Frust und Bloggen

Zwei Dinge muss ich einmal klarstellen, nachdem das journalistisch nun schon mehrfach in die Hose gegangen ist: Ich blogge nicht anonym. Und auch nicht aus Frust.

Dass ich nicht anonym blogge, ist ehrlich gesagt auch nicht so ganz leicht zu durchschauen, aber wer meinen bürgerlichen Namen sucht, der findet ihn auf dieser Seite. Und dass ich nicht aus Frust blogge, sollte eigentlich offensichtlich sein, wenn man mal in ein, zwei Beiträge hineingeschaut hat. Ttrotzdem wird das Blog heute in der Frankfurter Rundschau in folgenden Kontext gestellt:

Auf Seiten wie „Kreide fressen“, „Niemehrschule“ oder „Frau Ella wird Lehrerin“ schreiben sie zum Beispiel über Kollegen, die sich gegenseitig das Sabbatjahr missgönnen, Direktoren, die willkürlich Lehrer verdächtigen, sich an der Klassenkasse bereichert zu haben, oder den Vater eines schlechten Schülers, der in der Sprechstunde ausruft: „Ich verwünsche diese Schule“. (FR, via Gaby)

Och nöö! Seit meinen Bloganfängen noch im Studium anno 2004 habe ich nichts von dem genannten je geschrieben! Woher diese Frustfixiertheit beim Thema Lehrer in den etablierten Medien?

Na klar, Web 2.0!

Die Antwort auf alle Fragen lautet nicht 42. Sie lautet schlicht: Web 2.0.

Ausgerechnet von der Uni kommt spätes Lob: Freundlich und pflegeleicht sei die Generation, „angenehm im Umgang“, ohne Bissigkeit gegenüber Autoritäten oder Institutionen, wie etwa die berüchtigten 68er. Die Castingmentalität offenbare auch gute Seiten: „It’s Showtime“, sagt ein Mainzer Hochschuldozent und meint anerkennend, dass die Studenten einen „Hang zur Bühne“ mitbrächten; sie könnten präsentieren und sich verkaufen. Duckten sich frühere Generationen bei Referaten weg, so sei der perfekte Auftritt heute selbstverständlich.

Das hat auch mit dem Web 2.0 und seinem Daten-Exhibitionismus zu tun. Studenten betreiben“Karrieresurfen“, das Aufrüsten der Kommilitonen animiert zu weiteren Anstrengungen. Manchmal wirkt es bei dieser merkwürdig vernünftigen Generation, als arbeiteten perfekte Wesen ohne Fleisch und Blut an einem fiktionalen Lebenslauf. (Spon)

Dass wir uns in der Schule redlich bemühen, unseren Schülern schon ab Klasse 5 die Angst vor dem freien Sprechen zu nehmen, mit ihnen Sachtexte bis ins Kleinste erarbeiten und Referate und Präsentationen durchgängig bis in die Oberstufe mit unseren Schülern üben, hat natürlich keinerlei Einfluss auf deren Präsentationskompetenz im nachschulischen Leben. Nein, das ist die „Castingmentaltität“, das „ist der Hang zu Bühne“, das „hat auch mit dem Web 2.0 und seinem Daten-Exhibitionismus zu tun“.

Da legs’t dir nieder!

(Und nebenbei: Gibt es eigentlich noch irgendein verrottetes Obst, das die Presse nicht missbilligend nach dem Bachelor geworfen hat? Jetzt sind sie auch noch zu fleißig und professionell…)