Mobbing

Robert Basic und Felix Schwenzel sind ja „A-Blogger“ der ersten Stunde, und beide erzählten zuletzt davon, in ihrer Schulzeit gemobbt zu haben. Das gibt gerade ein großes Hallo in der Blogosphäre, was mir aber wumpe ist. Wirklich lesenswert ist erst die Reaktion von Kiki Thaerigen, die ihre Erlebnisse als Mobbingopfer beschreibt und den beiden gemeinsam mit ihren Kommentatoren ordentlich die Leviten liest. Besonders die Kommentare machen den Artikel erst wirklich lesenswert, denn wie lange und wie schwer dieses Mobbing, von dem wir Lehrer oft zu wenig wahrnehmen, nachwirkt; wie schlimm junge Menschen sich damit fühlen und welche Folgen dieses massive Unterdrücktwerden persönlich hat, das wird erst in den Kommentaren richtig plastisch.

Wo sitzen in meinen Klassen die Stillen, die in den Pausen Unerträgliches ertragen müssen?

3 Gedanken zu „Mobbing

  1. Danke. Bitte sehen Sie genau hin. Es gibt gute Lehrer, ich hatte auch welche (ab der 8. Klasse), ich weiss, dass Lehrer einen Unterschied machen können, denn der Fisch stinkt tatsächlich vom Kopf her. Sie haben sicherlich dei oder vier „Schweiger“ in der Klasse, die oft eklatant oder mindestens deutlich besser im Schriftlichen als im Mündlichen sind. Suchen Sie die Ursachen für ihr Verstummen vor den anderen. Ist es reine Schüchternheit oder Lampenfieber, die bzw. das mit etwas Ermutigung bald verschwindet, oder steckt mehr dahinter? Wenn Sie Pausendienst haben, schauen Sie nicht nur auf die Rabauken, die sich in Szene setzen und auf dem Schulhof den meisten Lärm machen. Suchen Sie diejenigen, die sich in den Ecken verstecken, die in der Pause lieber drinnen bleiben, die sich in der Sicherheitszone rund ums Lehrerzimmer herumdrücken, die selten mit anderen sondern meist für sich sind. Wenn Sie Sportunterricht geben, achten Sie darauf, wer immer zuletzt in eine Mannschaft gewählt wird. Fragen Sie gezielt nach, welche Sportart oder -übung ihm oder ihr besonders gut gefällt und warum. Fragen Sie gezielt nach Interessen, nach Hobbies, nach Lieblingsfilmen oder -büchern. Sprechen Sie die Eltern oder Bezugspersonen an, ob ihr Kind etwas von Schulproblemen jenseits etwaiger schlechter Zensuren erwähnt hat. Lassen Sie bekannten Schaumschlägern ruhig einmal vor versammelter Klasse die Luft aus dem Ego — Sie kennen Ihre Pappenheimer, die Typen, die immer laut schnipsen und wedeln und etwas zu wissen vorgeben. Die Lauten, die Selbstdarsteller, die immer einen Spruch austeilen können und selbst selten einen kassieren. Stutzen Sie sie auf Normalmaß; Sie müssen sie nicht lächerlich machen aber klarmachen, daß es Ihnen um Substanz geht und nicht um heisse Luft. Nehmen Sie gezielt die Schweiger dran. Sie werden meist in der ersten (unterhalb Ihres Blickfelds) oder letzten Reihe sitzen wenn sie frei wählen durften und einen Platz nahe am Ausgang, damit sie beim Klingeln die Flucht ergreifen können. Wenn es Tischinseln und Gruppenarbeit gibt, setzen Sie Ihre Verdächtigen so, daß sie Ihnen vorne zugewandt sind und nicht den Rücken zukehren.

    Übernehmen Sie Verantwortung. Ja, es ist hart. Sie haben viele Kinder. Die meisten davon werden Sie vergessen haben, wenn Sie in Pension gehen. Fast alle aber werden sich lebenslang an Sie erinnern und sicher den vermittelten Stoff vergessen haben, nicht aber die von Ihnen vermittelten Werte.

    • Liebe Kiki,
      danke für deinen ausführlichen Kommentar, deine Hinweise und deine genauen Beobachtungen. Ich versuche tatsächlich gerade, ein wenig mehr meinen Fokus auf die stilleren Schüler zu richten, was aber gar nicht so leicht ist, wenn man zeitweilig einen Sack Flöhe um sich herumhüpfen hat.
      Ich finde es oft schwer, zu erkennen, wo Mobbing tatsächlich stattfindet; ich hatte schon in unterschiedlichen Situationen einige (über)besorgte Eltern, die so schnell mit dem Begriff „Mobbing“ bei der Hand waren, sodass der Begriff selbst oft zunächst einmal eine Abwehrreaktion bei mir hervorruft, weil er zu häufig schon beim kleinsten Konflikt bemüht wird, und die anderen Schüler dann ja auch als Mobber diffamiert werden.
      Auf der anderen Seite sind wir Lehrer oft blind für echtes Mobbing, da wir Vieles nicht sehen (ich nenne das „Pausenblindheit“) und da die Sticheleien anfangs meist unter einer Schwelle bleiben, sodass sie von Erwachsenen schnell als Kinderkram abgetan werden, welche in der Masse aber sehr wirksam sind.

      Ich gebe mir Mühe, als Klassenlehrer dafür zu sorgen, dass in meiner Klasse ein gutes Miteinander herrscht. In meiner Schule gibt es dafür sogar extra Stunden (die Gold wert sind!), an anderen Schulen muss das im Fachunterricht stattfinden, aber ich frage mich dennoch immer wieder, wann und wo mir vielleicht Mobbing entgeht. Es ist noch gar nicht lange her, da wurde mir von einem Fall berichtet, den ich offensichtlich nicht im Ansatz wahrgenommen hatte.

      Darum mag das Posting von Basic sein Gutes haben; ich werde auf jeden Fall meinen Blick für Mobbing zu schärfen versuchen.

  2. Pingback: Niemand hört dich | Editorial Notes

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