Ruf eines Ertrinkenden

Ertrinkender Scheppler wies letztens per Twitter auf einen älteren Blogbeitrag des teacher hin, der sich mit dem Thema „Wissensvermittlung“ auseinandersetzt und zu dem Fazit kam: Wir geben Ertrinkenden Wasser. Auch ich gestehe: Ich ertrinke! Im Ozean der Web2.0-Tools, in all der Flut der Möglichkeiten,  im Tosen der getwitterten Möglichkeiten, in diesem intermedialen Rauschen, fühle mich hin und her geworfen zwischen all den Empfehlungen, komme mir vor wie eine Boje, ständig von platzenden Schaumblasen umspült, getrieben.

Obwohl ich immerhin ein semi-digital Native bin, ersaufe ich hier im Getoohle, Geposte, Gelalle, im ständigen Wechsel der Positionslichter, die falsches Ufer verheißen, während die scheinbar mühelos fliegenden Möwen über mir zwitschernd weiterziehen. Ich bin genug damit beschäftigt, mich einfach über Wasser zu halten. Ich bin halt kein Superlehrer.

Es war eine dumme Idee, zu weit herauszuschwimmen. Ich werde mich aus einigen Bereichen der sogenannten Web2.0-Welt zurückziehen. Zu viel Digistraction. Zu wenig Effizienz. Was hat mir das Ganze effektiv gebracht? Was ist ein verlinktes Tool ohne brauchbares Konzept? Was sind hunderte Tools, wenn irgendwann der Überblick verloren geht? Was die neueste Moodle-Ergänzung-Ersetzung-Erweiterung, wenn ich stundenlang als Administrator gebunden bin? Zeitverschwendung. Ich kann mir nicht jeden Tag dutzende didaktische Konzepte zu dutzenden neuen Möglichkeiten – egal, wie toll sie sind –  aus den Fingern saugen und dreißig Werkzeuge gleichzeitig warten, ich muss guten Unterricht machen. Vorwiegend und gezwungenermaßen unter Verzicht auf tolle Tools.

Und wie habe ich mich unter Rückgriff auf diese sogenannten Werkzeuge verhalten? Viel Getwitter, Luftblasen, Herausgeschnaubtes, wenig Blogbeiträge, Handfestes, Durchdachtes. Absondern, andere mit Häppchen abspeisen. Zuletzt war es nicht sinnlos, nicht umsonst – noch vor wenigen Tagen habe ich Twitter verteidigt und auch dieser Beitrag ist „inspired by twitter“ – aber in meiner persönlichen Kosten-Nutzen-Rechnung hätte ich letztlich doch besser ein paar Bücher (Web0.0) gelesen, anstatt meine Zeit mit 140 Zeichen und dem ganzen Firlefanz zu verschwenden. Anstatt hastig Links zu spucken, sollte ich sie prüfen, bloggen und bewerten. Sprechen, statt zu speien. Konzentrieren, statt zu zerstreuen. Sinn stiften, statt Verwirrung.

Da ist irgendwo ein Leuchtturm, das ist mein Ziel, da schwimme ich hin. Vorerst raus aus dem Meer2.0. Und vom festen Land aus werde ich die Füße ins Wasser halten und nur noch ein paar Meter weit schwimmen. Und missversteht mich nicht: Das ist kein Angriff auf die Web2.0-Welt und ihre Nutzer, sondern lediglich die Konsequenz aus meiner eigenen Unzulänglichkeit. Entschuldigt bitte, Matthias und Lisa, dass ich euch vor einiger Zeit so blöde angeranzt habe, aber ich denke, das war genau der Zeitpunkt, wo ich diesen Beitrag hätte schreiben sollen.

(Bild: carloszk)