Das erste Halbjahr ist nun bald um und es ist deutlich stiller geworden hier im Blog. Das liegt zum einen an zwei weniger gelungenen Unterrichtsbesuchen, zum anderen an wenig Antrieb, hier etwas Sinnvolles zu schreiben. Und zumindest für dieses Blog gilt, dass ich nur halbwegs relevante Beiträge bringen möchte.
Knappes Resümee
Paradoxerweise bei meinem „starken“ Thema Lyrik ist mir nur eine eher langweilige Unterrichtsreihe gelungen. Allerdings habe ich gelernt, worauf ich das nächste Mal bei einem Elferkurs achten muss: Die Latte nicht zu hoch hängen, theorethische Texte ans Ende der Reihe und auch diese sollten zu bewältigen sein. Unterschiedliche Voraussetzungen der Schüler müssen besser im Unterricht angeglichen werden. Ein interessanter Nebeneffekt dieser unterschiedlichen Voraussetzungen ist, dass ich halbwegs abschätzen kann, welche Schüler bei denselben Lehrern Unterricht hatten, man kann das wirklich merken.
Die Disziplinschwierigkeiten in meiner Sechs haben sich, wenn nicht erledigt, so doch auf ein erträgliches Niveau eingependelt. Ich kann dort ordentlichen Unterricht machen, lediglich bei freieren Unterrichtsformen muss ich stark aufpassen, dass nichts zu sehr aus dem Ruder läuft. Meiner Einschätzung nach bin ich da auf einem ganz guten Weg und kann mittlerweile wirklich entspannt in den Unterricht gehen. Besonders freitags in der sechsten und siebten Stunde war das nicht immer der Fall. Und schön ist es auch, zu sehen, dass die Kleinen sich freuen, wenn man auf eine Fahrt mitkommt.
Verbessern muss ich aber unbedingt meine Alltagsorganisation, Termine, etc. Da sehe ich aktuell meine größte Schwäche und ich muss aufpassen, dass ich nicht aus Schussligkeit ins Hintertreffen gerate, weil Termine ungünstig liegen oder Dinge auf den letzten Drücker erledigt werden müssen. So etwas hindert am freien Denken, das man doch in diesem Beruf so nötig braucht.
Überforderung
Das neue Jahr hat begonnen, und mit ihm kommen Referendare aus dem Vorjahrgang, die es nicht geschafft haben. Die ersten Gedanken kommen, was man wohl machen würde, wenn…
Medial schießt man sich gerade (oder kommt es mir nur so vor?) auf Lehramtsstudenten und Referendare ein. Immer wieder wird berichtet von hemmungslosen Versagern, die sich zu Scharen in den Lehramtsstudiengängen tummeln, von verzweifelten Unfähigen, deren letzte Chance es sei, sich an den vollen Busen Vater Staats zu werfen. Der Lehrerberuf also als eine Art Hartz-IV für Überqualifizierte. Da fängt man irgendwann auch an, sich selbst zu befragen.
Allerdings zähle ich mich nicht zu den überforderten Studierenden (aber wer tut das schon), die nach einer aktuellen Studie (via) auch einen schweren Stand im Lehrerberuf haben sollen. Das Lehramt war weder ein Notnagel, sondern vielmehr Berufswunsch seit der zwölften Klasse, und das Studium mit seinen Anforderungen hat mir auch Spaß bereitet. Und wer mir erzählen will, dass das Lehramtsstudium geringere Anforderungen habe als andere Studiengänge, dem muss ich schlicht vorwerfen, keinen Schimmer von den Ansprüchen eines Lehramtsstudiums zu haben.
Wo ich wohne, wo ich lebe, wo ich arbeite, ist mir auch relativ egal. Ich ziehe auch gerne nach Bayern oder Schleswig-Holstein. Okay, in den Osten würde ich ungern gehen, allerdings mehr aus einem diffusen Unwohlsein heraus. An einer Schule im Ausland zu lehren, fände ich auch sehr spannend und das wäre bestimmt auch eine nützliche Erfahrung.
