All the world’s a stage

So, jetzt bin ich schon seit zwei Tagen offiziell ein "Studienreferendar" und konnte noch gar nichts schreiben, weil schon wieder mein Server lahmgelegt wurde. Aber jetzt!

Bislang ist noch nicht viel gelaufen, an "meine" Schule komme ich erst am Dienstag und bisher hat sich alles um organisatorische Dinge gedreht, also: Welcher Hauptseminarleiter wird mir zugeteilt, welche Fachleiter sind für mich zuständig, wann liegen die Seminare, etc. etc. etc. 

Obendrauf ein wilder Wust an Informationen. Die Informationsveranstaltungen zur "Beihilfe" war doch irgendwie verwirrend; wenn ich demnächst zum Arzt gehe, muss ich demnächst erstmal tausend Sachen klären: Z.B. ob der gute Mann / die Frau den 2,3-fachen oder den 3,5-fachen Satz abrechnet, denn alles über 2,3 muss ich aus eigener Tasche bezahlen. Da einem Ärzte das in der Regel nicht freiwillig mitteilen, muss man das schon selber ansprechen. Man sollte auch vorher anmerken, dass nicht alle Medikamente beihilfefähig sind, sprich: Wenn einem der Arzt das teure Superpräparat aufschreibt, kann man übel draufzahlen. Da gilt auch: Den Arzt darauf hinweisen, dass man bitte schön nur verschreibungspflichtige Medikamente haben möchte. Aber ich muss mir das alles noch einmal in Ruhe angucken.

Lebhafter waren da schon die Werbeveranstaltungen von GEW und dem Philologenverband. Ich denke aber, ich werde beide erstmal meiden. Beim Philologenverband stößt mir diese bedingungslose Begeisterung für das dreigliedrige Schulsystem doch sauer auf. Das will ich nicht vertreten. Ich vertrete gerne eine Förderung der Besseren und der Besten, aber ich vertrete keine soziale Auslese und Sammlung der Schlechtesten. Die GEW reißt mich auch nicht vom Hocker, ich werde mir beides aber erstmal beobachten. Generell halte ich Organisation für keine schlechte Idee, wenn man schon nicht streiken darf.

Heute hatten wir mehr Gelegenheit, uns etwas besser kennenzulernen. In unserem Hauptseminar haben wir dazu ein sehr witzige Vorstellungsspiel gemacht: Je zwei Personen stellen sich zunächst einmal nur gegenseitig vor und tischen dem Gegenüber dabei eine Lüge auf. Wenn das geschehen ist, müssen sie sich gegenseitig dem Plenum vorstellen und das Plenum muss erraten, was gelogen war. Sehr lustig. Mir ist aufgefallen, dass Männer immer etwas Erstrebenswertes, Kindtraumhaftes erlügen wie z.B. Profisportler (das kam oft!) und Frauen eher etwas weniger Erstrebenswertes, wie Kinder dazuerfunden haben (um dann bei Auflösung hohl zu lachen, als ob es eine Schande sei, Kinder zu haben). Im Übrigen hat es mich erstaunt, wieviele Mitseminaristen dann doch schon wirkliche eigene Kinder haben. Da bin ich mit nur einem Kind noch ein kleiner Fisch.

Zwei Referendare aus dem Jahrgang, der gerade fertig geworden ist, haben sich dann noch für Fragen zur Verfügung gestellt. Interessant war, dass sich keine Frage um Unterricht, unterrichten oder Inhalte drehte, sondern es im Kern immer um Machtstrukturen ging: Wer benotet wen wann und wieviel Gewicht hat das in der Gesamtnote? Wie ist das Verhältnis von Gesamtnote und der Note des Ersten Staatsexamens? Was macht man, wenn man unfair behandelt wird? Wird man nach jeder Stunde kritisiert? Wie läuft das Kolloquium (mündl. Prüfungsteil) ab? Darf man bei Kritik widersprechen oder sollte man einfach schlucken und sich seinen Teil denken? Was tun bei Angst vor Lücken im Fachwissen? Wieviele aus dem aktuellen Jahrgang haben abgebrochen oder nicht bestanden (wen's interessiert: 20% war die Antwort).

Gestartet hatte unser Seminarleiter mit einem Shakespeare-Wort: All the world's a stage and all the men and women merely players. Das scheint auch für die Unterrichtsproben zu gelten. Showstunden, die nach dem Wochen zuvor erstellten Plan gehalten werden müssen, egal ob sie dann wirklich pädagogisch-didaktisch in den Kontext passen oder nicht. Das klingt nach absurdem Theater, ist aber Prüfungsrealität. 

Nach den Sommerferien geht es dann los: Von (mindestens) 12 Stunden müssen 9 Stunden eigenverantwortlich gehalten werden. Die restlichen drei sind Ausbildungstunden. Auch Elternsprechtage müssen bestritten werden. Nun denn, da bin ich mal gespannt wie das alles wird. Eines steht fest: es wird stressig. Bis zwölf Uhr haben die "Altreferendare" wochentags und sonntags Unterricht vorbereitet.

Eine Fahrt nach Norderney steht diesen Monat an; eine gute Gelegenheit, um alle mal genauer kennenzulernen und Kontakte zu knüpfen. Ein paar Gesichter kenne ich ja schon von der Uni.  Wahrscheinlich wird die Zeit zum Bloggen demnächst sehr knapp bemessen sein, aber ich werde ja sehen, wie ich das hinbekomme. "The show must go on", könnte man Shakespeare um Mercury ergänzen. Und das gilt nicht nur für Lehrproben. Wink

2 Gedanken zu „All the world’s a stage

  1. Das Vorstellungsspiel gefällt mir, das ist vielleicht auch was für den nächsten Kurs.

    Verbände sind ein Problem, ich halte es für eine gute Idee, erst einmal abzuwarten. Richtig gefallen tut mir keiner er beiden. In Bayern ist der Philologenverband weit rühriger. Aber er verteidigt auch das Beamtentum mit Klauen und Zähnen.

    Das Shakespear-Zitat hat mich etwas verwundert. Soll das daran erinnern, dass das ganze nicht wirklich wichtig ist? Oder ist das gleich eine Entschuldigung für das Kommende, indem man die Verantwortung gleich mal an den Rollenschreiber abgibt?

    So oder so bin ich gespannt auf die nächsten Berichte. Ich kann mich noch gut an meine Zeit erinnern. Manches war schön, anderes nicht. Mehr schön, glaube ich.

  2. Ich bin mir auch nicht wirklich sicher, was er konkret damit gemeint hat. Ernst nimmt er das schon, meinem Eindruck nach. Ich glaube er meint damit, dass man als Lehrer zwischen verschiedenen Interessensgruppen vermitteln muss, also zwischen Gesetzesvorgaben, Kollegen, Schülern, Eltern… und eben dass Unterrichtsproben etwas mehr Show bedeuten als normalerweise.

Schreibe einen Kommentar zu Hokey Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert