Schadet nicht

„Es kann nicht schaden,wenn man gelernt hat, richtig zu arbeiten.“, so eine Kollegin, die selbst eine Ausbildung zur Bankkauffrau hinter sich hat. Sie hat nicht unrecht. Gewiss gewinnt man einen neuen Blickwinkel auf Arbeitsprozesse, lernt andere Ansprüche kennen, Stress auf andere Art und Weise zu bewältigen. Aber ist es nicht auch eines dieser typischen Klischees, die wir hier im „Westen“ so gerne verbeiten, weil „richtig arbeiten“ für uns irgendwas mit frühem Aufstehen, Ellbogen, Zähigkeit und guter Organisation zu tun hat?

Doch könnte man nicht genauso gut sagen, es kann nicht schaden, im Theater aufzutreten, oder könnte man nicht fordern, dass jeder sich einmal als Artist, Schauspieler oder Berufsmusiker versuchen sollte? Kreativ zu arbeiten, sich auf Ansprüche eines Publikums statt auf Vorgaben des Chefs einstellen zu müssen; im Team zu arbeiten, weil das Ergebnis nicht ein abstraktes Produkt, sondern unmittelbare Folge der gemeinsamen Arbeit ist; sich immer wieder neuen Themen zu widmen, statt in einer Endlosschleife Papierberge zu bewältigen; zu lernen, sich die Zeit über den Tag hinweg frei einzuteilen  – ist das schlechter als im Takt der Stechuhr Meetings und Vertragsabschlüsse zu absolvieren?

Schadet auch nicht, oder?

2 Gedanken zu „Schadet nicht

  1. Schön gegengedacht:)

    Eine ähnliche „Qualitätsdebatte“: Blogger sind keine Journalisten, journalistische Arbeit ist richtige Arbeit, Bloggen ja nur Zeitverplemperei.

    Sarkastisch weiter gedacht ist ja die sogenannte richtige Arbeit gerade am Aussterben.

    Viele Grüße.

     

    Martin

  2. Warum muss ich nur gerade an Mary Poppins denken? 😉

    Das Bloggen etabliert sich ja langsam (man sieht’s an den Kolumnen, die man nun in „Blog“ umgetauft hat), obwohl man mit „richtigem“,„journalistischem“ Bloggen wohl nur das politische Bloggen meint. Dabei dürften die Schminktipps-Mädels auf Youtube oder z. B. die zahllosen Einrichtungsblogs ganz ordentlich in den Gefilden der etablierten Magazine wildern.

    Schade nur, dass so harte und fordernde Berufe oft geringgeschätzt werden, wenn man es nicht zufällig in den A-Promi-Status schafft.

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