Weniger Bundesrechnungshof, mehr Panama wagen!

In der letzten Woche sind mir zwei Meldungen untergekommen, an denen ich nicht vorbeikomme, ohne sie zu verbloggen.

Eine wunderschöne Meldung aus Panama erreichte uns am Donnerstag: „Panamaischer Politiker stürzt mit Helikopter ab – und meldet sich per Video“. Der Spiegel erläutert dazu: „Wie unter anderem die Zeitung »Panamá América« berichtete, sendete Flores anschließend selbst einen per Video aufgezeichneten Hilferuf von der Unglücksstelle und alarmierte Retter.“

Wir halten fest: Du kannst im panamaischen Dschungel mit einem Flugzeug abstürzen und danach mit einem Video(!) um Hilfe rufen. Solltest du dagegen in einer deutschen Großstadt in eine Notlage geraten, stehen die Chancen ziemlich gut, dass du mit einem gebrochenen Bein im Hinterhof liegst und kein ausreichendes Netz hast.

Eine weitere Meldung, die bei mir erheblich Blutdruck verursacht hat, war diese: „Kritik an Bildungspaket: Bundesrechnungshof fordert Ende des Digitalpakts Schule“. Zusammengefasst: Der Bundesrechnoungshof kritisiert die Finanzierung des Digitalapaktes scharf und fordert, „auf die Verlängerung … zu verzichten“. Bemängelt wird, dass der Bund Gelder für Aufgaben ausgibt, die eigentlich den Ländern zugewiesen sind. Und: „Der Bund beteilige sich an einer Verbesserung des digitalen Lernens, ohne dass deren [sic] Erfolg feststellbar sei.“

Das platzt mir wirklich gerade die Hutschnur, bei all diesem Komptenzenquatsch! Solche Äußerungen versauern mir den Föderalismus von Jahr zu Jahr mehr.

Ich muss an dieser Stelle betonen, dass der Digitakpakt Schule das einzige mir bekannte wirklich sinnvolle Maßnahmenpaket ist, das ich in meiner bisherigen Schullaufbahn kennengelernt habe. Denn der Digitalpakt wurde von meinem chronisch unterfinanzierten Schulträger, der Stadt Bielefeld, dankend angenommen und umgesetzt. Aktuell werden alle (über 80!) Schulen des Schulträgers mit moderner digitaler Infrastruktur ausgestattet. Dabei hat die Stadt sehr wohl darauf geachtet, die Gelder nicht für Fotoprojekte (Smartboards) auf den Kopf zu hauen, sondern Praktikabilität und Infrastruktur in den Vordergrund gestellt (Glasfaser, Stromanschlüsse, einheitliches WLAN sowie Beamer + Lautsprecher oder große Displays und jeweils Apple-TV als Konzept für die ganze Stadt). Diese Ausstattung wird nun für jeden Unterrichtsraum in jeder einzelnen der über 80 Schulen plus Nebenstandorte angeschafft und installiert. Das erscheint mir alleine für unsere Schule mit gut 1.000 Schülerinnen ein Wahnsinn, aber das Ganze auf über achtzig Schulen hochgerechnet ist eine Mammutaufgabe, der sich der Schulträger hier in Bielefeld gestellt hat. Chapeau!

Noch hängen die Beamer nicht in meiner Schule und noch sind die Displays nicht installiert. Aber dank Digitalpakt weiß ich, dass die Fördergelder bei uns ankommen werden! Wie gesagt: Ein Schulträger, aber 80 Schulen, dabei ein Mangel an Handwerkern, ggf. Lieferschwierigkeiten – und auch in den Schulen ändern sich jährlich die Rahmenbedingungen durch neue Räume, Umbauten oder Neubauten. Ich habe ganz große Demut vor dem, was die Menschen in der Verwaltung gerade leisten. Dass eine „Verbesserung des digitalen Lernens“, wie die Damen und Herren auf den Bürostühlen des Bundesrechnungshofes bekritteln, nicht anhand der abgeflossenen Mittel gemessen werden könne, ist wohlfeil argumentiert. Ich behaupte: Ohne die digitale Mindestausstattung aufgrund des Digitalpaktes müssten wir auf die erhoffte Verbesserung noch lange warten.

Vielleicht sogar noch länger als auf ein zuverlässiges Mobilnetz in deutschen Großstädten. Mehr Panama, weniger Bürokratie!

2 Gedanken zu „Weniger Bundesrechnungshof, mehr Panama wagen!

  1. Bei uns hat das Geld aus dem Digitalpakt auch für einen ordentlichen Schub gesorgt. Ob eventuelle Nachteile die Vorteile aufwiegen, mag ich nicht beurteilen, aber ohne den Digitalpakt wäre es langsamer gegangen.

    • Schön, dass es auch bei euch angekommen ist! Man liest ja immer nur davon, dass das Geld nicht abgerufen worden sei – kein Wunder, bei der Bürokratie, die zumindest bei uns noch dranhing. Für unsere persönliche Situation sehe ich (in einer chronisch klammen Stadt) nur Vorteile.

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