Zunächst einmal wünsche ich allen Lesern ein frohes und lehrreiches neues Jahr 2010!
Aktuell scheint das Pendel zurückzuschwingen: Während mir persönlich das ganze Internetgedöns über den Kopf wächst, diskutiert man, angeregt durch das Online-Magazin Edge.org, auch verstärkt gesellschaftlich, nein, sogar inter-gesellschaftlich die Frage, wie das Internet das Denken verändert. Einer der dort befragten Wissenschaftler erfüllt sich gerade einen Vorsatz, den ich mit Neid beäuge:
Taleb wird übrigens von der Veröffentlichung seines Textes nicht viel mitbekommen haben. Taleb ist bis zum Sommer 2010 bewusst offline. Und siehe da: „Ich fühle, wie ich wieder wachse“, schreibt er. (SZ)
Er wachse, sagt er und ich fühle förmlich, wie der digitale Druck von ihm abfällt. Und dieses Phänomen einer Belastung durch Fortschritt scheint nicht neu zu sein. Gehen wir doch mal ein paar Jahrtausende zurück. Ich habe gestern eine Sendung über die Entwicklung des Menschen zur Zeit der neolithischen Revolution gesehen. Dort hat man den Fortschritt der Revolution umgedeutet: Man hat nicht den Vorteil des Ackerbaus fokussiert, sondern die neuen Probleme, die dadurch entstanden sein müssen. Sorgen um Missernten, eine beschwerliche tägliche Arbeit, schlechtere Nahrung, das Entstehen von Eigentum und ersten kriegerischen Auseinandersetzungen um Land. Das Bild der vorigen Gesellschaftsform der Jäger und Sammler hatte man übertrieben romantisch überzeichnet und überflüssigerweise auch noch eine positive, weibliche und eine negative, männliche Komponente in die beiden Gesellschaftsformen gedichtet, aber letztlich fand ich das Fazit gar nicht so sehr daneben: Die neolithische Revolution hat den Menschen zunächst mehr Probleme bereitet, mehr Stress verursacht und mutmaßlich die Lebensqualität und Lebensdauer der Menschen gemindert. Auf lange Sicht betrachtet war dieser Schritt notwendig, denn niemals würden fast sieben Milliarden Jäger und Sammler auf dieser Welt bestehen können, doch für einige Zeit hat er die Situation verschlechtert. Ähnliches ließe sich auch für die industrielle Revolution sagen, wobei es sich hier besonders lohnte, das Stichwort „Entfremdung“ einmal auf die neue digitale Welt zu übertragen und zu untersuchen.
Die Versuchung ist groß, das Ganze analog auf unsere digitale Revolution zu übertragen, dieser den Rücken zu kehren, deren Stress und Qualitätsminderung hinter sich zu lassen, den Konkurrenzkampf Konkurrenzkampf sein zu lassen, wieder zurück in die Vergangenheit zu reisen, nur kurz, so wie Taleb, und all das Gerummel und Getöse um E-Mails, Facebook, Twitter, StepMaps, Google und Co. zu ignorieren. Vielleicht müssen wir da aber auch gerade einmal „durch“, um für klare Verhältnisse zu sorgen.
Gefällt mir:
Gefällt mir Wird geladen …