Das ist sooo lieb: Da kommt Tochter¹ von einer Klassenfahrt nach Wangerooge zurück und hat beim Sammeln in den Dünen brav an ihren Papa gedacht:
Ein Feuerstein! Und was für einer! Der größte und schönste in meiner großen Sammlung kleiner Feuersteinkrüppel. Und wenn man ein wenig seine Phantasie spielen lässt, dann könnten die Abriebe an der Spitze doch tatsächlich von steinzeitlicher Menschenhand sein…
Sie ist eine der schönsten Epochen, die leider in der Schule meist zu kurz kommt, in der Öffentlichkeit aber (vielleicht auch deswegen?) umso öfter für hanebüchene Vergleiche genutzt wird: die Steinzeit. Oft wird die Steinzeit im Lehrplan nur mit einer Hand voll Stunden ausgestattet, in denen man möglichst schnell die neolithische Revolution besprechen soll, um bloß keinen Raum für die wertvollen Griechen und Römer zu verschwenden. In der Uni reichten gar nur zwei Semesterwochenstunden (sprich: eine Veranstaltung im gesamten Studium) ohne auch nur einen klitzekleinen Leistungsnachweis.
Wen wundert’s da, dass die Steinzeit auch in der Öffentlichkeit mit Imageproblemen kämpft. Steinzeit, das steht für Rückständigkeit, Dummheit, Primitivität. Dahin wollen wir auf keinen Fall zurück; jemandem „Steinzeit-Denken“ zu unterstellen, ist eine bösartige Beleidigung und „Wollen wir zurück in die Steinzeit?“ die Standard-Floskel, wenn mal wieder ein Politiker einen etwas zu konservativen Vorschlag in die Runde geworfen hat.
Tumbe Vollidioten
Und was wirft man den Steinzeitmenschen nicht alles vor! Die Männer hätten ihre Frauen mit hölzernen Keulen gejagt, an den Haaren in dreckige Höhlen gezerrt und sich sowieso permanent wie kulturlose Vollidioten aufgeführt. In der öffentlichen Wahrnehmung sind Steinzeitmenschen affenähnliche, vollbehaarte und wahlweise muskelbepackte oder bucklige Vierschröter. Dürftig mit Tierfellen bedeckt scheint man in der Steinzeit das härteste und primitivste Leben geführt zu haben, das man sich vorzustellen wagt; bar jeder Kultur oder fortschrittsfähiger Intelligenz, unfähig zu tieferen Gefühlen, in immerwährender Entbehrung lebend und den Gewalten der Natur mehr oder weniger ausgeliefert.
Auf dem Speiseplan standen bestenfalls ungekochte Knollen, Beeren und rohes Fleisch (zumindest bis irgendein Glückspilz nach einem heftigen Gewitter das Feuer mitbrachte), und das Essen wurde, wenn nicht gleich aus dem Tier gebissen, so doch unzivilisiert heruntergeschlungen. Man kommunizierte kehlig grunzend, ansonsten vorwiegend per Körpersprache, insbesondere der der Gewalt und es herrschte das Recht des Stärkeren. Uff. (Heute ist das natürlich völlig anders: Zum Glück leben wir zivilisiert!)
Start einer kurzen Serie
Es liegt also auf der Hand: Die Steinzeit braucht dringend positive Verstärkung!
Waren Steinzeitmenschen wirklich strunzendumm? Wie erforscht man die Steinzeit? Welche Erkenntnisse der Paläontologie können uns heute noch nützlich sein? Wie hilft uns die Steinzeitforschung, unsere Gegenwart zu verstehen? Und was verrät unser Steinzeitbild über uns? Dazu mehr in den folgenden Beiträgen. 🙂