Hui – schon seit einigen Tagen brodelt die Debatte um den sogenannten „Schultrojaner“, hat sich wieder etwas entspannt und offensichtlich hat sich nun ein Grüppchen gebildet, das die Erstellung von „OER“ (open educational resources, sprich: frei verfügbaren Materialien, Lehrbüchern etc.) vorantreiben will. Ich finde diese Bewegung sehr spannend, bin aber zum banalen Korrigieren im analogen Lehrerleben ausgestiegen und muss nun erst wieder den Weg hinein finden. Das ist übrigens der Nachteil – nein – das Kreuz mit Twitter: Es geht schön schnell, ist aber auch schön flüchtig. Da eine Debatte nachzuvollziehen ist mühseliger als ein pompejanisches Bodenmosaik zusammenzuflicken…
Und mittenrein glänzt der Cornelsen-Verlag postalisch und buchstäblich mit einem in Glanzpapier eingewickelten Lehrwerk. Schmuck, denke ich mir, packe es aus und finde eine Neuauflage des alten Deutschbuch 5. Mit allem Pipapo wie Handreichungen und Schülerarbeitsheft und letzteres mit CD. Insgesamt finde ich viele Bücher zu „unruhig“ gestaltet, mit viel Bildchen hier, Tabellchen da und Infokästchen zwischendrin – ich mag klare Strukturen und wenig Ablenkung, aber es muss ja gehaltvoll wirken. So auch dieses, aber für eine fundierte Kritik fehlt mir jetzt die Zeit, denn eigentlich geht es mir um die beiliegende CD.
Denn wie immer schiebe ich diese CD erwartungsfroh in mein Laufwerk, und wie immer ist die CD so konzipiert, dass man sie nur als Windows-Benutzer einsetzen kann. Also Pustekuchen für Mac-User wie mich, CD-Ausschluss für Freunde freier Linux-Software. Von Schülern mit Netbook ohne CD-Laufwerk spreche ich mal lieber gar nicht. Einen Warnhinweis findet man nirgendwo – Windows setzt man bei Cornelsen stillschweigend voraus; Pech für den, der nicht das „richtige“ System benutzt. Statt, wie bei den aus gleichem Hause stammenden Fördermaterialien Deutsch, auf HTML zu setzen, schiebt man dem Nicht-Windows-User einfach die proprietären Riegel vor.
So wandert die CD nun dahin, wo sie hingehört: In den gelben Sack. Da schaue ich lieber, was die OER-Gruppe bisher so erarbeitet hat… an das Material sollte man in jedem Fall kommen.
Hatte diese Woche auch schon das Vergügen. Der Verlag hat eine (wirklich sehr gute) Lehrwerkstatt Geschichte zum Thema Nationalsozialismus. Einsatz zu Hause: kein Mac, nichts außer Windows. Einsatz in der Schule praktisch nicht möglich: wir verwenden Win7, über XP ist man bei Cornelsen aber nicht hinaus. Kein Treiber oder Update auf der Webseite.
Cornelsen ist mit dieser „Politik“ nicht alleine, ich habe noch keinen Schulbuchverlag gefunden, der über Microsoft hinaus anbietet. Interessant in diesem Zusammenhang: In den Niederlanden versucht eine Kampagne, offene Standards für öffentliche Stellen durchzusetzen: http://netzpolitik.org/2011/hollands-regierung-uberlasst-microsoft-schlusselaspekte-der-bildung/
Ich habe hier Fördermaterial, auf das man über ein HTML-Inhaltsverzeichnis zugreifen kann. Das kann wirklich jedes System. Warum man dann fürs Lehrwerk mit Windows-Exe-Dateien arbeitet, weiß der Geier…
CDs gehören mal sowas von _ überhaupt nicht_ in den gelben Sack! Die bringt man zu Recyclinghöfen oder so. Öffentliche Gebäude wie Universitäten haben für sowas auch oft eine Sammelbox aufgestellt. Die Materialien aus denen CDs sind können wunderbar recyclet werden und sind wertvolle Rohstoffe.
Abgesehen davon gehören sie sowieso nicht in den gelben Sack, da sie weder einen grünen Punkt haben, noch Verpackungen sind.
Das CD-Problem setzt sich auch unter Windows fort. An meiner Schule gibt es Rechner, die die von Klett beigelegten CDs unter Windows XP abspielen und andere Rechner tun genau dies nicht. Es gibt wohl Laufwerke, die mit dem DRM der CDs nicht zurecht kommen. In der Praxis heißt das Präsentationswagenroulette.
Aus Angst vor Raubkopierern tritt der Verlag den treuen Kunden vors Schienenbein.
Liebe humpaa,
vielen Dank für den Hinweis! Ich werde ihn beherzigen. Bisher habe ich meine CDs gedankenloserweise tatsächlich in den gelben Sack gepackt.
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