Andererseits muss man bei solchen Studien immer vorsichtig sein. Als Linux-Interessierter weiß ich, dass es Bereiche gibt, wo man sich regelrechte „Studienschlachten“ liefert. „Ausgebranntsein“ allein auf das Studium oder die „Motivation“ zurückzuführen, greift sicherlich zu kurz. Wir warten also gespannt auf eine Meta-Studie, die sich des Phänomens insgesamt animmt.
Bis dahin wünsche ich allen Leserinnen und Lesern, die diesen jetzt doch etwas langen und verqueren Text durchstanden haben, ein gesundes und glückliches neues Jahr 2008!
Hey Hokey!
Lese dein Blog gerne und fühle mich bei Deinen Reflexionen immer wieder an mein gerade vor 1/2 Jahr abgeschlossenes Referendariat erinnert.
Ich weiß auch noch genau wie es mir nach einem 1/2 Jahr Ref ging. Nachdem man überschwänglich in das Referendariat gestartet ist, stolpert man, man scheint eher schlechter als besser zu werden, kommt nicht recht voran.
Geholfen hat mir in dieser Zeit ein Hinweis eines höhersemestrigen Mitreferendars auf die Phasierung von Lernprozessen, die Albert Bandura beschrieben hat.
Im ersten Semester startet man mit der unbeschwerten Phase der „unbewussten Inkompetenz“ — ich weiß nicht, dass ich nichts weiß (oder kann … ;)), folglich halte ich mich für einen ziemlich tollen Hecht.
Mit zunehmender Erfahrung erfährt man jedoch, was für den gelungenen Unterricht so alles nötig ist und findet sich in der ernüchternden Phase der „bewussten Inkompetenz“ wieder — ich weiß, dass ich nichts weiß und kann …
Die Aussicht auf den Eintritt in die Phase der „bewussten Kompetenz“ ist zwar beruhigend, dummerweise gibt es aber für die Zeitspanne die dieser Phasenwechsel benötigt keinerlei Hinweise bei Bandura. Ich befinde mich jedenfalls noch mittendrin und zwar in dieversen Bereichen noch ziemlich am unteren Ende der Skala …
Und wann und wie der Übertritt in Phase vier, die der beneidenswerten „unbewussten Kompetenz“, stattfindet, das weiß nur der Mentor, der seinem hospitierenden Referendar nach der Stunde sagte: „Für so’ne Stunde brauchste dich auch nicht vorbereiten. Vorbereitet unterrichten kann schließlich jeder.“
Gruß,
Boy.
Ich wünsche ebenfalls ein gesundes, glückliches Jahr. Und viel Erfolg und Befriedigung beim Lehren. (Und ich lese hier auch gern.)
@boyke
Lieber boyke, vielen Dank für den tröstlichen Kommentar. Da mag was dran sein, an der „bewussten Inkompetenz“, was ja bedeutet, dass es irgendwie vorangeht.
Es ist immer wieder frappierend, wie erfahrene Kollegen (Stufe Vier, schätze ich mal 😉 ) auch die hübschen, eigenen Unterrichtsentwürfe wie luftige Souffles mit nur einer spitzen Frage zusammenfallen lassen könne. Da sitzt man Stunden an einem vermeintlich ausgefeilten Entwurf und dann… argh…
Aber man gewinnt ja immer mehr an Fähigkeit zur (Selbst-)Reflexion. Als vor einigen Wochen Praktikanten bei mir zwei Stunden übernommen haben, konnte ich auch Fehler und Fehlvorstellungen entdecken, die ich ganz ähnlich zu Beginn gehabt habe.
@Herr Rau
Das Kompliment kann ich gerne zurückgeben. 😉
> Das liegt zum einen an zwei weniger gelungenen Unterrichtsbesuchen
Die BESUCHE waren misslungen? Doch wohl eher deine Stunden … 😉
Alles Gute weiterhin und wie wir Engländer sagen: Keep a stiff upper lip!
Ein erfolgreiches und erfreuliches 2008 wünsche ich Dir! Durchhalten! Und sei nicht zu überkritisch mit Dir selbst! 😉 Wenn Du fertig bist, bewirb Dich in Hamburg – wir können solche wie Dich gut brauchen.
Ein spätes Danke an alle Kommentatoren fürs Mutmachen! 🙂