Im späten Alter von etwa 18 Jahren habe ich mir irgendwann die Gitarre meiner Tante geliehen und versucht, ein paar Akkorde darauf schrammeln zu lernen. Irgendwie ist daraus mehr geworden, ich habe mir ein Jahr darauf eine E-Gitarre gekauft, einen Verstärker dazu und autodidaktisch das Ganze vertieft, sodass ich halbwegs leidlich leichte und mittelschwere Gitarrenstücke spielen kann. (Mehr als die eher bescheidene Kompetenz am Instrument ist jedoch das Interesse an der Musik selber gewachsen: An ihren Herstellungsprozessen von der Aufnahme bis zum Endmix; von der Instrumentierung bis hin zu komplexen Spieltechniken; von einfachen Intervallen bis hin zu Techniken des Songwritings.) Dabei kommt es immer wieder zu Höhen und Tiefen: Manchmal rühre ich meine Gitarre tage- oder sogar wochenlang nicht an, fehlen mir Antrieb und Energie zum Spielen. Aber eines ist mir dabei auch klar geworden: Nichts, aber auch gar nichts, ist so inspirierend und motivierend, wie andere Gitarristen live spielen zu sehen! Ob es am „rohen“ Live-Sound liegt, an dem Live-Erlebnis, das durch den direkten Kontakt zwischen Instrument und Gitarrist erzeugt wird, oder an etwas völlig anderem – sobald ich einen Gitarristen live spielen sehe, möchte ich auch spielen, am liebsten sofort. Die Motivation ist schlagartig wieder da und oft renne ich dann förmlich zu meiner Gitarre, um meinem Verstärker auch wieder diesen Sound zu entlocken, Dinge auszuprobieren oder einfach nur mal wieder einfache Achtelnoten runterzuhauen. Nichts ist so motivierend wie das direkte Aufeinandertreffen von Instrument, Spieler und Zuhörer.
Ähnliches gestern bei einer Besprechung mit Kollegen. Der ältere Kollege J. holt seine Materialien hervor und fängt an, sein Unterrichtskonzept zu beschreiben. Total chaotisch, aber mit Feuer und Begeisterung breitet er seine Unterrichtsmaterialien auf dem ganzen Tisch aus, erklärt, wie er den Schülern trotz dieses Wusts eigenbestimmtes Lernen ermöglicht, rennt zum Historiker-Schrank, zieht daraus einen abgewetzten Ordner mit einer Zeitleistensammlung heraus, breitet auch diese aus und erklärt, wie er diese für Vertretungstunden nutzt. Ich hatte plötzlich das Bedürfnis, in den Klassenraum zu rennen, um ein wenig Unterricht zu machen…
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