Lese gerade Cory Doctorows „Little Brother“ und bin hin- und hergerissen. Einleitende Informationen wie Inhaltsangabe, Unterrichtsideen und vieles mehr erspare ich mir, denn die bekommt man wunderbar aufbereitet schon bei Herrn Rau.
Tja, und jetzt stehe ich da, den Kindle mit dem noch nicht ganz ausgelesenen Roman in der Hand, und überlege, ob „Little Brother“ wirklich die richtige Lektüre für meine achte Klasse sein könnte. Ein aktuelleres Thema kann man sich kaum vorstellen: Es geht um einen ausgewachsenen Überwachungsstaat, der sich nach einem gewaltigen Terroranschlag weiter entfaltet und eine Gruppe Jugendlicher, die sich gegen diesen Staat mit technischen Mitteln zu wehren versucht. Dabei erklärt der Erzähler nebenbei sehr anschaulich komplizierte Verschlüsselungsmechanismen (wer PGP verstehen will, sollte da mal hineinlesen), RFID, berühmte Köpfe der Computerwelt, die Hippie-Kultur, das Silicon Valley, erzählt über die Enigma-Maschine und vermittelt so vermutlich ein dutzend Mal mehr Informationen über die komplexe Computerwelt, als es alle Computerführerscheinkurse der Schulwelt zu leisten vermögen.
Doch dann sind da die flachen Figuren, und auch sprachlich ist der Roman nicht gerade ein Aushängeschild der Jugendliteratur (wie schön dagegen Daniel Handler, aber wie dick…) und die Story bislang (habe so etwa die Hälfte gelesen) doch eher mau. So richtig überzeugend für den Deutschunterricht wirkt das nicht, ich vermeide schon „Die Welle“, weil die so lieblos runtergeschrieben ist. Auch so mancher Ausdruck mag im ein oder anderen Elternhaus Anstoß finden, das Schwarz-Weiß-Malen (der Staat ist böse, böse, böse!) schmeckt mir auch nicht immer. Aber ich habe die Geschichte auch noch nicht komplett gelesen – hm, ich mag’s kaum glauben, vielleicht tue ich ihr ja Unrecht.
Aber das Thema, ja das Thema ist wirklich sehr reizvoll.
Ging mir auch so. Ich werde meiner 8. zumindest beibringen, wie sie Bücher – am Beispiel von diesem – auf ihr Tablet/Smartphone kriegen, und sie dann ein bisschen digital lesen lassen.
Eigentlich schade, weil der Roman wirklich eine Menge transportiert, aber leider nur dann, wenn der Erzähler sich seine Auszeit nimmt, um etwas zu erklären.