Schulstart 2016

Tja, so schnell kann’s gehen: Morgen geht die Schule schon wieder los. Frühstück, Konferenz, Arbeitstreffen. Schon gestern das erste Mal den Kaffee auf gehabt wegen des neuen Stundenplans. Entwickele mich immer mehr zum vehementen Ganztagsfeind. In Kombination mit dem Doppelstundenmodell und immer mehr geblockten Angeboten (bestimmte Kurse nur in 8./9. Stunde, festen Teamzeiten) kommen da für Vollzeitkräfte Stundenpläne zustande, die man eher als Arbeitszeitvernichtungspläne bezeichnen sollte. Da ist Frust schon vor der ersten Stunde im Schuljahr vorprogrammiert. Werde, wenn sich das nicht bessert, mein Engagement auf Sparflamme herunterfahren und ab den Herbstferien auch Referendare und Praktikanten ablehnen. Keine Zeit dafür. Im schlimmsten Fall werde ich auch AG und Förderkurs an den Nagel hängen. Das wäre sehr bedauerlich, würde aber die Chancen erhöhen, einen Stundenplan zu bekommen, mit dem ich die Pension (mit 70?) gerade noch erreichen kann.

Aufregend wird es werden, in der neuen Inklusionsklasse zu unterrichten. Wir werden dort in Doppelbesetzung unterrichten, d. h. (in der Regel) eine Fachlehrkraft und eine Sonderpädagogin. Hinzu kommen dann noch die Inklusionshelfer, die bestimmten Kindern zugewiesen sind. Summa summarum könnten es bei uns bis zu fünf erwachsene Personen sein, die bisweilen den Unterricht begleiten. Referendare, Praktikanten oder interessierte Besucher noch nicht mitbedacht. Für mein Fach Deutsch werde ich besonders damit kämpfen müssen, wie ich es schaffe, noch frühes Grundschulniveau in das gymnasiale Spektrum zu inkludieren. Vermutlich: viele Bilder, noch mehr Bilder und verdammt viel Austausch mit der Sonderpädagogin. Auch Phasenwechsel sollten immer bildlich begleitet werden. Mein erster Klangstab kommt gerade per Post. Die netteste Tischnachbarin der Welt hat mir ihr Material aus dem letzten Durchgang überlassen; wir werden irgendwie dafür sorgen müssen, dass alle Materialien in den nächsten Schuljahren wiederverwendbar sind und gut archiviert werden.

Wir haben zwei Räume zur Verfügung. Einmal einen normalen Klassenraum, wie man ihn kennt, und einmal den Inklusionsraum. In diesem steht ein großes Sofa, eine große Gruppentischanordnung zum Arbeiten, drumherum viele Fächer mit Arbeitsmaterial und Spielen. Im Unterricht können wir den Raum nutzen, um die inklusiven Kinder in bestimmten Situationen mit anderen Aufgaben zu versorgen, sie nicht neun Stunden am Stück mit Unterricht zu quälen und ihnen auch in den Pausen einen eigenen Rückzugsraum zu ermöglichen. Auch wenn der Raum hauptsächlich für die Inklusionskinder gedacht und eingerichtet ist, kann und soll er auch mit den anderen Kindern genutzt werden. Gerade für Gruppenarbeiten oder auch als Möglichkeit zur ruhigen Partner- oder Einzelarbeit kann man diesen Raum gut nutzen. Darauf freue ich mich, denn einen solchen Raum sollte jede Klasse haben.

Es fällt mir jetzt schon schwer, nicht über gewisse Umstände (die allerdings nicht-schulischen Ursprungs sind) zu schreiben und meiner Fassungslosigkeit freie Bahn zu lassen. In der Realität werden sich die Wogen hoffentlich glätten. Es wird auf jeden Fall ein sehr spannendes Schuljahr.

10 Gedanken zu „Schulstart 2016

  1. Als Laie würde mich interessieren, warum Doppelstunden den Tag für Lehrer stressiger machen. Für die Kinder scheint mir das nicht so zu sein, eher andersherum, aber es kann natürlich auch sein, dass ich das einseitig sehe. Ich habe ja nur das Bild von meinem Kind zu Hause, nicht das vom Schulalltag.

    Wie ist das aus Lehrersicht?

  2. Eigentlich sind die Doppelstunden gar nicht so übel.Sie helfen nämlich besonders im Ganztag, die organisatorische Zerfaserung des Schultags zu vermeiden. Statt in neun Stunden fünf bis sechs verschiedene Fächer zu haben (und den ganzen Krempel dafür mitschleppen zu müssen), kann man sich mit Doppelstunden auf vier Fächer fokussieren. Das hilft auch mir bei der Unterrichtsvorbereitung!

    Auch die Strukturierung von Doppelstunden finde ich angenehmer als bei herkömmlichen 45 Minuten Stunden. Ich habe i.d.R. ausreichend Zeit; vieles, was als Hausaufgabe geendet wäre, kann nun in den zweiten 45 Minuten erarbeitet werden und wir haben ausreichend Zeit für Vertiefung und müssen diese nicht in die letzten 5 Minuten quetschen.

    Das ist auch nach wie vor toll! Problematisch wird es dann aber bei der Gestaltung von Stundenplänen für über 100 Kollegen, von denen der Großteil in Teilzeit arbeitet, der Rest in Vollzeit; wenn in der Lehrerkonferenz Grundsätze beschlossen wurden, die nun aus pragmatischen Gründen nicht mehr einhaltbar sind (keine 9 Stunden am Stück, Vermeidung von unnötigen Freistunden), viele Stunden schon quasi feststehen (AG immer in 8./9. Stunde; Förderung immer in 7. Stunde, Teamzeit in 10./11. Stunde). Zudem arbeiten wir nun aufgrund der Inklusion vermehrt in Doppelbesetzung, was bedeutet, dass es dem Stundenplaner noch schwerer gemacht wird, die Pläne im Bedarfsfall anzupassen, weil er dann ja gleich bei zwei Personen darauf achten muss, welche (unliebsamen) Auswirkungen seine Änderung hat.  Einzelstunden böten da m. E. mehr Möglichkeiten, die Stundenpläne angenehmer zu gestalten. Ich kenne Schulen, die beide Modelle kombinieren, indem sie vormittags in Doppelstunden unterrichten und ab der 5. Stunde auf Einzelstunden zurückgreifen.

  3. Unsere erste I-Klasse (wir sind ein Gymnasium und kriegen LE Kinder) sind jetzt in der 8. Klasse. Im ersten Jahr war die Sonderpädagogin mit ca. 13h bei uns, in manchen Fächern konnte sie dabei sein, bei vielen nicht. Inzwischen ist sie zwar Vollzeit bei uns, aber da wir jetzt den 4. Jahrgang mit I-Kindern haben, kann sie auch da nur selektiv dabei sein. Wir haben zwei Klassenräume mit separatem Raum nebenan. Kann also von vielen nicht genutzt werden. Und in den neuen 5ern sind es mehr als vier Kinder, so dass sie auf drei Klassen verteilt sind. Und die verkleinerte Klassengröße, die anfangs noch versprochen wurde, kann nicht mehr eingehalten werden.
    Es tut mit leid, aber mit den Rahmenbedingungen, die von außen gesetzt werden, kann das nichts geben.
    Völlig davon abgesehen, dass wir weder Hauswirtschafts- noch Technikräume haben, die Kinder also gerade jetzt in der 8, in der sie an der Förderschule mehr praktische Fächer kriegen würden, die ersten Praktika hätten usw. (die Förderschule hat da großartige Arbeit geleistet), gehen die jetzt bei uns richtig unter, weil wir einfach die Rahmenbedingungen nicht haben. Und de facto werden siein mehr und mehr Fächern aus dem Klassenverband genommen, um separat Förderung zu erhalten.
    Es ist einfach nur frustrierend, dass – wie immer – solche Ideen an der mangelnden Konsequenz in der Veränderung der Rahmenbedingungen, die notwendig sind, scheitern. Aber nein, es sind ja nur die elitären Gymnasiallehrer, die ihren Elfenbeinturm nicht aufgeben wollen…

    Man merkt, mich verärgert das ein wenig…
    Hoffe, bei euch läuft es besser!

    • Was du da schilderst, ist der normale Wahnsinn der alltäglichen Unzulänglichkeiten der Inklusion. Die normale Durchschnittsschule erhält durch Zuweisung Inklusionskinder und hat die sächlichen Voraussetzungen nicht einmal. Wenn man Glück hat, erhält man zumindest Förderschulpädagogen.
      Irgendwie muss es dann gehen, ob es zum Wohl der betroffenen Kinder ist, sei dahin gestellt. Oft müssen die Inklusionskinder mehr oder weniger verwahrt werden. Das ist eigentlich schade. Entweder richtig oder gar nicht. Bis das deutsche Schulsystem auf die Bedürfnisse der Inklusion umstrukturiert ist, werden noch viele Inklusionskinder unter suboptimalen Bedingungen beschult werden, leider.

    • @Katrin
      Deinen Punkt sehe ich ganz genauso! Ich denke, es wird dieses Jahr noch mit Ach und Krach gut funktionieren, aber wenn der nächste Jahrgang kommt, dann werden wir Stunden ohne ausgebildete Förderkräfte abdecken müssen (die dann vermutlich im Kern in die fünften Klassen gehen werden). Wir haben verschiedene Förderschwerpunkte (aktuell LE, GE, ESE) und bündeln die Kinder immer in einer Klasse, damit da eine Doppelbesetzung gewährleistet sein kann.

      Problematisch ist nicht mal, dass man so die – ach so ministerlich gelobte – Inklusion vor die Wand fährt, sondern dass man in einem Aufwasch zu inkludierende Kinder und Lehrer sehenden Auges vor die Wand laufen lässt. Aber hey, irgendeine teure PR-Agentur wird das Ganze im nächsten Wahlkampf schon gut verkaufen…

  4. Wir hatten die Stundenpläne immer so gemacht, dass eine Vollzeitlehrkraft zwei Nachmittage pro Woche hatte, eine Teilzeitlehrkraft einen.

    Der Ganztag war rhythmisiert, d. h. externe Kooperationspartner übernahmen auch je nach bedarf den Vormittag und die Klassleitung kam dann erst gegen Mittag in die Schule. Die Nachmittagsstunden waren doppelt besetzt, das erleichterte die Vetretung bei Krankheit.

    Wir waren allerdings eine kleine Schule, die auch Lernbehinderte inkludierte.

    Die unzureichende Ausstattung der Schulen mit Lehrerstunden geht voll auf Kosten der Lehrergesundheit.

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