Horror am Morgen

In einer sechsten Klasse frühmorgens. Hokey schlendert durch die Reihen, um unterstützend einzugreifen, falls jemand Schwierigkeiten bei seiner Detektivgeschichte haben sollte. Hier und da eine Meldung, dort werden Mitschülernamen verballhornt, weiter hinten setzt eine junge Dame dazu an, eine Soap-Opera zu gestalten, in der vielleicht ein Detektiv eine Gastrolle spielen könnte und dann komme ich zu einem Schüler.

Ein wenig viel Blut fließe da, weise ich hin, es solle ja die Handlung des Detektivs im Mittelpunkt stehen, nicht die Bluttat des Mörders. Gefolgsames Nicken. Dann die Gegenfrage: Ob ich denn Horrorfilme möge? Ob ich denn SAW kennen würde? Alarmglocken bimmeln, Alarmstufe rot, „Saw“ ist für meiner einen schon Horror der härteren und ekligeren Art und für Kinder jedweden Alters (also bis mindestens 51) ungeeignet. Gegenfrage meinerseits: Ob er denn schon Saw geguckt habe? Ein verlegenes Lächeln folgt, er bejaht, habe einmal zufällig reingezappt und dann schnell ausgeschaltet, weil er sich so geängstigt habe.

Lernzuwachs in dieser unscheinbar verlaufenen Stunde: Fernseher in Kinderzimmern sind Körperverletzung. Eltern, die ihren Kindern solches gestatten, sollte man… vielleicht einfach nur mal „Saw“ zeigen…

In die Jauch-Grube

Oh Mann, da ist mir ja gestern beim Stern-TV gucken die Kinnlade heruntergekommen. Ein Günther Jauch konnte da unwidersprochen sinngemäß Sätze wie “Ein Viertel aller Lehrer ist für den Job ungeeignet” in den Äther blasen und einem Herrn Rauin vorgefertigte Fragehäppchen in den Mund schieben. Dass dessen Thesen auf einer höchst fragwürdigen Studie fußen, hat Journalist Moderator Jauch vermutlich nicht interessiert / gewusst. Der Lehrervertreter leider auch nicht, obwohl er vorgab, die Studie zu kennen. Wahrscheinlich aus dem STERN.

Bin sehr gespannt, wo die Studie als Nächstes verwurstet wird…(Vielleicht bei Aktenzeichen XY: Wer erkennt die unfähige Sau auf dem Phantombild?)

Wer kann, soll wissen, wer weiß, soll können!

Nur Meisterlehrer und Meisterlehrerinnen, die auch das praktische Unterrichten vormachen können, sollten in der Referendarausbildung eingesetzt werden. Alle Lehrerausbildner, ob an der Universität oder in der Praxis, müssen selbstverständlich ihren Referendaren den Unterricht vorführen können, den sie für richtig halten. Dabei wird übrigens herauskommen, dass es kein didaktisches Zauberinstrumentarium gibt, sondern dass jede Persönlichkeit ihren eigenen Weg zum optimalen Unterrichten finden muss – was auch mit den Befunden der internationalen empirischen Unterrichtsforschung völlig übereinstimmt. (Rainer Dollase auf bildungsklick.de)

Ich weise hier einmal auf einen Beitrag von Markus Märkl hin, der mich auf das Interview des unter den Lehramtsstudenten der Uni Bielefeld wohl meistgeschätzten Psychologie-Professors gestoßen hat. Dessen Semsterapparat hat übrigens auch den in Bälde hierauf folgenden Beitrag inspiriert.

Meine Ausbildung ist faktisch nicht vorhanden. Einzig die drei Stunden Ausbildungsunterricht helfen mir weiter und das auch nur vielleicht – je nachdem, welcher Lehrer da unterrichtet. Ansonsten bin ich auf meine autodidaktischen Fähigkeiten angewiesen, muss ausprobieren, verwerfen, vor die Wand rennen, neu Anlauf nehmen und die Kurve kriegen oder mit dem Kopf mitten hindurch.

Glücklicherweise habe ich gerade eine wirklich gute Lehrerin erwischt, bei der man sich gerne ein paar Scheiben abschneiden möchte, auch wenn der Unterrichtsstil möglicherweise ein anderer als der angestrebte ist. Ich habe mir diesmal die Freiheit genommen, mehrere Stunden lang zuzuschauen, was ich mittlerweile für sehr nützlich halte, weil man dadurch auf neue Ideen kommt und lernen kann, wie andere Personen mit Schwierigkeiten umgehen, Material einsetzen oder Disziplinprobleme lösen.

Ansonsten hilft nur trial und error. Auf Kosten meiner und der Schüler.