Wie „Aschaffenburg“ mir einmal kurz den Unterricht sprengte

Dass man in gewissen Klassenstufen als Lehrer vorbereitet sein muss, welche Begriffe in den Texten auftauchen, das ist jedem Deutschlehrer spätestens dann klar, wenn er einmal in einer siebten oder achten Klasse unbedacht das Wort „Satzglied“ verwendet hat oder in ebengleicher Klassenstufe Texte austeilt, in denen unverfänglich scheinende Begrifflichkeiten wie „Teil“, „Fahrradständer“, „Sack“ usw. (die Liste lässt sich nahezu unüberschaubar weit fortführen) aufgeführt sind. Da hilft oft nur pure Ignoranz.

Als ich jedoch heute in meiner 6 die schöne Sage vom Wasserneck austeilte, war mir nicht klar, dass ich damit ebenfalls mittelschwere Tumulte auslösen würde. Wie konnte ich auch bei aller Antizipation, Vorherschau, Erfahrung und Kompetenz auch übersehen, dass sich im Namen der Stadt „Aschaffenburg“ eine wundervolle phonetische Doppeldeutigkeit verbirgt.

Und während die vorlesende Schülerin noch bei „Arschaffenburg“ von mittelschweren Kicherkrämpfen erschüttert wurde, brüllte von hinten links der nächste ein begeistertes „Arsch-Affenburg“ in den Raum, womit die Disziplin fürs Erste völlig außer Kraft gesetzt war. Erst, nachdem alle einmal gemeinsam laut „Arsch-Affenburg“ gesagt hatten, konnten wir den Unterricht wieder aufnehmen.

Nix Kafka, Superman! Oder: Auf die Verpackung kommt es an.

Ja, ich lebe noch und dieses Blog wird weitergeführt, auch wenn ich in den letzten Wochen einfach keine Kraft, Ideen, Energie hatte, hier irgendetwas zu schreiben. Vieles ist an mir vorbeigezogen – plötzlich geisterte dieses LSR durch meine Twittertimeline, die ich zunehmend passiv konsumiere – und ich hatte keine blasse Ahnung, was das sein sollte. Korrekturen, Abiturklausuren, mündliche Prüfungen, Abschiedsfeste, Begrüßungsfeste und nebenbei auch noch die neue Schule für die eigene Tochter, zwischendurch noch eine zweite Tochter (jetzt schon 12 Tage alt 😉 )… uff!
 

Eigentlich wollte ich mir hier nur eine Idee notieren, die mir heute in einer Stunde kam, in der meine Fünftklässler Plakate zu ihren Lieblingstieren / besonderen Tieren gestalten sollten. Da saßen plötzlich zwei Jungs „arbeitslos“ herum, weil sie sich (gegen die Vorgabe) ihre Texte zum besonderen Tier „Chamäleon“ am Computer fertiggestellt und die Ausdrucke auf ihr Plakat geklebt hatten. Die beiden neigen bei Unterbeschäftigung gerne dazu, als „freie Radikale“ den Raum aufzumischen, weshalb sie dringend eine Beschäftigung brauchten – und als Deutschlehrer liegt einem ein kreativer Schreibauftrag meist nahe.

Die Idee, eine Geschichte aus der Sicht eines Menschen zu gestalten, der nach dem Aufwachen plötzlich die Fähigkeiten eines Chamäleons hat, stieß auf seeehr lange Gesichter. „Geschichte schreiben? Uäääh…“ – Die beiden haben dann notgedrungen ein paar Tropfen Tinte aus dem Füller gequetscht („Als Chamäleon findet meine Mutter mich morgens nicht im Bett und ich kann den Media-Markt ungesehen ausräumen…“), aber so richtig motiviert waren sie nicht. Logisch – da bereitet man zuhause vor, ist zügig fertig und wird mit einer „Geschichte“ bestraft. Vielleicht hatte ich mich aber auch nur ungeschickt ausgedrückt…

… denn als eine zweite Jungengruppe ihr Plakat zum Thema „Elefant“ fertig hatte, wobei einer der beiden sich als großartiger Zeichner herausstellte, schlug ich den beiden vor, doch eine Comicfigur á la Spiderman zu entwerfen, die Elefantensuperkräfte hat, von der ein Bild zu zeichnen und eine Geschichte dazu zu entwerfen. Begeisterung! Super! Sofort! Und die Chamäleon-Jungs gleich mit! Chamäleon-Man! Der könnte doch mit der langen Zunge Gegner heranziehen, sich immer gut tarnen… und – schwupps – saßen vier Jungs begeistert bei einer neuen Arbeit. Manchmal kommt es einfach nur auf die Verpackung an.