Aus Faulheit Folie

Während im Kindergarten gerne die Themen auf eine Tafel gemalt werden, kommt in der Schule der gut gepflegte Overhead-Projektor aus den 80er-Jahren zum Einsatz, dessen Verwendung Pflicht ist für alle Lehrer, die älter als 35 sind und deswegen kategorisch den Einsatz neuerer Medien ablehnen. (Nico Lumma)

Ha! Die im oben verlinkten Artikel aufgestellte Typologie der Lehrer und Eltern bei einem Elternabend ist Nico Lumma wirklich gut gelungen! Nur in einem Punkt muss ich (als Lehrer unter 35) widersprechen: Auch ich werde am Montag bei meinem ersten Elternabend in diesem Schuljahr den guten alten OHP wieder einsetzen. Aus Faulheit.

Eine Folie am Kopierer zu ziehen kostet mich gute zehn Sekunden, das Auflegen und Einschalten knapp eine halbe und das Zurechtlegen vielleicht nochmal drei, aber mit Scharfstellen. Ein Beamer hingegen bedeutet eine Odyssee durchs Sekretariat – alleine das Holen des Schlüssels für den Medienschrank würde länger dauern als das gesamte Prozedere für eine Folie, dazu dann der Auf- und Abbau des Beamers (und wehe man vergisst das selbst angeschaffte Verlängerungskabel!) und des Notebooks, was bei ersterem natürlich mit dem vorherigen Eintrag in eine Anmeldeliste verbunden ist. Nach dem Elternabend muss das Geraffel dann natürlich noch ordentlich zurückgestellt werden, die lieben Kollegen wollen ja am nächsten Morgen in der ersten Stunde wieder voll loslegen können. Die altmodische Folie wische ich um kurz vor 23:00 Uhr einfach in meine Tasche und bin fertig.

Faulheit, pure Faulheit.

12 Gedanken zu „Aus Faulheit Folie

  1. Du hast – leider – vollkommen recht, was die Benutzung von Folien angeht. Ich würde es aber weniger „Faulheit“ als vielmehr „Effizienz“ oder „Zeitökonomie“ nennen. Das Traurige an der Geschichte ist ja, dass es einfach an fest installierten Beamern in Klassenzimmern mangelt. Wenn es in jedem Klassenzimmer an der Decke einen Beamer gäbe und das Kabel dazu vorne beim Pult rauskäme, dann wäre die Nutzung von PowerPoint und Co. gar kein Problem. Man erstellt – wie für eine Folie auch – sein Konzept/Arbeitsblatt/Schema am PC und kann es dann direkt an die Wand projizieren. Das spart das ganze Getue mit Drucker, Kopierer und scharfstellen am OHP. Leider ist diese – in Unis mittlerweile zum Standard gehörende – Ausstattung aber in den wenigsten Schulen bzw nicht in sämtlichen Klassenzimmern zu finden.

    Viele Grüße aus Bayern
    Martin

    • Ja, ganz genau: Es ist viel zeitökonomischer Folien zu nutzen. Von der Installation von Beamer, zugehörigem Verbindungskabel UND Laptop/PC in jedem Klassenzimmer werden wir aber wohl noch lange träumen müssen… Als ich im Ausland war und dort an einer Universität gelehrt habe, gab es in jedem Vorlesungssaal alles: Beamer an der Decke und einen direkt damit verbundenen PC – ein absoluter Traum!
      Während meines Referendariats habe ich noch nicht einmal einen Bemaer genutzt – weil es leider(!) viel zu aufwendig ist…

    • Wenn ich nur anstöpseln müsste, würde ich auch mit ’ner schicken Präsentation aufwarten. Hach, das wäre was… Herr Rau bloggte mal von kleinen Mediensäulen in den Klassenräumen, darauf bin ich ordentlich neidisch.

  2. In einer Hinsicht ist die Typologie aber reichlich ungenau; der OHP stammt nicht aus den 80ern, sondern aus der unmittelbaren Nachkriegszeit. (Instruktiv dazu: Claus Pias: »Der Overhead Projektor«, in: Sachunterricht. Fundstücke aus der Wissenschaftsgeschichte, Hrsg. Thomas Brandstetter u.a. (Festschrift Mitchell Ash), Wien (Löcker) 2008.)

    • Ich denke, Nico meint das reale Alter des OHP. Aus den 50ern dürfte wohl selbst in der altmodischsten Schule Deutschlands keiner mehr herumstehen. 😉

      Aber danke für den Literaturtipp!

    • Nee, im Raum steht „mein“ OHP! Und da der Klassenraum ziemlich weit vom Schuss liegt, wird der fast nie entwendet. Außerdem muss ich unsere Kollegen vom OHP-First-Aid-Team schwer loben, denn die halten die Dinger wirklich gut in Schuss, sodass man höchst selten „Reise nach Jerusalem“ spielen muss.

    • Vernetzt sind wir auch – gleichwohl die Netzbuchsen ohne Computer ziemlich einsame Existenzen fristen, aber von Beamern träume ich jede Nacht. Ich kenne Kollegen, die sich einen eigenen OHP gekauft haben – vielleicht wartet das Land darauf, dass verzweifelte Lehrer die Beamer-Lücke irgendwann selber füllen.

  3. Soweit ich weiß, waren Beamer früher extrem teuer, aber mittlerweile sind die Preise extrem gesunken. D.h. es ist auf jeden Fall günstiger als früher (bis zu 10.000 Euro, wenn ich mich recht erinnere), vielleicht wissen das viele nicht?

    • Ja! Ich werde mir demnächst wohl einen eigenen Beamer kaufen, dann bin ich auch von diesen Listen unabhängig. Man bekommt kleine Beamer schon ab 300€, das ist wirklich bezahlbar!

  4. Ich habe ein bisschen gegoogelt und es gibt schon welche ab 170 Euro. Wahnsinn. Ich habe einen Bekannten, der benutzt einen Beamer als „Fernseher“. Bei den Preisen könnte man sich das wirklich überlegen. Ich frag mich nur, wie die Qualität der günstigeren Varianten ist. Man kann sogar Beamer leasen, wie hier: http://www.comfortleasing.de/Beamer-leasen:_:500.html. Mir tun alle leid, die noch in einem Vertag stecken oder echt viel Geld dafür gezahlt haben. Es ist aber fast immer so bei elektronischen Neuheiten. Der Preis sinkt mit der Verbreitung rapide.

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