Meine Schule ist ein Drecksloch. Ich hasse sie und den Architekten, der sie verbrochen hat. Abreißen müsste man ihn, den demotivierenden 60er-Jahre-Klotz, niedermachen, Staub zu Staub, und jeder möge den ersten Stein werfen. Ein aus den allerhässlichsten Farbresten zusammengemischter Kunststoffboden bahnt den Weg durch den sich Bildungsinstitution schimpfenden Betonkasten. Lange Flure, Türen links und Türen rechts durchbrechen die unverputzten, nackten Steinwände, die schmucklos Lebensraum verschandeln. Man möchte sich auf den ekelhaften Boden werfen, ihn einstampfen oder mit den Fäusten an die Wände trommeln, doch das Ungetüm bleibt und nichts wird ihm etwas anhaben.
Und doch und trotz aller Tristesse kann man etwas machen, um die Knast-Architektur aufzubrechen. Um ein wenig Leben hineinzubekommen. Um Unterricht etwas von der Architektur zu lösen. In unserem Fall hat die Schulleitung ganz einfach kleine Tische mit fest angebrachten Stühlen (ähnlich wie diese hier) auf die Flure gestellt. Geschätzt 7-8 Stück stehen davon auf dem langen Flur vor meiner Klasse. Und die nutze ich!
Flurtische im Unterricht
Wenn ich also mit einem wundervollen Grammatikthema in meine Klasse komme, dann arbeite ich in der Regel nach dem Prinzip der Lerntheke, die sich auf Buch, Arbeitsheft und kopierte Drittmaterialien stützt. Jeder SuS bekommt Gelegenheit, sich selbst einzuschätzen und kann dann an seinem Arbeitsschwerpunkt arbeiten. Da ich weiß, dass meine Klasse durchaus quirlig ist und einige SuS sich gerne untereinander ablenken, dürfen also einige SuS auf den Flur und dort ihre Aufgaben bearbeiten. Je nach Auslastung (und mit der Zeit entdecken immer mehr Kolleginnen den Flur) kann ich also fast die Hälfte meiner Klasse auf dem Flur arbeiten lassen. Dabei habe ich, Knastarchitektur sei Dank, schnell alle im Blick und ich kann den freigewordenen Raum in der Klasse dazu nutzen, kleine, instruktive Angebote zu machen á la „Wer noch einmal erklärt haben möchte, was Inhaltssätze sind, der treffe sich mit mir am Pult“. Das nutzen jedesmal einige SuS, und auch die Guten fragen dann gerne noch einmal nach.
Licht und Schatten
Angenehm an dieser Arbeitsform ist, dass es im Klassenraum sehr viel leiser wird und dass auch die SuS auf dem Flur in Ruhe arbeiten können. Und nein, da rennt nicht andauernd einer über den Flur und klopft an Türen. Ehrlich gesagt, klopfen wohl eher weniger SuS an Türen, weil die anderen ja zugucken. Problematisch ist eher, dass die SuS die Nase voll haben von den hässlichen Wänden und beim Sitzen an den Tischen auf die Idee kommen, die Wände zu „gestalten“. Das möchte man nicht immer sehen. Auch klar: Die Flurtische sind kein Ersatz für die Architektur einer Bielefelder Laborschule, aber immer noch besser als gar keine Idee. Ich meckere ja gerne über alles mögliche, aber diese Flurtische sind wirklich eine tolle Bereicherung für den Unterricht.
Flurtische sind super – auch wenn unsere nicht ganz so stylish daher kommen. Und mittlerweile kommen sie gar nicht mehr daher, sondern sind weg. Seitdem der örtliche Brandschutzoberbeauftragte meinte, dass Möbel im Flur die Brandlast unglaublich erhöhen, haben wir sie wieder in die Klassenzimmer geräumt 🙁
Ja, so etwas kenne ich auch, aber die Tische stehen (auch nach der letzten Brandschutzübung noch). Am besten wäre es sowieso, man verböte den Schülern, das Schulgebäude zu betreten, dann könnte nichts mehr passieren.
In der Grundschule haben wir auch oft den Flur als erweitertes Klassenzimmer angesehen und oft genutzt. Wir waren in einem Gründerzeitbau (kurz vor 1900 errichtet) untergebracht, aber der hatte auch schon bessere Zeiten gesehen. Für Schulrenovierungen fehlt nunmal das Geld. 🙂 Aber das Gebäude war zumindest nicht schon grundsätzlich hässlich. Wir hatten auf dem Flur zwar keine Tische, aber den Boden genutzt. Vor allem in der 3. und 4. Klasse, wo wir die komplette Etage für uns hatten (Anm. die Schule sollte geschlossen werden. Wurde dann doch wieder geändert und mittlerweile wissen sie gar nicht, wo sie noch Klassen unterbringen sollen.), hatten wir so viele Möglichkeiten an unterschiedlichen Aufgaben (oft gab es Stationenbetrieb) zu arbeiten. Da unsere Klasse SchülerInnen auf sehr unterschiedlichen Niveaus hatte (ein paar sind dann ins Gymnasium gegangen, zwei oder drei sprachen nicht mehr als ein paar Worte Deutsch) wurde so versucht allen irgendwie gerecht zu werden.
Hach, ein schöner Gründerzeitbau… auf dem Boden will bei uns garantiert niemand sitzen, dafür ist der viel zu dreckig (spätestens nach der ersten Pause). Die Tische sind eine gute Lösung, und mittlerweile ist es fast schon schwer, an die Tische zu kommen, weil immer mehr Kollegen ihre Schüler draußen arbeiten lassen.