Hurensohn.

Ich bin kein großer Fan des Fußballs und verfolge bestenfalls die Ergebnisse der Spiele des 1.FC Köln aus nostalgischen Gründen, weniger aus Leidenschaft und noch weniger mit Herzblut. Ich weiß nicht einmal, wie der Trainer heißt. Fußball als Sport finde ich prima, zum ganzen gesellschaftlichen Getue um Fußball habe ich jedoch vollständig den Kontakt verloren. Mit dem letzten Spieltag hat mich der Fußball dann doch noch einmal eingeholt.

Gestern stieß ich darauf, dass man den Hoffenheimer Club-Manager Dietmar Hopp in verschiedenen Fußballstadien zeitgleich mit großflächigen Bannern öffentlich diffamierte. Der Kommentar im Spiegel beschreibt es so:

Keine Frage: Hopp als „Hurensohn“ zu bezeichnen, mag zur Fußball-Folklore gehören, geschmacklos ist sie dennoch, sein Gesicht „im Fadenkreuz“ ist es allemal.

Spiegel Online

Als ich mit dem Lesen dieses Absatzes fertig war, musste ich erst einmal den Kaffee vom Display putzen und meine Fassung wiederfinden. In einem der populärsten deutschen Onlinemedien wird die Beschimpfung „Hurensohn“ als „Fußball-Folklore“ verharmlost? Wie muss ich das verstehen? Gehört das auf und neben dem Platz eben so dazu, gegnerische Spieler, Trainer und Fans als „Hurensöhne“ zu bezeichnen? Muss man sich einfach damit abfinden? In Bayern trägt man Tracht, in Köln feiert man Karneval und im Stadion ist man „Hurensohn“? Und was muss man von Marco Fuchs‘ Relativierung des eigenen Urteils mithilfe des Wörtchens „geschmacklos“ halten? Ist Hurensohn lediglich „geschmacklos“? Wenn man weiße Tennissocken zu Birkenstocksandalen trägt, das ist geschmacklos. Jemanden als „Hurensohn“ zu beleidigen ist schlicht und einfach genau das: eine schlimme Beleidigung.

Ich kämpfe gerade schulisch durchaus hartnäckig gegen Beleidigungen exakt dieser Art – und offensichtlich ist es ein Kampf gegen Windmühlen, wenn Personen des Bildungsbürgertums (dazu darf man Spiegel-Redakteure doch noch zählen, oder?) solche Beleidigungen der untersten Schublade öffentlich als „Folklore“ verharmlosen. Kein Wunder, dass die 11- und 12-Jährigen sich heutzutage wie selbstverständlich des Rapper-Slangs bedienen, als wäre es das Normalste auf der Welt, jedermann und -frau als „Hurensohn“, „Hure“ oder „Nutte“ zu bezeichnen.

6 Gedanken zu „Hurensohn.

    • Primär geht es um die Intention, mit der etwas gesagt wird. Noch nie hat jemand jemanden liebkost und dann liebevoll ins Ohr »Hurensohn« gesäuselt.
      Mit »Hurensohn« wird auch weniger die Person selbst als deren Mutter herabgewürdigt. Es ist nichts Schlimmes daran, wenn jemandens Mutter als Sexarbeiterin tätig ist. Aber mit dem Begriff wird versucht, dieses Tätigkeit zu diskreditieren.
      Gleich ist es nicht schlimm, wenn jemand sich zum Beispiel als schwul identifiziert. Die Verwendung als Schimpfwort dient jedoch auch hier schlicht der Herabwürdigung. Was schon meist an der Intonation und dem Kontext der Verwendung erkennbar ist.

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