf der Hinfahrt… und es sollte mir erst auf der Rückfahrt dämmern, dass die Ursache für den unerklärlichen Dreck der berühmte Saharastaub gewesen sein dürfte, der seit gestern durch unsere Medien geweht wird. Fällt mir gerade wieder ein, wo ich aus meinem Arbeitszimmer schaue und mich ein rötlicher Himmelsschimmer daran erinnert.

Informatik

Kurze Statusmeldung vor dem Jahresende, nicht dass jemand denkt, ich hätte das Blog nun völlig vergessen. Das erste Halbjahr ohne eigene direkte Klassenleitung („nur“ als Co-Klassenleitung). Was für eine Arbeitsersparnis! Und wie gleich der Stresspegel sinkt, weil eine ganze Kaskade an Elternkommunikation entfällt. Ich kenne Kolleg*innen, die bis vor Kurzem nie eine Klassenleitung hatten; Gott sei dank ist diese Ungerechtigkeit nun hoffentlich an unserer Schule Geschichte.

Bin seit Beginn des Halbjahres Teilnehmer eines Zusatzkurses (Z-Kurs) für das Fach Informatik in Klasse 5 und 6, wo es nun in NRW mit insgesamt 2 Wochenstunden verankert ist. Wie diese Wochenstunden verteilt werden, obliegt den Schulen: Man könnte also eine Stunde in Klasse 5 und eine Stunde in Klasse 6 geben oder beide Stunden jeweils in Klasse 5 oder 6. Wir haben uns für Letzteres entschieden und unterrichten Informatik nun zwei Stunden pro Woche in Klasse 6.

Wir hatten schon vorher ein Konzept für Informatik in Klasse 6, jedoch beinhaltete dieses noch viel Anwendungsbezug wie Textverarbeitung oder Präsentationen mit Powerpoint. Algorithmen und Grundlagen der Programmierung spielten natürlich auch eine Rolle und dennoch: Die Inhalte des Lehrplans in einem Z-Kurs von zwei echten Informatikern vermittelt zu bekommen, anstatt selbst herumzubasteln, ist noch einmal etwas ganz anderes. Da geht es schon los mit basalen Unterscheidungen zwischen „Codierung“ und „Verschlüsselung“ (was ich bislang doch mehr oder weniger deckungsgleich verwendet habe), dem Dekonstruieren von (dafür gut geeigneten) Dateitypen oder der Erkenntnis, dass man für das Meiste nicht einmal einen Computer bräuchte. Von kleinen Klorollen-Männlein in papierenen Labyrinthen (Algorithmen), die uns dann zur Blockly-Programmierung brachten; von Cäsar-Verschlüsselung bis zu Enigma. Aktuell sind wir bei Python angekommen, um damit richtige Textprogrammierung zu üben. Mir war bis dato gar nicht klar, dass man das mittlerweile alles im Netz machen kann – und es macht richtig Spaß, zu knobeln und die ganzen kleinen Probleme (z.B. Schaltjahr bestimmen) zu lösen. Zum ersten Mal habe ich begriffen, warum der Modulo-Operator nützlich ist, und auch die Erkenntnis, dass man, hätte man nur acht Finger, auch mit diesen irgendwann bei „10“ landen würde, war „mindblowing“. Darüber hatte ich mir noch nie Gedanken gemacht. Zuletzt habe ich meine eigene, sehr einfache Viginere-Verschlüsselung fertigprogrammiert – da verfliegt die Zeit im Flug.

Ich freue mich drauf, demnächst „richtig“ Informatik in der 6 unterrichten zu können – und vielleicht suche ich mir noch einen Z-Kurs für den Differenzierungskurs in Klasse 8/9.

Namen

Beim Durchgehen von Schülerlisten:

„Ah, du bist Paul!“

„Nein, Marcel!“

„Marcel, so was Doofes, du stehst gar nicht auf meiner Liste!“

„Doch, da steht geschrieben Paul, aber man spricht es wie Marcel.“

Nach Wochen des Listenprüfens beansprucht der Sarkasmus sein Recht.