Schulleiter zu Handlangern

Es ist soweit, die Osterferien neigen sich dem Ende zu und ich melde mich nach dreiwöchiger Twitter-Abstinenz wieder zurück am Schreibtisch. Eigentlich müsste ich etwas zu einem wunderschönen Comenius-Austausch nach Barcelona schreiben, aber zunächst muss ich erst Gift und Galle spucken, denn was Jan-Martin Klinge da im Halbtagsblog schreibt, macht mich wirklich wütend:

Das Kultusministerium Thüringen ist nun mit einer Dienstanweisung (also ein verbindlicher Arbeitsauftrag) vorgeprescht, die mich ‘nachdenklich‘ macht. Dort heißt es:

„Die Schulleiterin/der Schulleiter überprüft in regelmäßigen Abständen die Einhaltung der Bestimmungen des Gesamtvertrages an der Schule. Dazu ist von jeder Lehrkraft eine Übersicht zu führen, in der fortlaufend eingetragen wird, was, wann, aus welcher Quelle in welcher Anzahl kopiert wurde. Diese Übersichten sind von der Schulleitung regelmäßig zu prüfen.“

So fällt nun also die Retourkutsche für den Protest gegen den Schultrojaner aus. Wenn die Schulen sich den nicht bieten lassen, dann gibt’s eben sinnlose Mehrarbeit für Lehrer und Schulleiter. Das zeigt einmal sehr deutlich, welchen Stellenwert man Schule einräumt: Der verantwortungsvolle Dienst des Schulleiters wird zum Teilzeit-Handlangerjob für Schulbuchverlage degradiert. (Was der ‚kleine‘ Lehrer dann an Schikane hat, lese man im Halbtagsblog.)

Jan-Martin beschreibt dann auch die Maßnahmen, die Lehrer wohl dagegen einleiten werden:

Zukünftige Lehrer haben also die Wahl: (…)keine Computer in der Schule mehr benutzen und nur noch heimlich (!) zu Hause vorbereiten.

So ist’s, obwohl ich schon meinen Rechner in der Schule habe. Mein Notebook liegt griffbereit in meinem Fach – nur zum Drucken muss ich noch an die Schulrechner.

Sollte man dieses System in NRW durchzusetzen versuchen, behalte ich mir vor, Unterricht rein nach Schulbuch zu machen und von Zeit zu Zeit „Fix und Foxi“-Episoden zu kopieren. Bin schon jetzt gespannt auf die Rückmeldung zu meiner Kopierübersicht…

7 Gedanken zu „Schulleiter zu Handlangern

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  2. Nein, Gefühle und Betroffenheit bzw. Enttäuschung und Zorn sind nicht der Weg. Es gibt schon heute und jetzt Anforderungen, die an eine Dienstanweisung zu stellen sind, z.B. Rechtskonformität und Verhältnismäßigkeit. Und schön auf dem Dienstweg – wie sich für gute Beamte gehört. Wenn ihr es gut macht, hört ihr lange Zeit nichts wieder…

    • Ich bin ja zum Glück noch nicht betroffen, da ich in NRW unterrichte. Und du hast völlig recht – allerdings sagt der Vorgang selbst viel über das Selbstverstädnis der entsprechenden Kultuministerien – und dass diese so agieren, finde ich durchaus sehr ärgerlich. Anstatt konstruktive Lösungen zu suchen für einen Bedarf, der offensichtlich da ist, liefert man kultusminsterielle Unterstützung für blödsinnige Mehrbelastung. Da könnte ich schreien!

  3. Als ich vor dreieinhalb Jahren feststellen musste, dass das „Sozialticket“ der Stadt Mainz durch einen bloß 25-prozentigen Rabatt auf die reguläre Monatskarte zustandekommt, man damit ohne Mitnahmeregelung und Übertragbarkeit auskommen und obendrein noch auf die S-Bahn-Nutzung verzichten muss und der Preis von 52,50 Euro dafür zu allem Übel auch noch den im Hartz-IV-Regelbedarf vorgesehenen Betrag für ÖPNV-Mobilität annähernd um das Dreifache übersteigt, da habe ich mir gesagt: OHNE MICH! Den Verkehrsbetrieben habe ich noch schnell ein Ultimatum gestellt, ein gerechtes Sozialticket für maximal 15 Euro anzubieten, und als das nicht kam, bin ich nur noch schwarzgefahren. Seit jetzt dreieinhalb Jahren! Leider macht niemand mit, klar, der Gegenwind von Seiten der Justitia ist unter Umständen recht scharf.

    Wenn auch Ihr so über diese Dienstanweisung denkt, warum wehrt Ihr Euch dann nicht alle gemeinsam, indem Ihr diese Listen einfach unangetastet in Eurem Fach verstauben lasst?! Was soll da schon passieren? Ab wann setzt in diesem dem Unrechtsstaat immer näher kommenden Deutschland eigentlich die Zivilcourage ein? Ganz zu schweigen vom zivilen Ungehorsam…

    Wenn ich schon das Bewusstsein um das Problem so klar vergegenwärtigt hier nachlesen kann: „Schulleiter wird zum Teilzeit-Handlangerjob für Schulbuchverlage degradiert“ – warum ist denn da der Schritt zum zivilen Ungehorsam gegen solch eine Absurdität so unvorstellbar weit??

    • Oho – hier in Bielefeld kostet ja ein normales Monatsabo weniger. Inklusive Stadtbahn, Übertragbarkeit und Mitnahme von weiteren Personen am Wochenende.

      Zum Thema des Beitrags: Diese Regelung betrifft nur Kollegen aus Thüringen und wie die da nun vorgehen, weiß ich nicht. Meine mögliche Reaktion darauf habe ich ja oben schon dargestellt.

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