Zunächst einmal das Alte. Gestern konnten wir in der „Zurück-in-die-Steinzeit“-AG zum ersten Mal draußen die Steinzeit erforschen. Das bedeutete: Keine Mittagspause für mich, denn für eine archäologische Ausgrabung mussten einige Vorbereitungen getroffen und die Sprunggrube okkupiert werden:
Netterweise haben mir ein paar Mädchen aus meiner Klasse geholfen, sodass die ganze Graberei viel schneller vonstatten ging als erwartet – und Spaß hatten die auch dabei! Die Ergebnisse der Ausgrabung nehme ich hier noch nicht vorweg, die sind eher für die Schulhomepage gedacht, aber es ist wohl nicht zuviel verraten, wenn ich erwähne, dass ich einem Kollegen noch einen Faustkeil und eine Kopie der Venus von Willendorf aus den Rippen leiern konnte. Die gefundenen Gegenstände werden uns jetzt Anlass bieten, tiefer in das Leben der Steinzeitmenschen einzudringen.
Nun das Neue. Wie ich festgestellt habe, wurde mein Beitrag im D21-Blog als harsch aufgefasst, und das sollte er durchaus auch sein, weil ich nichts lähmender finde, als wohlabgewogene Diskussionen, wo man sich durch gegenseitiges Schulterklopfen permanent der gemeinsamen Überlegenheit vergewissert. Und dieses kollektive Überlegenheitsgefühl ist in meinen Augen ein großes Problem, will man wirklich etwas verändern.
Da kommentieren lauter geschulte und gebildete Menschen, geübt im kritischen Lesen von Texten und doch stört sich keiner an der Web2.0-Wortwahl, die mich zunehmend erschrocken und skeptisch macht gegenüber denen, die sie verwenden. Wie im D21-Kommentar schon bemerkt: Man reißt alleine durch die Wortwahl Gräben auf, anstatt sie mit Brücken zu versehen. Ob wir „uns“ nun als „web-residents“ oder „digital natives“ oder „digital inhabitants“ bezeichnen – jede Bezeichnung definiert „uns“ als Gruppe, die sich von den anderen abgrenzt. Und zwar auf exklusive Weise. Die Gefahr ist nun, dass wir „uns“ als exklusives Clübchen betrachten, das zwar Offenheit einfordert, tatsächlich jedoch Geschlossenheit demonstriert – eben durch die ausgrenzende und teilweise herabsetzende Wortwahl.
Man stelle sich vor, man hat einen Kollegen neugierig gemacht auf dieses Projekt D21, auf Blogs, auf Moodle und andere Web2.0-Themen, und dieser Kollege stöbert nun durchs Lehrernetz und versucht sich in die Themen einzulesen und Eindrücke zu gewinnen. Was muss diesem durch den Kopf gehen, wenn er sich als „Abgehängten“ bezeichnet sieht? Er, der doch jeden Tag seine ganze Kraft in seine Schüler investiert, der abwechslungsreichen Unterricht halten möchte und der einen Berg an Aufgaben noch nebenbei zu bewältigen hat? Effektive Werbung sieht anders aus. Wir sollten anderen nicht Defizite aufzeigen, sondern Chancen deutlich machen. Da gilt es, behutsam mit Worten und Bezeichnungen umzugehen.
Enttäuscht war ich über den Kommentar von Sami. Kritik ignorierend und den Graben eher vergößernd als Brücken bauend. Auch hier gibt es nur Gut und Böse, pardon: „positive“ und implizit dann auch „negative“ Lehrer. Gute Eltern sind „kritische Eltern“ und die anderen? Wer nicht für uns ist, ist gegen uns – so kommt es bei mir an. Ein kurzer Hinweis auf Lobbybestrebungen und Pressearbeit – ich muss zugeben, dass ich mich beim Lesen dieses Kommentars gefragt habe, wofür das Projekt D21 wirklich steht und wer aus welchen Gründen dieses betreibt.
„Best practice“ ist nun das neueste Buzzword. Wieder sehr polarisierend, alles andere muss dann ja „worst“ sein… wenn ihr diese Gräben weiter schaufeln wollt, bitte sehr. Aber wundert euch nicht über harsche Kommentare. Ich muss leider schließen,
Hokey
analog and digital inhabitant,
best and worst practitioner